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Wissenschaftler*innen der Universität Stuttgart ist es gelungen, die Struktur und Funktion von biologischen Membranen mit Hilfe von „DNA-Origami“ zu beeinflussen. Sie haben eine synthetisch-biologische „Toolbox“ für die Manipulation von Zellen entwickelt, die den Transport von großen therapeutischen Molekülen in einzelne Zellen ermöglicht. Damit eröffnet sich ein neuer Weg für gezielte therapeutische Eingriffe in der Medizin. Prof. Laura Na Liu und ihr Team haben ihre Ergebnisse in der Zeitschrift „Nature Materials“ veröffentlicht (DOI: 10.1038/s41563-024-02075-9).
Für die biologische Funktion einer Zelle spielen ihre Form und Morphologie eine Schlüsselrolle. Dies entspricht dem Prinzip „form follows function“, das auch in modernen Bereichen des Designs und der Architektur bekannt ist. Die Übertragung dieses Prinzips auf künstliche Zellen ist eine Herausforderung für die synthetische Biologie. Fortschritte in der DNA-Nanotechnologie bieten nun vielversprechende Lösungen. Sie ermöglichen die Schaffung neuartiger Transportkanäle, die groß genug sind, um den Transfer therapeutischer Proteine durch Zellmembranen zu erleichtern. In diesem neuen Forschungsgebiet haben Wissenschaftlerinnen wie Prof. Laura Na Liu, Direktorin des 2. Physikalischen Instituts an der Universität Stuttgart und Fellow am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung (MPI-FKF), nun ein innovatives Werkzeug entwickelt, um die Form und Durchlässigkeit von Lipidmembranen in synthetischen Zellen zu modellieren. Die Membranen bestehen aus Lipiddoppelschichten, die ein wässriges Kompartiment umschließen und als vereinfachte Modelle echter biologischer Zellen dienen. Sie sind nützlich für die Untersuchung der Membrandynamik, der Proteininteraktionen und des Verhaltens von Lipiden.
Meilenstein in der Anwendung der DNA-Nanotechnologie
Dieses neue Instrument könnte den Weg für die Schaffung funktioneller synthetischer Zellen ebnen. Die wissenschaftliche Arbeit von Laura Na Liu zielt darauf ab, die Forschung und Entwicklung neuer Therapien maßgeblich zu beeinflussen. Liu und ihrem Team ist es gelungen, mit Hilfe signalabhängiger DNA-Nanoroboter programmierbare Interaktionen mit synthetischen Zellen zu ermöglichen. „Die Arbeit ist ein Meilenstein in der Anwendung der DNA-Nanotechnologie zur Regulierung des Zellverhaltens“, sagt Liu. Ihr Team arbeitet mit riesigen unilamellaren Vesikeln (GUVs), einfachen, zellgroßen Strukturen, die lebende Zellen imitieren. Mit Hilfe von DNA-Nanorobotern konnten die Forscher die Form und Funktionalität dieser synthetischen Zellen beeinflussen.
Neue Transportkanäle für Proteine und Enzyme
Die DNA-Nanotechnologie ist eines der Hauptforschungsgebiete von Laura Na Liu. Sie ist Expertin für DNA-Origami-Strukturen - DNA-Stränge, die mittels speziell entworfener kürzerer DNA-Sequenzen, so genannter Klammern, gefaltet werden. Das Team von Na Liu hat DNA-Origami-Strukturen als rekonfigurierbare Nanoroboter eingesetzt, die reversibel ihre Form verändern und dadurch ihre unmittelbare Umgebung im Mikrometerbereich beeinflussen können. Die Forschenden fanden heraus, dass die Umformung ihrer DNA-Nanoroboter mit der Verformung der GUVs und der Bildung von synthetischen Kanälen in der Modellmembran verkoppelt ist. Diese Kanäle ermöglichen den Durchgang großer Moleküle durch die Membran und können sich bei Bedarf wieder verschließen.
