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02/06/2025 09:03

Flora Brasiliens: Es grünte so grün vor 400 Millionen Jahren

Judith Jördens Senckenberg Pressestelle
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

    Brasilien beherbergt den größten tropischen Wald der Welt mit einer außergewöhnlichen Artenvielfalt und zahlreichen Pflanzen, die es nur dort gibt. Die Flora Brasiliens hat sich über Jahrmillionen durch plattentektonische Veränderungen, Klimaschwankungen und die Isolation von Ökosystemen entwickelt. Das macht sie zu einem einzigartigen Studienobjekt. Das kürzlich erschienene Buch „Brazilian Paleofloras – From Paleozoic to Holocene“ fasst die gesamte Evolutionsgeschichte der brasilianischen Flora zusammen, von den ersten 400 Millionen Jahre alten Nachweisen bis zur Gegenwart. Das Werk bietet umfassende Einblicke in fossile Funde und die Entwicklung der paläobotanischen Forschung in Brasilien.

    Brasiliens Amazonas-Regenwald, der größte tropische Wald der Welt, beherbergt Millionen von Pflanzenarten – von majestätischen Kapokbäumen bis hin zu seltenen Orchideen. „Die Flora Brasiliens hat sich über Jahrmillionen entwickelt und ist geprägt von plattentektonischen Veränderungen, Klimaschwankungen und der Isolation verschiedener Ökosysteme“, erläutert Dr. Lutz Kunzmann von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden und fährt fort: „Diese Entwicklung ist von zentraler Bedeutung, um die Entwicklung von Blütenpflanzen, die ökologische Resilienz und die Anpassungsfähigkeit von Pflanzen zu verstehen. Durch die geografische Lage in Verbindung mit der langfristigen Klimaentwicklung sind in dem südamerikanischen Land eine immense Artenvielfalt und zahlreichen endemische Pflanzen entstanden, die nirgendwo sonst auf der Welt zu finden sind. Auch bis dorthin getragener Saharastaub als Dünger für das Amazonasbecken spielt eine wesentliche Rolle.“

    Kunzmann ist einer von drei Redakteuren des kürzlich im Springer Nature-Verlag erschienenen Buches „Brazilian Paleofloras – From Paleozoic to Holocene“. Gemeinsam mit dem brasilianischen Paläobotaniker und Geowissenschaftler Prof. Dr. Roberto Iannuzzi von der Bundesuniversität von Rio Grande do Sul (UFRGS) und dem Paläobotaniker und Geowissenschaftler Prof. Dr. Ronny Rößler, Direktor des Naturkundemuseums in Chemnitz, hat der Dresdner Paläontologe das gesammelte Wissen zur fossilen Flora Brasilien editiert. Der Band umfasst 32 Kapitel von brasilianischen und internationalen Forscherteams auf insgesamt 1362 Seiten. „Das Buch behandelt die gesamte Evolutionsgeschichte der Landpflanzen, wie sie sich auf dem heutigen Gebiet Brasiliens widerspiegelt – von den ersten Spuren vor etwa 400 Millionen Jahren bis zur heutigen Zeit. Zu dem Werk haben zahlreiche, junge und sehr erfahrene brasilianische Paläobotaniker*innen und Palynolog*innen in Zusammenarbeit mit internationalen Kooperationspartner*innen beigetragen, die seit vielen Jahren gemeinsam die Entwicklung der fossilen Flora in diesem Teil des Planeten erforschen“, fügt Kunzmann hinzu.

    Die brasilianische Paläobotanik begann mit einem etwa 270 Millionen Jahre alten Stück eines versteinerten Pflanzenstängels. Der Botaniker Jean Antoine de Guillemin brachte es im 19. Jahrhundert nach Paris, wo Psaronius brasiliensis von dem berühmten französischen Botaniker Adolphe Brongniart untersucht wurde. Zunächst wurde die fossile Pflanzenwelt Brasiliens ausschließlich von europäischen Wissenschaftler*innen erforscht. Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts – während des Übergangs vom brasilianischen Kaiserreich (1822-1889) zur Ersten Republik (1889-1930) – besuchten einige ausländische Forschende das Land und bildeten dort junge brasilianische Wissenschaftler*innen aus. „Der erste brasilianische Paläobotaniker war Elias Dolianiti. Er gründete in den 1940er Jahren sowohl die Brasilianische Gesellschaft für Paläontologie als auch die Botanischen Gesellschaft Brasiliens“, so Kunzmann. Ab den 1970er Jahren fand ein kontinuierlicher Austausch zwischen ausländischen und brasilianischen Forscher*innen statt und der Forschungszweig der Paläobotanik wuchs stetig. Heute sind rund 55 Paläobotaniker*innen in Forschungseinrichtungen in ganz Brasilien tätig.

    Das Buch enthält Informationen zu den frühesten Nachweisen von Landpflanzen in Brasilien, darunter das weltweit vollständigste Fossil einer Cooksonia und den ältesten bekannten Nachweis eines Samens auf dem Gondwana-Kontinent. Zudem werden die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Pflanzenarten und Insekten sowie der Einfluss von natürlichen Bränden auf die Vegetation thematisiert. Drei Kapitel sind den Funden aus der Trias gewidmet: Sie beschäftigen sich mit versteinerten Hölzern, Pflanzenresten der „Dicroidium-Flora“ und mit den Wechselwirkungen zwischen Arthropoden und Pflanzen.
    Auch die Crato-Formation im Araripe-Becken, eine der bedeutendsten Fossil-Lagerstätten der Welt, wird beleuchtet, ebenso wie ein palynologischer Überblick zur Entwicklung der Flora bis ins Quartär.

    „Natürlich kann unser Buch nicht die gesamte Entwicklung der fossilen Flora Brasiliens in allen Aspekten behandeln. Doch ohne Zweifel ist das zusammengetragene Wissen essenziell, um nachhaltige Strategien zum Schutz dieser Lebensräume zu entwickeln – insbesondere angesichts der aktuellen Herausforderungen wie Entwaldung, Klimawandel und Verlust der Biodiversität. Ein Verständnis der erdgeschichtlichen Entwicklung der brasilianischen Flora hilft uns, zukünftige Veränderungen besser vorherzusagen und Maßnahmen zu entwickeln, um diese wertvollen Ökosysteme und ihre Funktionen für das globale Gleichgewicht zu bewahren.“


    Contact for scientific information:

    Dr. Lutz Kunzmann
    Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden
    Tel. 0351 795841 4406
    Lutz.Kunzmann@senckenberg.de


    Original publication:

    Roberto Iannuzzi, Ronny Rößler, Lutz Kunzmann (2024): Brazilian Paleofloras – From Paleozoic to Holocene. Springer Nature Switzerland. https://link.springer.com/referencework/10.1007/978-3-030-22526-1


    Images

    Brasiliens vielfältige Flora entwickelt sich seit 400 Millionen Jahren und ist – wie dieser Zweig eines Nadelbaumes aus der Kreidezeit zeigt – gut fossil überliefert. Objekt und
    Brasiliens vielfältige Flora entwickelt sich seit 400 Millionen Jahren und ist – wie dieser Zweig ei ...

    Museu de Paleontologia Plácido Cidade Nuvens, Santana do Cariri, Ceará, Brazil


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Geosciences
    transregional, national
    Scientific Publications
    German


     

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