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Groß angelegte Studie zeigt, wie Genetik und Entwicklung die Blutproteine von Kindern formen. Daten können im neuen Webportal proteomevariation.org abgerufen werden.
Proteine im Blut dienen während der gesamten Entwicklung als wichtige Indikatoren für Gesundheit und Krankheitsrisiken. Forschende der Universität Kopenhagen und des Max-Planck-Instituts für Biochemie haben nun herausgefunden, wie diese Proteine im Kindes- und Jugendalter reguliert werden - eine wichtige Grundlage für das Verständnis von Krankheitsmechanismen und die Entwicklung besserer Diagnosewerkzeuge.
Eine Studie an mehr als 3.000 Kindern und Jugendlichen in Dänemark hat nun gezeigt, wie sich der Proteingehalt im Blut durch genetische Varianten und während der pädiatrischen Entwicklung verändert. Die Studie wurde von Professor Matthias Mann vom Max-Planck-Institut für Biochemie und dem Novo Nordisk Foundation Center for Protein Research zusammen mit den Professoren Torben Hansen und Simon Rasmussen von der Universität Kopenhagen geleitet. Ihre in Nature Genetics veröffentlichten Ergebnisse bilden die Grundlage für das Verständnis, wie Veränderungen im Proteingehalt Gesundheit und Krankheitsrisiken in der Kindheit anzeigen.
Mithilfe modernster Massenspektrometrie haben die Forschenden mehr als 1.200 verschiedene Proteine in Blutproben von über 2.100 Kindern und Jugendlichen im Alter von 5 bis 20 Jahren gemessen. Sie fanden heraus, dass der Gehalt von 70 Prozent dieser Proteine durch Faktoren wie Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index und Genetik beeinflusst wird. "Der Plasmaproteinspiegel wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, aber der Grad ihres Einflusses variiert von Protein zu Protein. Als wir die Quellen der Variation aufschlüsselten, stellten wir fest, dass einige Proteinwerte in erster Linie genetisch bedingt sind, während andere stärker von anderen Faktoren wie Alter oder Fettleibigkeit beeinflusst werden. Das hilft zu erklären, warum sich Kinder unterschiedlich entwickeln und warum manche anfälliger für bestimmte Krankheiten sind als andere", erklärt Dr. Lili Niu, Erstautorin der Studie.
Die Forscherinnen und Forscher entdeckten auffällige Unterschiede darin, wie sich Proteinmengen während der männlichen und weiblichen Pubertät verändern. "Diese geschlechtsspezifischen Proteinveränderungen könnten dazu beitragen, die Unterschiede in der Entwicklung und Krankheitsanfälligkeit von Männern und Frauen zu erklären", sagt Professor Torben Hansen von der Universität Kopenhagen.
Die Studie ergab, dass Gene die Menge von einem Drittel der Blutproteine steuern, wobei einige genetische Varianten bis zu 30-mal größere Unterschiede zwischen den Individuen verursachen. Diese Ergebnisse waren in hohem Maße reproduzierbar und wurden bei 1.000 Kindern und 558 Erwachsenen wiederholt, was ihre Beständigkeit bis ins Erwachsenenalter bestätigte.
Mit Hilfe fortgeschrittener statistischer Methoden identifizierte das Team 41 Gene, die mit Veränderungen in 33 Merkmalen von Herz- und Stoffwechselerkrankungen einhergehen. Professor Simon Rasmussen von der Universität Kopenhagen: "Durch die Verknüpfung von Genen, Proteinen und Krankheiten eröffnen unsere Ergebnisse neue Wege zum Verständnis von Krankheitsmechanismen und zur Identifizierung neuer Angriffspunkte für Medikamente."
Um es Forschenden auf der ganzen Welt zu erleichtern, diese Erkenntnisse zu nutzen, hat das Team ein interaktives Webportal unter proteomevariation.org eingerichtet, auf dem Wissenschaftler*innen verfolgen können, wie sich bestimmte Proteine während der Kindheit verändern.
