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03/05/2025 14:21

Alte und neue Transposone: Wasserlinsen markieren den Unterschied

Barbara Weigel Communications & Partnerships
Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI)

    Transposone, sogenannte springende Gene, sind eine Gefahr für das Genom. Deshalb verhindern im Pflanzen im Gegenzug, dass springende Gene mobil werden und sich erneut in das Genom einfügen. Spirodela polyrhiza, der älteste Vertreter der Wasserlinsengewächse, nutzt einen bisher wenig untersuchten epigenetischen Mechanismus zur Markierung von „alten“ Transposonen ohne DNA-Methylierung, wie Forscher:innen aus der Gruppe von Arturo Marí-Ordóñez am Gregor-Mendel-Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in einer neuen Studie zeigen, die am 5. März in Genome Research veröffentlicht wurde.

    In allen eukaryotischen Zellen findet ein ständiges Katz-und-Maus-Spiel statt: Transposone, die auch als springende Gene bezeichnet werden, weil sie sich im Genom bewegen können, bedrohen das Genom der Zelle, indem sie Mutationen und Re-Arrangements im Genom verursachen. Um ihr Genom zu schützen, versuchen Pflanzen Transposone stillzulegen, indem sie die transposonhaltige DNA so verdichten, dass sie für die zelluläre Maschinerie unzugänglich wird. Dafür verwenden Pflanzen verschiedene epigenetische Markierungen, wie z.B. DNA-Methylierung oder Modifikationen der Histonproteine, die die DNA organisieren und verpacken. Diese beiden Markierungen verstärken sich gegenseitig und bewirken dadurch ein zuverlässiges und stabiles Stilllegen der Transposone.

    Im Laufe der Zeit degenerieren diese stillgelegten Transposone und zerfallen in Fragmente. Diese „alten“ oder degenerierten Transposone sind nicht mehr in der Lage zu springen und können daher keine Schäden mehr im Genom verursachen. Ihre Anhäufung und ihre repetitive Natur können aber weiterhin genomische Neuanordnungen und Re-Arrangements verursachen. Um das zu verhindern, werden auch degenerierte Transposone durch DNA-Methylierung und Histonmodifikation unter Kontrolle gehalten: also mit denselben Mechanismen, die ihre ursprüngliche Stilllegung bewirkten.

    Forscher:innen der Gruppe von Arturo Marí-Ordóñez am Gregor-Mendel-Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften fanden nun heraus, dass Spirodela polyrhiza – das älteste Mitglied der Wasserlinsen-Familie – „alte“, degenerierte Transposone überraschenderweise nicht mit DNA-Methylierung markiert: Stattdessen kommt eine bisher wenig untersuchte epigenetische Markierung zum Einsatz, die in Spirodela im Gegensatz zu anderen Pflanzen unabhängig von der DNA-Methylierung bestehen bleibt. Die neuen Erkenntnisse der Forscher:innen ergänzen die konventionellen Modelle der Transposonregulierung und unterstreichen, wie wichtig es ist, eine Vielzahl unterschiedlicher Modellorganismen zu untersuchen.

    Einfach und doch wirksam

    Wasserlinsen – kleine Wasserpflanzen, die Teiche bedecken – wurden im Laufe der Evolution immer einfacher und einfacher. Sie vermehren sich nicht mehr durch sexuelle Fortpflanzung, sondern asexuell durch häufiges Klonen. Dieser evolutionäre Weg hat dazu geführt, dass Spirodela polyrhiza, die von Marí-Ordóñez untersuchte Art, wichtige Gene verloren hat, die an Entwicklungsprozessen beteiligt sind.

    Obwohl Spirodela ein ähnlich großes Genom mit einem ähnlichen Transposongehalt aufweist wie die Modellpflanze Arabidopsis thaliana, haben Forscher:innen im Genom von Spirodela bemerkenswert niedrige Methylierungswerte beobachtet. Trotz dieser geringen Methylierung gelingt es Spirodela, Transposone in Schach zu halten, was zeigt, dass AUCH blühende Pflanzen Transposone ohne DNA-Methylierung regulieren können.

