idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/02/2024 10:10

Quantenphysik: Wie sich chaotische Systeme beschreiben lassen

Dominic Anders Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    LMU-Forschende finden Hinweise darauf, dass man auch Vielteilchensysteme der Quantenwelt mit fluktuierender Hydrodynamik erfassen kann.

    Systeme, die aus vielen kleinen Teilchen bestehen, können hochkomplex und chaotisch sein. Manche davon lassen sich trotzdem mit einfachen Theorien beschreiben. Funktioniert das auch in der Welt der Quantenphysik? Ein Forschungsteam um Professorin Monika Aidelsburger und Professor Immanuel Bloch von der LMU-Fakultät für Physik hat diese Frage an Quantenvielteilchensystemen untersucht und Hinweise darauf gefunden, dass diese makroskopisch durch simple Diffusionsgleichungen mit zufälligem Rauschen beschrieben werden können.. Die Studie wurde kürzlich im Fachmagazin Nature Physics publiziert.

    „Wenn man das Fließverhalten von Wasser beschreiben will, ist es nicht nötig, mit der Physik der Wassermoleküle anzufangen, aus denen das Wasser besteht. Stattdessen kann man Flussgleichungen formulieren und das Problem rein makroskopisch betrachten“, erklärt Julian Wienand, Doktorand im Team von Immanuel Bloch und Erstautor der neuen Studie. Dieser Ansatz ist als "Hydrodynamik" bekannt. Doch beim Beobachten der Bewegung kleiner Teilchen im Wasser wird sichtbar, dass sie nicht nur mitgeschwemmt werden, sondern auch kleine ruckartige Bewegungen vollführen – die sogenannte Brownsche Molekularbewegung. Diese Fluktuationen sind eine direkte Konsequenz der zufälligen Kollisionen des Teilchens mit einzelnen Wassermolekülen. „Da diese Zuckungen zufällig sind, können wir sie als weißes Rauschen beschreiben und Hydrodynamik wird zu fluktuierender Hydrodynamik (FHD)“, so Wienand. „Bemerkenswerterweise sagt uns diese FHD-Theorie, dass das gesamte Verhalten eines von ihr beschriebenen Systems unter bestimmten Umständen nur durch eine einzige Zahl bestimmt wird: die Diffusionskonstante - und das, obwohl die Physik auf mikroskopischer Ebene sehr komplex und chaotisch ist.“ Das vereinfache die makroskopische Beschreibung solcher Systeme ungemein und erfordere keine Auseinandersetzung mit den mikroskopischen Wechselwirkungen der Teilchen untereinander.

    Funktioniert das auch bei Quantensystemen?

    Man nimmt an, dass ein Großteil chaotischer Systeme durch FHD beschrieben werden kann. Doch ob und wie weit das auch für quantenmechanische chaotische Systeme zutrifft, ist eine weitgehend offene Frage. Die Gesetze, die bestimmen, wie Quantenteilchen miteinander wechselwirken, sind fundamental verschieden im Vergleich zu klassischen Teilchen und zeichnen sich durch alltagsfremde Phänomene wie "Unschärfe" und "Verschränkung" aus. Gleichzeitig sind solche Systeme noch schwieriger zu berechnen und könnten deshalb von einer FHD-Beschreibung umso mehr profitieren.

    Das Forschungsteam ging dieser Frage nach, indem sie das Verhalten von einem chaotischen Quantenvielteilchensystem unter dem Mikroskop studierten. Um zu sehen, wie sich diese Größen auf dem Weg zum thermischen Gleichgewicht entwickeln, hat das Team ein Quantensystem von ultrakalten Cäsium-Atomen in optischen Gittern in einem energetisch ungünstigen Anfangszustand erzeugt und es danach sich selbst überlassen. „Die hohe Auflösung unserer Bildgebung erlaubt es uns, nicht nur die mittlere Dichte der Teilchen in den Gitterplätzen, sondern auch deren Fluktuationen zu messen“, sagt Wienand. „So konnten wir messen, wie die Fluktuationen und Dichte-Korrelationen über die Zeit wachsen und darauf schließen, dass FHD unser System sowohl qualitativ als auch quantitativ beschreibt.“ Die Forschenden sehen darin einen bedeutsamen Hinweis darauf, dass sich selbst chaotische quantenmechanische Systeme, auch wenn sie mikroskopisch sehr komplex sind, makroskopisch sehr einfach als Diffusionsprozess beschreiben lassen - ähnlich der Brownschen Molekularbewegung.


    Contact for scientific information:

    Julian Wienand
    Fakultät für Physik
    Ludwig-Maximilians-Universität München
    Tel.: +49 89 2180 6119
    E-Mail: j.wienand@physik.uni-muenchen.de


    Original publication:

    Wienand, J.F., Karch, S., Impertro, A. et al. Emergence of fluctuating hydrodynamics in chaotic quantum systems. Nat. Phys. (2024). https://doi.org/10.1038/s41567-024-02611-z


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).