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Sauberes Wasser ist nicht nur eine unverzichtbare Grundbedingung für das menschliche Überleben, sondern auch ein bedeutender Standortfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung ganzer Regionen. Der Klimawandel erschwert weltweit zunehmend die verlässliche Wasserversorgung. Bei den traditionellen Wassertechnologien weist Deutschland im internationalen Vergleich eine hohe Innovationkraft auf. Angesichts von Herausforderungen wie Extremwetterereignissen mit Starkregen und Dürren oder Schadstoffbelastungen sind neue Impulse erforderlich, damit Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit erhalten und ausbauen kann. Eine neue Studie zeigt, wie Innovationen im Wasserbereich angeregt werden können.
Der Klimawandel verändert die Niederschläge in Deutschland spürbar. Trockenperioden, aber auch Starkregenereignisse und andere Wetterbedingungen, bspw. höhere Temperaturen, führen dazu, dass es regional immer wieder zu Problemen mit zu wenig oder zu viel Wasser kommt. Hinzu kommen Qualitätsprobleme: Nährstoffe und Mikroschadstoffe in Gewässern und Grundwasser schränken die verfügbaren Wasserressourcen ein.
Im Auftrag der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) haben Forschende des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI eine Studie zu Innovationen in der Wasserwirtschaft erarbeitet. Darin haben sie die technologische Leistungsfähigkeit der deutschen Wasserwirtschaft im internationalen Vergleich analysiert sowie die innovationsfördernde Wirkung von preislichen Maßnahmen und anderen Politikinstrumenten auf Wasserverschmutzung und Wasserknappheit untersucht. Die Studie zeigt auf, welche Instrumente geeignet sind, um Innovationen im Wasserbereich zu fördern und notwendige Transformationen voranzubringen.
Innovationskraft und Leistungsfähigkeit Deutschlands auf relativ hohem Niveau
Bei der Analyse der Leistungsfähigkeit und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und Forschungsinstitutionen zeigte sich u. a., dass sich der Anteil Deutschlands an den wasserwirtschaftlich relevanten Patentanmeldungen im Vergleich zu den 1980er Jahren mehr als halbiert hat. Mit einem Anteil von elf Prozent liegt Deutschland hier aber noch auf dem vierten Rang hinter den USA, China und Japan, dicht gefolgt von Südkorea. Vor allem China und Südkorea haben ihre Patentanteile seit den 1990er Jahren zulasten anderer Länder wie USA, Japan und Deutschland stark erhöht.
Die Forschung und Entwicklung in Deutschland zeigt seit einigen Jahren eine verstärkte Dynamik bei innovativen Einzelverfahren (z.B. Mikroschadstoffe, Meerwasserentsalzung) sowie in den Bereichen Nachhaltigkeit und blau-grüne Infrastrukturen.
Beim Außenhandel rangierte Deutschland 2021 mit 13 Prozent der Welthandelsanteile im Wasserbereich an zweiter Stelle hinter China, aber deutlich vor den USA. Besonders stark ist Deutschland bei Technologien im Bereich des Hochwasserschutzes vertreten, hier wird ein Welthandelsanteil von 20 Prozent erreicht. Zielländer für deutsche Exporte im Wasserbereich liegen mehrheitlich in der EU bzw. OECD.
Um die Positionierung Deutschlands im internationalen Wettbewerb zu stärken und gleichzeitig die sich wandelnden Herausforderungen zu adressieren, sind neue Impulse erforderlich. Die anstehenden Herausforderungen, allen voran die Klimafolgen mit Wasserknappheit und Überflutungsereignissen sowie die Belastung der Gewässer mit Schadstoffen, erfordern sektorübergreifende Lösungsansätze und zielgerichtete Lenkungsinstrumente.
Wasserknappheit mit preislichen und institutionellen Instrumenten begegnen
Schwindende Grundwasserressourcen und zunehmende Nutzungskonflikte können temporär oder regional Reduktionen des Wasserverbrauchs nötig machen. Dynamische Wasserpreise, die Wasserknappheiten widerspiegeln, wären grundsätzlich analog zu entsprechenden dynamischen Tarifen im Strommarkt denkbar und könnten technische Innovationen für die Wassereffizienz fördern.
Als institutionelle Innovation zum Umgang mit Wasserknappheit wurden Wasserhandelssysteme untersucht, in denen Akteure mit Entnahme- oder Nutzungsrechten handeln können. Beispiele dafür finden sich in den USA, Australien oder Spanien, dem bisher einzigen EU-Land mit einem Wasserhandelssystem. Aus den untersuchten Beispielen schließen die Forschenden, dass der Handel mit Wasserrechten unter bestimmten Voraussetzungen ein Instrument zur ökonomisch effizienten Nutzung von Wasserressourcen sein kann. Genauere Untersuchungen zu Praktikabilität und möglicher Ausgestaltung wären aber notwendig. Analog zu ähnlichen institutionellen Innovationen, z.B. vor Einführung des Emissionshandels in der EU, könnten Planspiele in ausgewählten Wassereinzugsgebieten durchgeführt werden.
