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08/28/2024 10:06

Neue Stiftungsprofessur an der Saar-Universität will Kurzsichtigkeit bei Kindern bekämpfen

Gerhild Sieber Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Weltweit nimmt die Kurzsichtigkeit (Myopie) zu, insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Effektive Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und gefährdete Kinder früher erkennen und behandeln zu können, sind die Ziele von Prof. Dr. Hakan Kaymak. Der Augenspezialist wurde im Mai 2024 auf die neu geschaffene Gottfried O.H. Naumann-Stiftungsprofessur für Epidemiologie und Prävention der Myopie an die Universität des Saarlandes berufen. Prof. Hakan Kaymak leitet damit das erste Studienzentrum in Deutschland, das sich schwerpunktmäßig mit der Prävention und Therapie der Myopie bei Kindern und jungen Erwachsenen beschäftigt.

    Der Forscher verfolgt dabei einen neuen Ansatz zur Bewertung der Risiken und zur Messung des Therapieerfolges: die Messung des physiologischen Längenwachstums des Auges.

    Kurzsichtigkeit (Myopie) ist ein globales Problem: Das Brien Holden Vision Institute prognostizierte bereits 2016, dass 2050 rund 50 Prozent der Weltbevölkerung kurzsichtig sein werden, wenn keine Maßnahmen dagegen ergriffen werden. In Deutschland sind laut Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universität Mainz 35 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen kurzsichtig, unter den Hochschulabsolventen verzeichneten die Forscherinnen und Forscher 53 Prozent. Die Mechanismen, die zur Entwicklung der Myopie führen, sind noch nicht vollständig erforscht, es sind aber inzwischen einige Risikofaktoren bekannt. Dazu gehören neben genetischen Faktoren auch Sehgewohnheiten: häufige und ausdauernde Tätigkeiten im Nahbereich, beispielsweise Lesen oder die Beschäftigung mit elektronischen Geräten (Smartphones, Tablets etc.) sowie zu wenig Aufenthalt im Freien bei Tageslicht.

    Bei der Kurzsichtigkeit am weitesten verbreitet ist die axiale Myopie, bei der der Augapfel übermäßig in die Länge wächst, wodurch sich die Strukturen des hinteren Augenpols dehnen. Bei höheren Werten steigt damit das Risiko für Augenerkrankungen, die die Sehkraft bedrohen, beispielsweise Netzhautlöcher und -abhebungen, grauer oder grüner Star. Je mehr Menschen von hoher Myopie betroffen sind, desto gravierender sind auch die gesellschaftlichen Folgen.

    Zur Bewertung der Risiken und zur Messung des Therapieerfolges wurde bisher ausschließlich die sogenannte Refraktion verwendet – also die Messung des Brechkraft des Auges, die in der Regel über die Prüfung der Sehschärfe ermittelt wird.
    Prof. Hakan Kaymak verfolgt dagegen einen neuen Ansatz, bei dem das physiologische Augenlängenwachstum als Maßstab verwendet wird. Der Vorteil dieses Konzepts: „Es ermöglicht eine altersangepasste Myopiekontrolle“, erläutert der Forscher. „Wie bei der Beurteilung des Körperwachstums in der Pädiatrie wird dabei das axiale Wachstum des Auges anhand von Perzentilen beurteilt, was es uns erlaubt, die ermittelten Werte in Bezug zu den Werten der Altersgenossen zu setzen.“ Auf diese Weise lasse sich frühzeitig ein verstärktes axiales Wachstum des Auges gegenüber einem gesunden normalsichtigen Auge eines altersgleichen Kindes feststellen.

    Basierend auf diesem Konzept hat der Forscher eine Software für Augenärzte entwickelt, mit der individuelle Messwerte direkt in ein Risikoprofil überführt werden können: normales Wachstum, moderat verstärktes Wachstum und stark verstärktes Wachstum. Mithilfe der Messwerte lassen sich außerdem das Therapieziel definieren und der Therapieerfolg zuverlässig beurteilen.

    Im Rahmen seiner Stiftungsprofessur will Prof. Hakan Kaymak weiter erforschen, welche Biometriegeräte sich für die Myopiekontrolle bei Kindern besonders eignen. Zudem ist die Entwicklung KI-basierter Modelle geplant, um Prognosen zum individuellen Verlauf der Myopie abgeben zu können. Eine andere bislang kaum erforschte Frage ist, inwieweit sich Myopie bereits im Kindesalter auf die Makulastrukturen auswirkt. Dazu soll eine nichtinvasive Untersuchung neue Erkenntnisse liefern.

