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Wissenschaft
Neuwied/Faro. Eine internationale Studie zeigt, wie frühe Menschen bereits vor 1,5 Millionen Jahren im äthiopischen Hochland gezielt Gesteine für ihre Werkzeuge auswählten. Die in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlichten Ergebnisse geben Aufschluss über in die kognitiven Fähigkeiten unserer Vorfahren und deren technologisches Know-how.
In der Fundstätte Melka Wakena, im äthiopischen Hochland gelegen, entdeckten Wissenschaftler eine Vielzahl von Werkzeugen. Warum aber wurden bestimmte Gesteine verwendet und andere nicht? Die Antwort liegt in den Eigenschaften der Steine. Mit modernsten Methoden, darunter robotergestützte Experimente und hochauflösende Bildgebungstechniken, gelang es dem Team, diese Frage zu beantworten. Die Analysen zeigten, dass die Menschen jener Zeit bewusst eine Balance zwischen Funktionalität und Haltbarkeit ihrer Werkzeuge suchten.
Die Forschenden nutzten Technologien, die im Labor für Gebrauchsspurenforschung und kontrollierte Experimente (TraCEr) entwickelt wurden. Dieses Labor ist Teil des Archäologischen Forschungszentrums und Museums für menschliche Verhaltensevolution MONREPOS, einer Einrichtung des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA).
„Unsere Forschung belegt, dass die Materialeigenschaften von Steinen – wie Eignung, Qualität und Haltbarkeit – entscheidend für die Auswahl durch frühe Homininen waren“, erklärt Studienleiter Dr. Eduardo Paixão von der Universität Algarve, Portugal. „Dies zeigt, dass sie ihre Umwelt genau verstanden und bewusste Entscheidungen trafen.“
Dr. João Marreiros, Leiter des TraCEr-Labors, ergänzt: „Die bewusste Auswahl der Materialien beeinflusste die Oberflächenveränderungen der Werkzeuge. Das zeigt, dass die Unterschiede in archäologischen Funden nicht zufällig sind.“
Ein internationales Team entschlüsselt frühe Technologien
Die Studie ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem Interdisciplinary Center for Archaeology and Evolution Human Behaviour (ICArEHB) der Universität Algarve, dem TraCEr-Labor and IMPALA Labor des LEIZA in Deutschland und der Hebräischen Universität Jerusalem. Die Ausgrabungen vor Ort werden von Prof. Erella Hovers und Dr. Tegenu Gossa geleitet.
„Die Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven für das Verständnis technologischer Innovationen der frühen Menschheitsgeschichte“, so der Studienleiter. „Wir planen weitere Studien, um die komplexen Entscheidungen dieser frühen Werkzeugmacher noch besser zu verstehen.“
Die Forschung wurde durch die Fritz-Thyssen-Stiftung und die portugiesische Foundation for Science and Technology (FCT) gefördert.
Über das Labor für Gebrauchsspurenforschung und kontrollierte Experimente (TraCEr)
Das TraCEr beleuchtet menschliche Verhaltensevolution durch Gebrauchsspurenanalysen an Artefakten aus archäologischen und experimentellen Kontexten. Gebrauchsspuren werden hier durch 3D-Bilderfassungsverfahren, durch die Charakterisierung von Rohmaterialeigenschaften und durch Ergebnisse aus kontrollierten Experimenten, mit denen solche Spuren repliziert werden, quantifiziert. Vergleichsdatenbanken dienen unter anderem der Replizierbarkeit der erzielten Ergebnisse. Damit festigt TraCEr die Gebrauchsspurenforschung als Teildisziplin innerhalb der Archäologie.
Originalpublikation
Paixão E, Gossa T, Gneisinger W, Marreiros J, Tholen S, Calandra I, et al. (2025) Exploring early Acheulian technological decision-making: A controlled experimental approach to raw material selection for percussive artifacts in Melka Wakena, Ethiopia. PLoS ONE 20(1): e0314039.
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0314039
Wissenschaftlicher Kontakt
Eduardo Paixão
ICArEHB -Interdisciplinary Center for Archaeology and Evolution Human Behaviour
University of Algarve. Portugal
Mail: erpaixao@ualg.pt
Dr. João Marreiros
Leiter des Labors für Gebrauchsspurenforschung und kontrollierte Experimente (TraCEr)
MONREPOS/LEIZA
Mail: joao.marreiros@leiza.de
Pressestelle LEIZA | Leibniz-Zentrum für Archäologie
Christina Nitzsche M.A.
