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01/22/2025 09:32

Angewandte Präzisionsmedizin: Mit High-Tech-Mikroskop zur passenden Rheumatherapie

Stefan Bernhardt Public Relations
CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

    Mit einer neuartigen Mikroskopie-Methode haben Wissenschaftler:innen des CeMM und der Medizinischen Universität Wien ein Verfahren erprobt, das anhand von Blutproben von Rheumapatient:innen das individuell geeignetste zugelassene Medikament vorhersagen kann. Die Studie, veröffentlicht in der zur Lancet-Gruppe gehörenden Fachzeitschrift EBioMedicine (DOI: 10.1016/j.ebiom.2024.105522), ist ein Machbarkeitsnachweis für eine Anwendung der Präzisionsmedizin, mit der sich die Therapie von Rheumatoider Arthritis und vermutlich auch anderen Autoimmunerkrankungen entscheidend verbessert ließe.

    Rheumatoide Arthritis ist die häufigste entzündliche Erkrankung der Gelenke, allein in Österreich leiden darunter mehr als 60.000 Menschen, Frauen sind dreimal so häufig betroffen wie Männer. Zwar haben die letzten Jahrzehnte bedeutende Fortschritte in der Behandlung gebracht, und es wurde eine Vielzahl an Medikamenten entwickelt, die sehr unterschiedlich wirken. Doch nach wie vor erreichen viele Patient:innen keine klinische Remission, die Krankheitssymptome lassen sich also nicht vollständig beseitigen, da es an Werkzeugen fehlt, mit denen die individuell passenden Wirkstoffe ermittelt werden können.

    Die Wahl der Therapie erfolgt meist nach dem „Trial and Error“-Prinzip, bei dem ein Wirkstoff nach dem anderen ausprobiert wird. Zwar gibt es bereits eine Reihe an sogenannten Biomarkern, mit denen der Erfolg einer bestimmten Therapie abgeschätzt werden kann, doch sind diese noch nicht in der Praxis einsetzbar oder bedürfen invasiver Eingriffe.

    Die Arbeitsgruppe von Giulio Superti Furga am CeMM hat in jahrelanger, erfolgreicher Kollaboration mit der Medizinischen Universität Wien nun erstmals ein präzisionsmedizinisches Verfahren erprobt, das Zukunft eine zielgerichtete, präzise Wahl der Therapie bei rheumatoider Arthritis und vermutlicjh auch anderen Autoimmunerkrankungen erlauben könnte. Die Machbarkeitsstudie wurde in der Fachzeitschrift EBioMedicine (DOI: 10.1016/j.ebiom.2024.105522) veröffentlicht.

    Zelltypen beeinflussen Krankheit und Therapie

    Das Verfahren basiert auf einer hochmodernen Mikroskopiemethode, die vollautomatisiert eine große Menge an Bilddaten erzeugen und auswerten kann. Sie wurde ebenfalls am CeMM unter dem Namen „Pharmacoscopy“ 1, 2 entwickelt und erlaubt die direkte Messung der Auswirkungen von Wirkstoffen auf eine Vielzahl einzelner Zellen – was mit herkömmlichen molekularbiologischen Methoden viel zu aufwendig wäre, um es in diesem Ausmaß durchzuführen. Außerdem lassen sich damit die Effekte der Wirkstoffe beobachten, ohne die dahinterliegenden molekularen Mechanismen aufklären zu müssen.

    In der aktuellen Studie wurde die Mikroskipiemethode mit einem sogenannten „ex-vivo“ Stimulationsverfahren kombiniert. Dabei werden Immunzellen aus Blutproben von Patient:innen außerhalb des Körpers („ex vivo“) mit Medikamenten gegen Rhematoide Arthritis behandelt, die Effekte der Wirkstoffe auf die Immunzellen werden daraufhin mikroskopisch untersucht.

    So gelang es den Forscher:innen, eine Momentaufnahme des Verhaltens der Immunzellen bei unterschiedlichen Bedingungen zu erhalten. Sie stießen dabei auf bestimmte Arten von Immunzellen, im Fachjargon als „zelluläre Phänotypen“ bezeichnet, die mit der Aktivität der Erkrankung zusammenhängen und auch das Ansprechen der Medikation beeinflussen. Diese Phänotypen könnten in Zukunft dazu verwendet werden, um den Therapieerfolg verschiedener Medikamente in einer Blutprobe vorab zu testen, bevor man sie den Patient:innen verabreicht.

    „Die Daten dieser Studie stellen die Grundlagen zur weiterführenden Entwicklung von Assays dar, die es erlauben sollen, Phänotypen zu identifizieren, die mit einem Ansprechen von Autoimmunerkrankungen auf eine bestimmte Medikation vorhergesagt werden kann“, fasst Felix Kartnig, Doktorand in der Arbeitsgruppe von Giulio Superti-Furga am CeMM und Erstautor der Studie, die Ergebnisse zusammen.

