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12/17/2024 11:14

Mit Urin und Fäzes zum Recyclingdünger: Forschungsergebnisse zur Sanitär- und Nährstoffwende

Julia Vogt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ)

    Trockentrenntoiletten, Humusregale und Urindünger – über drei Jahre haben Wissenschaftler:innen des interdisziplinären BMBF-Projekts »zirkulierBAR« an der Aufbereitung menschlicher Ausscheidungen zu Recyclingdünger und dessen landwirtschaftlicher Nutzung geforscht. Das Ergebnis: Recyclingdünger sind ein vielversprechender Beitrag zur Sanitärversorgung der Zukunft und bieten Vorteile für die Landwirtschaft.

    „In Recyclingdüngern steckt viel Potential. Wenn Nährstoffe aus Kot und Urin getrennt gesammelt und aufbereitet werden und qualitätsgesichert auf den Äckern landen, können sie einen wichtigen Beitrag zur Versorgung mit Düngemitteln leisten. Außerdem können wirWasser sparen und die Belastung der Gewässer reduzieren“, bilanziert Ariane Krause, Wissenschaftlerin am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) und Koordinatorin von zirkulierBAR. „Zudem verringern Recyclingdünger die Abhängigkeit von Rohphosphat- und Erdgasimporten, die zur Herstellung synthetischer Dünger gebraucht werden.“ Der Ausbau alternativer Sanitärsysteme schließt also Kreisläufe im Umgang mit Ressourcen wie Wasser und Pflanzennährstoffen. Mit der sozio-technischen Relevanz und der gesellschaftspolitischen Akzeptanz standen auch Fragen der gesellschaftliche Transformationsprozess im Fokus der Forschungen.

    Das Forschungsprojekt zirkulierBAR wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme REGION.innovativ gefördert und am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) koordiniert. Es war auf drei Jahre ausgelegt und endet Ende Dezember 2024.

    Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

    In Eberswalde wurde eine Recyclinganlage für Inhalte aus Trockentrenntoiletten aufgebaut. Hier werden Urin und Fäzes gesammelt, gesäubert und als Recyclingdünger aufbereitet. Die Anlage wird von Finizio - Future Sanitation und den Kreiswerken Barnim auch zukünftig weiterbetrieben und ist die erste ihrer Art in Deutschland. Sie stellt weiterhin mit wissenschaftlicher Begleitung durch das EU-geförderte Projekt P2Green Humusdünger und Urindünger her.

    „Unsere Recyclingdünger sind gesundheitlich und seuchenhygienisch unbedenklich. Sie halten die strengen Grenzwerte des Abfall- und Düngerechts ein“, sagt Krause mit Blick auf die Untersuchungen, die das DBFZ (Deutsches Biomasseforschungszentrum) und die Technische Universität (TU) Berlin durchgeführt haben. Beprobt und ausgewertet wurden der Recyclingdünger und seine Ausgangsstoffe (Urin und Fäzes, Grünschnitt, Tonerde, Stroh, Pflanzenkohle) im Hinblick auf Nährstoffe, Schwermetalle, Keime, Arzneimittelrückstände und andere organische Schadstoffe. Die Studie mit Messdaten und Ergebnissen ist hier abrufbar.

    Auch Versuche der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung (HNE) Eberswalde auf dem Acker und im Gewächshaus zeigen, dass Recyclingdünger kein Risiko für Boden, Pflanze oder Ökosystem sind. Ihre Düngewirkung ist vergleichbar mit der anderer organischer oder synthetischer Dünger. Besonders der Dünger aus Urin liefert wertvolle Nährstoffe für das Pflanzenwachstum, während der Dünger aus den Feststoffen langfristig zur Bodenhumuspflege beiträgt. Die Studie zur Düngewirkung auf dem Acker ist hier abrufbar.

    „Manche Menschen sind erstmal skeptisch, wenn sie von unseren Trockentrenntoiletten hören. Doch die gesellschaftliche Akzeptanz für alternative Sanitärsysteme wird immer größer.“ Ariane Krause verweist auf die repräsentative Umfrage mit 2000 Befragten, die das Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI) im Jahr 2022 durchgeführt hat. Über 50 Prozent der Befragten zeigten sich offen dafür, Trenntoiletten zu nutzen und Recyclingdünger in der Herstellung von Lebensmitteln einzusetzen. Die Ergebnisse der Umfrage sind unter https://data.mendeley.com/datasets/fjv2bf6mh2/2 abrufbar.

    In Transformationsprozessen hin zu mehr Nachhaltigkeit spielen außerdem die Kommunen eine zentrale Rolle. Das bundesweite zirkulierBAR Transfer-Netzwerk (https://zirkulierbar.de/beobachtende-kommunen/) verbindet Kommunen, die erste Schritte in Richtung Nährstoffkreislauf gehen wollen. Es arbeitet auch nach dem Auslaufen von zirkulierBAR weiter.

    Der Einsatz von alternativen Sanitärsystemen ist nach wie vor beschränkt, das liegt vor allem am fehlenden rechtlichen Rahmen. „Wir brauchen endlich einen adäquaten Rechtsrahmen für ressourcenorientierte Sanitärsysteme. Andere europäische Länder wie Frankreich oder Österreich sind Deutschland hier voraus und erkennen das Potential alternativer Sanitärsysteme bereits,“ erklärt Krause. „Die aktuelle Regierung es nicht geschafft, die Verordnungen entsprechend anzupassen, auch wenn es erste wichtige Schritte gab. Eine neue Bundesregierung könnte hier den Faden aufnehmen, damit diese vielversprechenden Innovationen eine Chance bekommen.“

    Alle Ergebnisse aus zirkulierBAR sind nachzulesen in der Publikation: Zurück in den Kreislauf - Handbuch für die Sanitär- und Nährstoffwende. Der Praxisleitfaden richtet sich an kommunale Mitarbeitende, Planende, an Landwirtschaft und Politik sowie an alle Interessierten. Er steht in der zweiten, erweiterten Fassung kostenlos zum Download bereit. Das Handbuch ist ab Januar über den NetSan e.V. auch in gedruckter Form erhältlich.


    Contact for scientific information:

    Cordula Andrä, 0171-8387428, andrae@igzev.de (bis 31.12.2024)
    Ariane Krause, 033701-78 254, krause@igzev.de


    Original publication:

    https://www.naehrstoffwende.org/zirkulierbar-handbuch/ Link zum Download des Handbuchs


    More information:

    https://zirkulierbar.igzev.de/index.php/s/WyabZg3qi9xayZa Fotos zum Download


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    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, all interested persons
    Environment / ecology
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

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