Tel.: +49 (0) 6131 8885 179 | Mail: christina.nitzsche@leiza.de
MONREPOS Archäologisches Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensevolution
MONREPOS ist Museum und Forschung zugleich. Es ist eine Einrichtung des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA), das seinen Sitz in Mainz hat, und befindet sich im Schloss Monrepos bei Neuwied. Seit über 35 Jahren widmet sich das Zentrum der Forschung und der Vermittlung. Das Forschungszentrum und Museum ist eng mit dem Arbeitsbereich Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie am Institut für Altertumswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz verbunden.
Unser Forschungsinhalt ist das millionenschwere Erbe, das wir in uns tragen. Denn über mehr als 2,6 Mio. Jahre hat sich unser menschliches Verhalten entwickelt. Diese frühe Menschheitsgeschichte umfasst den längsten und zugleich prägendste Abschnitt unserer Verhaltensevolution, deren Erforschung sich MONREPOS verschreiben hat. Unsere Archäologie lebt vom Miteinander, vom Fragen, Anstoßen, Diskutieren. Nicht zuletzt von der Kritik und von Toleranz. Sie braucht Neugierige, Kreative und Mutige - ob in Wissenschaft, Ehrenamt, Presse oder als Besucher. MONREPOS versteht sich als Plattform all derer, die verstehen möchten, woher der Mensch kommt und was ihn eint.
Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA)
Das LEIZA erforscht als Leibniz-Forschungsinstitut und -museum für Archäologie den Menschen und seine Entwicklung auf Basis materieller Hinterlassenschaften aus drei Millionen Jahren zeit- und raumübergreifend. Die daraus gewonnenen grundlegenden Erkenntnisse verhelfen zum besseren Verständnis menschlichen Verhaltens und Handelns und der Entwicklung von Gesellschaften. Damit bereichert das LEIZA das Wissen zum Menschen um die archäologische Perspektive und schafft wesentliche Grundlagen für die Reflexion der Gegenwart und die Gestaltung der Zukunft. Mit der Archäologie versteht das LEIZA den Menschen in den Zusammenhängen und teilt die gewonnenen Erkenntnisse im internationalen Dialog. Das LEIZA ist weltweit tätig und betreibt bislang erfolgreich und umfassend Forschungen in verschiedenen Regionen Afrikas, Asiens und Europas. Die einzigartige Konzentration archäologischer, naturwissenschaftlicher, restauratorischer und informationstechnologischer Kompetenzen verbunden mit bedeutenden Werkstätten, Laboren und Archiven erlaubt es dabei, objektorientierte Forschung zur Archäologie der Alten Welt (Asien, Afrika, Europa) von den Anfängen der Menschheitsgeschichte bis in die Neuzeit zu betreiben. Als eines von acht Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft verbindet das LEIZA exzellente Wissenschaft mit Ausstellungen und ist mit seinem Bildungsauftrag gleichzeitig ein Ort des Dialoges mit der Öffentlichkeit.
Bis zur Umbenennung zum 1. Januar 2023 war das LEIZA international bekannt als Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM) und wurde im Jahr 1852 auf Beschluss der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine in Mainz gegründet. Seit 2024 ist das LEIZA an insgesamt vier Standorten in Deutschland vertreten: Mainz, Neuwied, Mayen und Schleswig. www.leiza.de
Eduardo Paixão
ICArEHB -Interdisciplinary Center for Archaeology and Evolution Human Behaviour
University of Algarve. Portugal
Mail: erpaixao@ualg.pt
Dr. João Marreiros
Leiter des Labors für Gebrauchsspurenforschung und kontrollierte Experimente (TraCEr)
MONREPOS/LEIZA
Mail: joao.marreiros@leiza.de
Paixão E, Gossa T, Gneisinger W, Marreiros J, Tholen S, Calandra I, et al. (2025) Exploring early Acheulian technological decision-making: A controlled experimental approach to raw material selection for percussive artifacts in Melka Wakena, Ethiopia. PLoS ONE 20(1): e0314039. doi.org/10.1371/journal.pone.0314039
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0314039
https://www.leiza.de/presse/details-pressmeldungen/werkzeugwahl-der-urzeit; Pressemitteilung auf leiza.de sowie Bildmaterial
Die Beschaffenheit und Eignung von Steinwerkzeugen wird durch experimentelle Versuche an einem lange ...
Eduardo Paixão, Tegenu Gossa
Eduardo Paixão, Tegenu Gossa
Versuchsaufbau für die Experimente an den Gesteinen: SMARTTESTER® von der Firma Inotec AP GmbH, adap ...
Eduardo Paixão
Eduardo Paixão / Walter Gneisinger
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
History / archaeology
transregional, national
Research results
German
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