idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
02/25/2025 10:53

Grundlagenforschung am Hochbrandgips-Estrich der Klosterkirche St. Marien und Cyprian in Nienburg (Saale)

Dr. Oliver Dietrich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt - Landesmuseum für Vorgeschichte

    In der Klosterkirche St. Marien und Cyprian in Nienburg hat sich ein ganz besonderes spätromanisches Kleinod in Form eines reich dekorierten Hochbrandgips-Estrichbodens erhalten. Bereits 1926 entdeckt, gab es in der Vergangenheit mehrere Versuche der Restaurierung und Präsentation dieses herausragenden Befundes. Aktuell werden durch Studierende der Fachhochschule Potsdam (Studienrichtung Konservierung und Restaurierung – Fachrichtung Stein) im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und in Abstimmung mit der evangelischen Kirchgemeinde Nienburg Werktechnik, mögliche Reinigungsverfahren und Präsentationskonzepte im Kirchenraum erarbeitet.

    Hintergrund: die Klosterkirche St. Marien und Cyprian
    Die ehemalige Klosterkirche St. Marien und Cyprian ist eine gotische Hallenkirche mit spätromanischen Bauteilen. Sie war ursprünglich Teil eines Benediktinerklosters, das zunächst 970 in Thankmarsfelde gegründet und bereits 975 nach Nienburg an den Zusammenfluss von Elbe und Saale verlegt wurde. Der 1004 geweihte Ursprungsbau der Kirche wurde bereits 1024 zerstört, ein von 1042 bis 1060 errichteter Nachfolgebau ist durch archäologische Ausgrabungen nachgewiesen. Ab 1242 erfolgte ein Neubau unter Einbeziehung einiger Teile der Vorgängerkirche, dessen Bauformen sich deutlich am Vorbild des Mindener Domes und der Elisabethkirche in Marburg orientieren. In der Folgezeit noch mehrmals umgebaut, handelt es sich bei der Klosterkirche St. Marien und Cyprian um ein überregional bedeutendes Dokument gotischer Architektur. Angesichts der wechselvollen Geschichte des Baus ist es umso bemerkenswerter, dass sich hier ein ganz besonderes spätromanisches Kleinod in Form eines reich dekorierten Hochbrandgips-Estrichbodens erhalten hat.

    Der spätromanische Hochbrandgips-Estrich
    Bereits 1926 wurden bei Ausgrabungen Fragmente eines in Inkrustationstechnik ausgeführten, spätromanischen Schmuckfußbodens aufgefunden, der sich ursprünglich im Bereich des Vorchores des Vorgängerbaus über der Krypta befand. Die Rekonstruktion des Bildprogrammes ist schwierig, da die Einzelfragmente nur einen geringen Teil der Gesamtfläche ausmachen. Im Zentrum steht ein Medaillon mit der Darstellung König Salomons, umgeben von den vier Kardinaltugenden (Gerechtigkeit, Mäßigung, Tapferkeit und Weisheit) und antiken Autoren, die ebenfalls in Medaillons und mit Figurenbeischriften wiedergegen sind. Zudem sind Tiere und Fabelwesen, stilisierte Blätter und Rauten erkennbar. Die gesamte Darstellung ist von einem etwa einen Meter breiten Einfassungsstreifen umschlossen. Die Fragmente des um oder kurz nach 1200 entstandenen Schmuckfußbodens sind ein bedeutendes Werk der sächsischen Kunst der Spätromanik. In Sachsen-Anhalt ist einzig der Boden in der Klosterkirche Ilsenburg (Landkreis Harz) mit den Funden aus Nienburg vergleichbar.
    1962/63 wurden einige Teile des geborgenen Hochbrandgips-Estrichs durch den Magdeburger Bildhauer Heinrich Apel in Gips eingebettet und zur musealen Präsentation ins Bernburger Museum verbracht. Heute werden einige Fragmente der Inkrustationen in der Kirche ausgestellt.

    Grundlagenforschung zum Nienburger Hochbrandgips-Estrich
    Um den wichtigen Befund für das Land Sachsen-Anhalt zu sichern und auch in Form einer angemessenen Präsentation in Wert zu setzen, haben das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und die Fachhochschule Potsdam ein Kooperationsprojekt unter dem Titel ›Grundlagenforschung zum Nienburger Gipsestrich, Werktechnik, Vermittlung anhand von Arbeitsproben und Erarbeitung einer Präsentation im Kirchenraum‹ initiiert. Zunächst wurde die Herstellungstechnik des Estrichs untersucht, bei dem es sich um Hochbrandgips mit Inkrustationen handelt. Aufbauend auf den Ergebnissen wurden in einer Testreihe schonende Reinigungstechniken untersucht und an allen vorhandenen Bruchstücken zur Anwendung gebracht. Zudem wurde eine neue Systematik zur Erfassung und Lagerung der Fragmente entwickelt. Zukünftig soll eine Ausstellung in der Kirche über den bedeutenden Befund und seine Erforschung informieren. Schautafeln sollen unter anderem die unterschiedlichen Inkrustationen und Motive des Fußbodens abbilden und zur Veranschaulichung der verwendeten Technologien dienen.


    Images

    Gereinigtes Fußboden-Fragment. Erkennbar sind Stirn und Augenpartie eines menschlichen Gesichtes.
    Gereinigtes Fußboden-Fragment. Erkennbar sind Stirn und Augenpartie eines menschlichen Gesichtes.
    Tobias Breu
    Fachhochschule Potsdam

    Blick auf den Arbeitsplatz auf der Nordempore der Klosterkirche St. Marien und Cyprian in Nienburg
    Blick auf den Arbeitsplatz auf der Nordempore der Klosterkirche St. Marien und Cyprian in Nienburg
    Tobias Breu
    Fachhochschule Potsdam


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students
    Art / design, Cultural sciences, History / archaeology
    transregional, national
    Research projects
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).