Vollständige künstliche DNA-Strukturen für biologische Umgebungen
„Wir haben jetzt die fantastische Möglichkeit, DNA-Origamistrukturen einzusetzen, um die Form von GUVs so zu gestalten, dass sie die Bildung von Transportkanälen in ihren Membranen ermöglichen,“ sagt Prof. Stephan Nussberger, einer der Mitautoren der Arbeit. „Dabei ist es höchst spannend, dass der Funktionsmechanismus der DNA-Nanoroboter auf den GUVs jedoch keine direkte biologische Entsprechung in lebenden Zellen hat“, fügt Nussberger hinzu.
Die Arbeit wirft neue Fragen auf: Können synthetische Plattformen - wie DNA-Nanoroboter – womöglich auch mit einer geringeren Komplexität als ihre biologischen Gegenstücke entworfen werden, die dennoch in einer biologischen Umgebung funktionieren?
Krankheitsmechanismen verstehen und Therapien verbessern
Die Arbeit markiert einen bedeutenden Fortschritt in der Nanotechnologie. Es wurde ein System von membranständigen Kanälen entwickelt, das von DNA-Nanorobotern gesteuert wird und den effizienten Durchgang spezifischer Moleküle und Substanzen in die Zellen ermöglicht. Besonders bemerkenswert ist, dass diese Kanäle vergleichsweise groß sind und programmierbar gestaltet werden können, sodass sie sich bei Bedarf wieder schließen. Bei Anwendung auf lebende Zellen könnte das System den gezielten Transport von Proteinen oder Enzymen direkt an die Wirkorte einer Zelle ermöglichen. „Unser Ansatz eröffnet neue Möglichkeiten, das Verhalten lebender Zellen zu imitieren. Dieser Fortschritt könnte für künftige therapeutische Strategien entscheidend sein“, sagt Prof. Hao Yan, Mitautor dieser Arbeit.
Über Prof. Laura Na Liu, ihr Team und die Autoren der Studie:
Laura Na Liu ist Direktorin des 2. Physikalischen Instituts der Universität Stuttgart, Fellow am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung (MPI-FKF) und eine der Hauptautorinnen der Arbeit. Das interdisziplinäre Forschungsteam besteht aus Mitgliedern mehrerer Institute der Universität Stuttgart: dem 2. Institut für Physik, der Abteilung für Biophysik im Institut für Biomaterialien und Biomolekulare Systeme und dem Institut für Theoretische Physik IV. Prof. Hao Yan, Alexander-von-Humboldt-Forschungspreisträger am Institut von Prof. Liu und Wissenschaftler am Biodesign Center for Molecular Design and Biomimetics der Arizona State University, ist ebenfalls an der Studie beteiligt.
Über die Studie:
Sisi Fan, Shuo Wang, Longjiang Ding, Thomas Speck, Hao Yan, Stephan Nussberger, Na Liu. Morphology remodeling and membrane channel formation in synthetic cells via reconfigurable DNA nanorafts. Nature Materials, DOI: 10.1038/s41563-024-02075-9
Prof. Laura Na Liu, Universität Stuttgart, 2. Physikalisches Institut, Tel.: +49 711 685-65218, E-Mail: na.liu@pi2.uni-stuttgart.de
https://www.nature.com/articles/s41563-024-02075-9
https://www.uni-stuttgart.de/universitaet/aktuelles/meldungen/Neues-Werkzeug-fue...
https://www.pi2.uni-stuttgart.de/de/
https://www.bio.uni-stuttgart.de/biophysik/
https://www.itp4.uni-stuttgart.de/de/
Rekonfigurierbare DNA-Nanoroboter, die auf synthetischen Zellen arbeiten.
2. Physikalisches Institut
Universität Stuttgart
Stuttgarter Team (von links nach rechts): Prof. Laura Na Liu, Prof. Thomas Speck, Dr. Sisi Fan, Prof ...
2. Physikalisches Institut
Universität Stuttgart
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Chemistry, Medicine
transregional, national
Research results
German
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