Abwasserabgabe reformieren für bessere Wirkung gegen Wasserverschmutzung
Um Wasserverschmutzungen zu vermeiden oder zu verringern und dadurch die Wasserqualität zu verbessern, sind verschiedene technische und nicht-technische Maßnahmen denkbar, bspw. weitergehende Verfahren zur Abwasserreinigung oder ambitionierte Maßnahmen zur Minderung der Schadstoffeinträge an der Quelle. Die Abwasserabgabe kann bei sinnvoller Ausgestaltung eine Lenkungswirkung entfalten und derartige Innovationen begünstigen.
Mit Blick auf die gewünschte Innovationswirkung unterstützen die Ergebnisse der Untersuchungen die aktuell diskutierten Reformoptionen, bspw. die Abwasserabgabe am Verursacherprinzip zu orientieren sowie die Schadparameter zu überarbeiten und so die neuen Problemlagen zu integrieren.
Ferner wäre eine Pestizidabgabe auf Pflanzenschutzmittel nach dem Vorbild anderer europäischer Länder (z.B. Skandinavien, Frankreich, Schweiz) denkbar. Eine solche Abgabe kann innovationsfördernde Wirkung entfalten, indem sie nicht nur zu einem verringerten Einsatz von Pestiziden führt, sondern gleichzeitig Innovationsanreize bei Landwirtschaft und Herstellern sowie neuen Akteuren setzt.
Transformationen und integrierte Ansätze fördern
Weil Wasser für Haushalte, Industrie, Land- und Energiewirtschaft gleichermaßen unverzichtbar ist, sind bei wasserwirtschaftlichen Belangen unterschiedliche Sektoren sowie eine Vielzahl von Akteuren und Rechtsgebieten betroffen. Die Autor:innen der Studie fordern daher eine verstärkte Förderung transformativer Forschung in einem sektorübergreifenden Innovationssystem, um Technologien, vor allem aber auch institutionelle Innovationen gleichermaßen voranzubringen. Notwendig ist demnach unter anderem eine stärkere Fokussierung der Politik auf integrierte Lösungen in der Klimaanpassung und Schadstoff- bzw. Spurenstoffproblematik sowie auf die erforderlichen organisationalen und institutionellen Innovationen.
Fazit
Im weltweiten Vergleich beurteilen die Forschenden die Positionierung Deutschlands in der Innovationsdynamik des Wasserbereichs noch als gut, auch wenn China in den vergangenen Jahren stark aufgeholt hat. Zur guten Stellung Deutschlands auf dem Weltmarkt und zur starken Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller hat die jüngere Umwelt- und Innovationspolitik beigetragen, die Neuerungen gerade in zukunftsrelevanten Bereichen wie Mikroschadstoffen und Gewässerschutz begünstigt hat. Zur Stärkung der Position sind jetzt neue Impulse notwendig, die die großen Herausforderungen in ihrer Komplexität angehen.
Die sich stark ändernden Umfeldbedingungen treffen auf ein System, das in vielen Bereichen unter einem enormen Innovations- und Modernisierungsstau leidet und aufgrund der bisher relativ stabilen Bedingungen wenig Transformationserfahrung hat.
»Lenkungswirksame Politikinstrumente, zum Beispiel Fördermaßnahmen oder Abgaben, können – flankiert durch den Abbau nicht-lenkungswirksamer Abgaben – durch eine geeignete, verursachergerechte Ausgestaltung weiterentwickelt werden«, betont Dr. Jutta Niederste-Hollenberg, Projektleiterin am Fraunhofer ISI. »Die Integration anderer Sektoren und Innovationsfelder, etwa Digitalisierung/Data Science, Circular Economy, urbane Transformation und Landwirtschaft, kann wichtige systemische Innovationen institutionell wie technologisch voranbringen.«
Medienkontakt:
Anne-Catherine Jung
Leiterin Presse und Kommunikation
Telefon +49 721 6809-100
E-Mail: presse@isi.fraunhofer.de
Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI analysiert Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Wir erforschen die kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innovationsprozessen und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen. Auf dieser Grundlage stellen wir unseren Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven für wichtige Entscheidungen zur Verfügung. Unsere Expertise liegt in der fundierten wissenschaftlichen Kompetenz sowie einem interdisziplinären und systemischen Forschungsansatz.
Dr.-Ing. Jutta Niederste-Hollenberg
Projektleiterin
Abteilung Nachhaltigkeit und Infrastruktursysteme
Telefon +49 721 6809-115
E-Mail: jutta.niederste-hollenberg@isi.fraunhofer.de
https://www.e-fi.de/fileadmin/Assets/Studien/2025/StuDIS_09_2025_.pdf
https://www.isi.fraunhofer.de/de/presse/verteiler/anmeldung-presseverteiler.html Anmeldung für Presseverteiler des Fraunhofer ISI
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Economics / business administration, Environment / ecology, Oceanology / climate, Politics
transregional, national
Research results
German
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