    „Die Etablierung dieses Werkzeugs und der Nachweis seines Konzepts bilden eine beeindruckende wissenschaftliche Grundlage für die Bewertung dieser Technologie im Rahmen geplanter klinischer Studien und unterstreichen somit den Wert innovativer translationaler Forschung“, erklärt Leonhard Heinz, Co-Autor und Principal Investigator an der Abteilung für Rheumatologie der Medizinischen Universität Wien.

    „Die hier erprobte Methode ist ein wunderbares Beispiel für eine zukünftige Präzisionsmedizin“, so Studienleiter Giulio Superti-Furga. „Unsere langjährige Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien hat hier erneut Früchte getragen – wir konnten zeigen, dass durch die systematische und vollautomatisierte Analyse der Effekte von Wirkstoffen auf einzelne Zellen tatsächlich auf die Wirkungsweise einer Therapie im Menschen geschlossen werden kann.“

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    Zitierte Literatur

    1: Vladimer, G., Snijder, B., Krall, N. et al. Global survey of the immunomodulatory potential of common drugs. Nat Chem Biol 13, 681–690 (2017). https://doi.org/10.1038/nchembio.2360
    2: Image-based ex-vivo drug screening for patients with aggressive haematological malignancies: interim results from a single-arm, open-label, pilot study
    Snijder, Berend et al. The Lancet Haematology, Volume 4, Issue 12, e595 - e606

    Bilder im Anhang

    1: Die Autoren der Studie Giulio Superti Furga, Felix Kartnig, und Leonhard Heinz (v.l.n.r.)© Andreas Angermayr / CeMM
    2: Die Autoren der Studie Giulio Superti Furga, Felix Kartnig, und Leonhard Heinz (v.l.n.r.)© Andreas Angermayr / CeMM
    3: Beispielbild der in der Studie verwendeten Hochdurchsatz-Mikroskopiemethode. Abgebildet sind einzelne Blutzellen, die mit unterschiedlichen Fluoreszenzmarkern gefärbt sind. © Felix Kartnig / CeMM / MedUni Wien

    Die Studie „Ex vivo imaging-based high content phenotyping of patients
    with rheumatoid arthritis“ erschien in der Zeitschrift eBioMedicine am 26. Dezember 2024. DOI: 10.1016/j.ebiom.2024.105522

    AutorInnen: Felix Kartnig, Michael Bonelli, Ulrich Goldmann, Noemi Mészáros, Nikolaus Krall, Daniel Aletaha, Leonhard X. Heinz, and Giulio Superti-Furga.

    Förderung: Diese Studie wurde von der Östereichischen Akademie der Wissenschaften, der Medizinischen Universität Wien und einem Grant (RMG2235 an L.X.H.) der Europäischen Allianz der Verbände für Rheumatologie (EULAR) gefördert.

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    Das CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist eine internationale, unabhängige und interdisziplinäre Forschungseinrichtung für molekulare Medizin unter wissenschaftlicher Leitung von Giulio Superti-Furga. Das CeMM orientiert sich an den medizinischen Erfordernissen und integriert Grundlagenforschung sowie klinische Expertise, um innovative diagnostische und therapeutische Ansätze für eine Präzisionsmedizin zu entwickeln. Die Forschungsschwerpunkte sind Krebs, Entzündungen, Stoffwechsel- und Immunstörungen, sowie seltene Erkrankungen und Altern. Das Forschungsgebäude des Institutes befindet sich am Campus der Medizinischen Universität und des Allgemeinen Krankenhauses Wien.
    www.cemm.at

    Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien) ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit rund 8.600 Studierenden ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit mehr als 6.500 Mitarbeiter:innen, 30 Universitätskliniken und zwei klinischen Instituten, zwölf medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich. Die MedUni Wien besitzt mit dem Josephinum auch ein medizinhistorisches Museum.

    Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

    Stefan Bernhardt
    PR & Communications Manager CeMM
    Phone +43-1/40160-70 056
    sbernhardt@cemm.at

    CeMM
    Research Center for Molecular Medicine
    of the Austrian Academy of Sciences
    Lazarettgasse 14, AKH BT 25.3
    1090 Vienna, Austria
    www.cemm.at


    Original publication:

    10.1016/j.ebiom.2024.105522


    Images

    Beispielbild der in der Studie verwendeten Hochdurchsatz-Mikroskopiemethode. Abgebildet sind einzelne Blutzellen, die mit unterschiedlichen Fluoreszenzmarkern gefärbt sind.
    Beispielbild der in der Studie verwendeten Hochdurchsatz-Mikroskopiemethode. Abgebildet sind einzeln ...
    Felix Kartnig
    © Felix Kartnig / CeMM / MedUni Wien

    Die Autoren der Studie Giulio Superti Furga, Felix Kartnig,  und Leonhard Heinz (v.l.n.r.)
    Die Autoren der Studie Giulio Superti Furga, Felix Kartnig, und Leonhard Heinz (v.l.n.r.)
    Andreas Angermayr
    © Andreas Angermayr / CeMM


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research results
    German


     

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