    Darüber hinaus sollen Myopietherapien erforscht und verglichen werden. Ein möglicher medikamentöser Ansatz ist die Behandlung mit Atropin-Augentropfen; hier soll im Rahmen einer Dosisfindungsstudie die effektivste Dosierung ermittelt werden. Auch innovative Optionen werden geprüft, beispielsweise die Verwendung von Kontaktlinsen als Medikamententräger. Zu den verfügbaren Therapien bei Kindern zählen außerdem unterschiedliche myopiehemmende Brillengläser und Kontaktlinsen sowie Ortho-K-Linsen, die die Hornhaut während des Schlafens modellieren und so Fehlsichtigkeit ausgleichen sollen. Sie sollen auf ihre Wirksamkeit, Verträglichkeit und auf ihre Sicherheit hin unter die Lupe genommen werden. Da das Augenlängenwachstum bei starker Kurzsichtigkeit auch im Erwachsenenalter weiter fortschreitet, soll zudem untersucht werden, ob die verschiedenen refraktiven Korrekturverfahren darauf einen Einfluss haben. Vor diesem Hintergrund will Prof. Hakan Kaymak in Zusammenarbeit mit der Universität Marburg neue Korrekturverfahren entwickeln.

    Prof. Dr. Hakan Kaymak leitet seit Mai 2024 als Forschungsprofessor das deutsche Myopie-Institut, das erste Institut und Studienzentrum in Deutschland, das sich schwerpunktmäßig mit der Prävention und Therapie der Myopie bei Kindern und jungen Erwachsenen beschäftigt. Dabei kooperiert er mit Prof. Dr. Berthold Seitz, dem Direktor der Augenklinik, und Prof. Dr. Achim Langenbucher, dem Leiter des Instituts für Experimentelle Ophthalmologie in Homburg/Saar sowie mit Prof. Dr. Frank Schaeffel, dem Leiter der Sektion für Neurobiologie des Auges an der Universität Tübingen. Als Mitglied des Internationalen Myopie Instituts (IMI) arbeitet er zudem mit Forschern auf internationaler Ebene zusammen.

    Seit 2018 forscht und lehrt Prof. Dr. Hakan Kaymak am Institut für Experimentelle Ophthalmologie bei Prof. Dr. Achim Langenbucher in Homburg/Saar. Nach seiner Habilitation zum Thema „Presbyopiekorrigierende Intraokularlinsen“ hat er seit November 2022 eine außerplanmäßige Professur für das Fach Experimentelle Ophthalmologie an der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes inne. Daneben kooperiert er seit 2022 mit Prof. Wolfgang Sickenberger aus der Ernst Abbe Hochschule für Klinische Optometrie an der in Jena.
    Prof. Kaymak ist seit 2017 Mitinhaber und Leiter des MVZ für Makula, Netzhaut und Myopie der Breyer, Kaymak & Klabe Augenchirurgie in Düsseldorf. Von 2010 bis 2014 war er Oberarzt im Marien-Hospital Düsseldorf. Im Jahr 2000 erhielt er seine Approbation an der Universität Heidelberg. Im Rahmen seiner Facharztausbildung war er von 2000 bis 2004 im Bundesknappschaftskrankenhaus Sulzbach/Saar tätig und anschließend von 2005 bis 2008 als Oberarzt und bis 2008 als leitender Oberarzt. Sein Studium absolvierte er an der Universität Tübingen, an der er 1999 seine Promotion auf dem Gebiet der Myopieforschung bei Prof. Schaeffel verfasste.

    Die Stiftungsprofessur wurde zu Ehren von Prof. Dr. Gottfried O.H. Naumann nach diesem benannt. Als „Clinical Scientist“ verband er die Grundlagenforschung mit der klinischen Augenheilkunde. Er hat die Forschung vorangetrieben und sich dem Kampf gegen die Blindheit verschrieben. Dabei war seine Perspektive immer international ausgerichtet. Er dient deshalb als Vorbild im Kampf gegen die Myopie, die sich zu einem globalen Problem entwickelt hat und die Sehkraft von Milliarden Menschen bedrohen kann.

    Fragen beantwortet:
    Prof. Dr. med. Hakan Kaymak
    E-Mail: dr.h.kaymak@gmail.com
    Tel. 0176 24773639


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    Prof. Dr. med. Hakan Kaymak
    Prof. Dr. med. Hakan Kaymak
    Christian Seel


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Medicine
    transregional, national
    Personnel announcements
    German


     

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