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Wissenschaft
Bei der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) wächst der Druck, Regelungen für den Tiefseebergbau zu verabschieden. Während einige ISA-Mitgliedsstaaten auf einen baldigen Beginn hoffen, fordert eine wachsende Zahl von Staaten mehr Zeit, um die Umweltauswirkungen des Rohstoffabbaus zu erforschen und einen angemessenen Regelungsrahmen zu entwickeln. Wie könnte ein solcher Aufschub rechtlich gestaltet werden und welche politischen Konsequenzen hätte er? Das analysiert ein Team von Forschenden um Pradeep Singh vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) in der Zeitschrift „Ocean Development & International Law“.
Eine beträchtliche Anzahl der 169 Mitgliedsstaaten der ISA hat sich für eine vorsorgliche Pause oder ein Moratorium für den Tiefseebergbau ausgesprochen. Viele von ihnen sahen sich wahrscheinlich gezwungen, dies zu tun, als der Inselstaat Nauru im Jahr 2021 eine Vertragsbestimmung auslöste, die als „Zweijahresregel“ bekannt ist. Diese Bestimmung verpflichtet die ISA, innerhalb von zwei Jahren Vorschriften für den Tiefseebergbau zu auszuarbeiten und zu verabschieden. Die Behörde hat es jedoch nicht geschafft, vor Ablauf der Frist Vorschriften zu erlassen. Viele Staaten und Beobachter sind besorgt, dass nun ein Antrag auf den Abbau von Rohstoffen eingereicht werden könnte, ohne dass es eine Regelung gibt.
Noch viele Fragen offen
Da viele offene Fragen noch weiter diskutiert werden müssen, ist eine geeignete rechtliche Maßnahme erforderlich, um den Abbau von Rohstoffen zu verzögern. Umweltbelange stehen bei den Forderungen nach einem Moratorium oder einer vorsorglichen Pause für den Tiefseebergbau im Vordergrund, aber es gibt noch weitere Lücken, die geschlossen werden müssen, bevor Bergbauaktivitäten ordnungsgemäß reguliert, bewertet und genehmigt werden können. Diese beziehen sich auf Forschung, Technologie, Regulierung, institutionelle und verfahrenstechnische Unklarheiten und weitere Governance-Fragen.
Den Forschenden zufolge ist die Rechtsgrundlage für einen Aufschub des Tiefseebergbaus im internationalen Recht eindeutig vorhanden, da die Staaten viele Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten haben, denen sie erst noch nachkommen müssen, bevor solche Aktivitäten verantwortungsvoll aufgenommen werden können. „Es gibt mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Begriffen ‚vorsorgliche Pause‘ und ‚Moratorium‘ als Unterschiede. Die Wirkung ist wichtiger als die Bezeichnung oder die Terminologie“, sagt Pradeep Singh. Sowohl eine Pause als auch ein Moratorium bei der ISA könnten - im Einklang mit dem Vorsorgeansatz - den Übergang von der Exploration zur Ausbeutung der Rohstoffe effektiv verzögern.
Aufschub kann unbeabsichtigte Folgen haben
Die Autoren beschreiben ein Moratorium als einen formellen und verbindlichen Stopp. Es hat im internationalen Recht erhebliches Gewicht und erfordert in der Regel eine förmliche Vereinbarung oder Resolution. Angesichts der Interessenlage und der Tendenz der ISA, auf Konsensbasis zu arbeiten, könnte dies in nächster Zeit schwierig zu erreichen sein.
Eine vorsorgliche Pause kann als rechtlich schwächere Maßnahme angesehen werden, da sie auf informellen Vereinbarungen beruhen kann und weichere Parameter aufweist. Aus pragmatischen Gründen könnte die ISA dies jedoch vorziehen, da sie auf weniger Widerstand stoßen könnte und die Absicht beibehalten würde, die erforderlichen Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln und die akzeptablen Parameter zu definieren, um sie in Zukunft anzuwenden. Die Option eines Moratoriums könnte dann zu einem späteren Zeitpunkt in Betracht gezogen werden, wenn sich herausstellt, dass ein zweckmäßiger Rechtsrahmen für die verantwortungsvolle Steuerung von Förderaktivitäten nicht erreichbar ist. Die Forschenden weisen darauf hin, dass die Position des ISA-Rates und vieler Staaten bereits deutlich macht, dass der kommerzielle Bergbau nicht beginnen sollte, wenn es keine Vorschriften gibt, und dass mehr Zeit und Wissen erforderlich ist, um einen starken, durchsetzbaren und robusten Rahmen zu entwickeln.
Die Entscheidung für eine Verzögerung könnte jedoch auch unbeabsichtigte Folgen haben, räumen die Autoren ein. Dazu gehören mögliche geopolitische Spannungen oder die Verlagerung der Aufmerksamkeit auf den Tiefseebergbau in Gebieten unter nationaler Gerichtsbarkeit. Dennoch kommen sie zu dem Schluss, dass die Vorteile einer Pause jede Entscheidung für eine kommerzielle Nutzung des internationalen Meeresbodens überwiegen.
Verhandlungen ziehen sich in die Länge
Angesichts der vielen offenen Fragen, die noch verhandelt werden müssen, und des Mangels an wissenschaftlichen Erkenntnissen, die als Entscheidungsgrundlage dienen könnten, erscheint ein Abschluss der Verhandlungen in diesem Jahr unwahrscheinlich. „Es ist unvermeidlich, dass der Fahrplan überarbeitet werden muss“, sagt Singh. Die Verhandlungen würden sich noch weiter in die Länge ziehen, wenn im Laufe des Jahres ein Antrag auf Ausbeutung gestellt wird, ohne dass eine Regelung vorliegt. Unabhängig von der Terminologie oder dem Etikett, das verwendet wird, sei es ein logischer und verantwortungsvoller Weg, die Aufnahme von Ausbeutungstätigkeiten zu verschieben, bis die Bedingungen erfüllt sind.
Pradeep Singh
pradeep.singh@rifs-potsdam.de
Singh, P., Jaeckel, A., & Ardron, J. A. (2025). A Pause or Moratorium for Deep Seabed Mining in the Area? The Legal Basis, Potential Pathways, and Possible Policy Implications. Ocean development and international law, 56(1), 18-44. https://doi.org/10.1080/00908320.2024.2439877
Staaten, die bei der ISA ihren Standpunkt zum Tiefseebergbau artikuliert haben
RIFS@GFZ
Criteria of this press release:
Journalists
Economics / business administration, Environment / ecology, Oceanology / climate, Politics
transregional, national
Research results
German
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