    Beim Vergleich von Spirodela mit Arabidopsis entdeckten die Forscher:innen, dass bei Spirodela einige Proteine fehlen, die in anderen Pflanzen für die DNA-Methylierung gebraucht werden. Erstaunlicherweise konnten Marí-Ordóñez und sein Team trotzdem beobachten, dass Spirodela DNA-Methylierung und Histonmodifikationen für die Stilllegung von kürzlich integrierten intakten Transposonen verwendet. Das sind dieselben Markierungen, die auch von anderen Pflanzen genutzt werden. Wenn aber Transposone in Spirodela degenerieren, verlieren sie alle Stilllegungsmarkierungen bis auf eine – eine bisher wenig untersuchte Art von Histonmodifikation, die ebenfalls mit dem Transposon-Silencing in Verbindung steht. „Wir haben zum ersten Mal gezeigt, dass einige Blütenpflanzen Heterochromatin-Markierungen auch ohne DNA-Methylierung aufrechterhalten können“, erklärt Arturo Marí-Ordóñez. „Die einzigartige epigenetische Landschaft von Spirodela könnte mit ihrer Fortpflanzungsstrategie zusammenhängen, die auf einer schnellen klonalen Vermehrung beruht.“

    Winzige Pflanzen, enormes Potenzial

    Die Ergebnisse des Teams deuten darauf hin, dass Spirodela sich darauf konzentriert, potenziell aktive Transposone still zu legen, die eine klare Bedrohung für die Integrität des Genoms darstellen, aber nicht fragmentierte Transposone. Die Forscher:innen wollen nun herausfinden, wie Spirodela epigenetische Markierungen auf degenerierten Transposonen ohne DNA-Methylierung aufrechterhält. „Die spezifische Rolle dieser epigenetischen Markierung ist nach wie vor unbekannt, könnte aber wichtig sein, um zu verstehen, wie andere Wasserlinsen und andere Pflanzen mit Transposonen umgehen. Somit kommen wir ein Stück näher zur Lösung des Rätsels, wie Pflanzen ihr Genom verteidigen“, so Arturo Marí-Ordóñez.

    Abgesehen von ihrer Rolle als Modellpflanze in der Grundlagenforschung haben sich Wasserlinsen in jüngster Zeit zu einem leistungsfähigen biotechnologischen Werkzeug entwickelt: Ihre simple Bauweise und ihre schnelle Ausbreitung machen Wasserlinsen zu einer idealen Produktionsplattform für die nachhaltige Herstellung von Arzneimitteln, Biokraftstoffen und sogar Nahrungsmitteln. Neue Erkenntnisse über die genetischen Funktionen von Wasserlinsen ermöglichen auch die Weiterentwicklung biotechnologischer Strategien. Dadurch könnte das große Potenzial dieser kleinen Wasserpflanzen für die Biotechnologie noch besser genutzt werden.


    Contact for scientific information:

    Sylvia Weinzettl 
    Dr. Bohr-Gasse 3, 1030 Wien 
    T: +43 1 79044 – 4403 
    Mail: sylvia.weinzettl@gmi.oeaw.ac.at 
    gmi.oeaw.ac.at


    Original publication:

    Atypical epigenetic and small RNA control of degenerated transposons and their fragments in clonally reproducing Spirodela polyrhiza. Rodolphe Dombey, Daniel Buendía-Ávila, Verónica Barragán-Borrero, Laura Diezma-Navas, Arturo Ponce-Mañe, José Mario Vargas-Guerrero, Rana Elias, Arturo Marí-Ordóñez. doi: 10.1101/gr.279532.124.


    More information:

    https://www.oeaw.ac.at/gmi/detail/news/duckweed-differentially-marks-old-and-new...


    Images

    Spirodela polyrhiza, die älteste Wasserlinse, markiert neue und alte Transposonen unterschiedlich.
    Spirodela polyrhiza, die älteste Wasserlinse, markiert neue und alte Transposonen unterschiedlich.
    Adam Cooper / GMI
    Adam Cooper / GMI


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology
    transregional, national
    Research results
    German


     

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