"Diese Studie zeigt, wie sich die massenspektrometrische Proteomik zu einem leistungsfähigen Werkzeug für groß angelegte Bevölkerungsstudien entwickelt", fasst Matthias Mann zusammen. "Mit einem kleinen Tropfen Blut können wir nun Tausende von Proteinen mit bisher unerreichter Präzision messen, was neue Möglichkeiten eröffnet, Krankheitsmechanismen zu verstehen und Biomarker zu finden, die schon früh im Leben auf ein Krankheitsrisiko hinweisen könnten.
Diese umfassende Karte der Proteinveränderungen in der Kindheit ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Integration der Proteomik in die Präzisionsmedizin. Die Forschenden untersuchen nun, ob diese Proteinmuster Ärzten helfen könnten, vorherzusagen, welche Kinder bestimmte Krankheiten entwickeln könnten und welche Behandlungen für sie am besten geeignet wären.
Glossar:
Massenspektrometrie: ist eine analytische Technik, die Ionen nach ihrem Masse-zu-Ladung-Verhältnis trennt und misst, um chemische Substanzen oder Moleküle zu identifizieren und zu quantifizieren. Es handelt sich um eine grundlegende Technologie in der Proteomik, die die Identifizierung und Quantifizierung tausender Proteine in komplexen biologischen Proben ermöglicht.
Omics-Technologie: ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe von Methode in der Biotechnologie und Biologie, die die globale Analyse von Biomolekülen in biologischen Systemen ermöglichen. Die Methodik hat das Potential den Gesamtzusammenhang von biologischen Systemen zu zeigen. Häufige „Omics“-Technologien sind: Genomics: untersucht das gesamte Genom, also die Gesamtheit der DNA in einer Zelle; Transcriptomics: analysiert das gesamte Set an RNA-Molekülen, die in einer Zelle produziert werden. Proteomics: untersucht das gesamte Set an Proteinen, das von einer Zelle oder einem Organismus produziert wird. Metabolomics: ist die Studie aller metabolischen Produkte (Metaboliten) in einer Zelle und Epigenomics: befasst sich mit der Gesamtheit aller epigenetischen Modifikationen in einem genetischen Material.
Proteingehalt: Der Proteingehalt in Zellen bezieht sich auf die Menge und Vielfalt der Proteine, die in einer Zelle vorhanden sind. Proteine sind essentielle Bestandteile jeder lebenden Zelle und erfüllen zahlreiche wichtige Funktionen. Sie dienen als Strukturgeber, besitzen enzymatische Aktivität, dienen zum Transport oder als Speicher, werden für die Signalübertragung und Immunabwehr benötigt. Der Proteingehalt ist dynamisch und wird ständig reguliert, was Aufschluss über den Zustand und die Aktivität der Zelle gibt.
Proteom: umfasst die Gesamtheit aller Proteine in einem Lebewesen, einem Gewebe oder einer Zelle zu einem bestimmten Zeitpunkt. Das Proteom ist hoch dynamisch und reagiert auf die Anforderungen der Zelle, sowie auf Krankheiten oder Umwelteinflüsse.
Proteomik: ist die Erforschung des Proteoms
Prof. Dr. Matthias Mann
Abteilung Protemics und Signaltransduktion
Max-Planck-Institut für Biochemie
Am Klopferspitz 18
82152 Martinsried/Planegg
E-Mail: mmann@biochem.mpg.de
www.biochem.mpg.de/mann
Lili Niu, Sara Elizabeth Stinson, Louise Aas Holm, Morten Asp Vonsild Lund, Cilius Esmann Fonvig, Leonardo Cobuccio, Jonas Meisner, Helene Bæk Juel, Joao Fadista, Maja Thiele, Aleksander Krag, Jens-Christian Holm, Simon Rasmussen, Torben Hansen & Matthias Mann: Plasma proteome variation and its genetic determinants in children and adolescents, Nature Genetics, Februar 2025
DOI: https://dx.doi.org/10.1038/s41588-025-02089-2
https://www.biochem.mpg.de/mann-press - weitere Pressemeldungen der Abteilung Protemics und Signaltransduktion
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
Biology, Medicine
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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