idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
04/10/2025 09:15

Leitfähigkeit ist Visitenkarte der Schrittmacherkanäle

Dr. Uta von der Gönna Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Jena

    Physiologen des Universitätsklinikums Jena (UKJ) untersuchten mit Einzelkanalmessungen die Leitfähigkeit von Schrittmacher-Ionenkanälen, die die rhythmische Aktivität von Nerven- oder Herzmuskelzellen steuern. Sie zeigen, dass diese charakteristisch für die vier Kanaltypen ist und erklären gemeinsam mit Biophysikern aus Berlin die Ursachen der spezifischen Leitfähigkeiten auf molekularer Ebene. Diese funktionelle Unterscheidbarkeit bietet einen Ansatz, bestimmte Kanäle zielgerichtet mit Wirkstoffen anzusprechen.

    Ionenkanäle sind keine starren Öffnungen, durch die Kalium- oder Natrium-Ionen die Zellmembran passieren. Sie besitzen wie Katzenklappe oder Autotür verschiedene Größen, Öffnungsmechanismen und Durchlässigkeit. Die Zelle kann bei Bedarf auch neue Ionenkanäle bilden oder nicht benötigte abbauen. Die Kanäle bestehen aus Eiweißmolekülen in der Zellmembran, die durch Spannungsunterschiede oder das Andocken passender Botenmoleküle ihre Form so verändern, dass sie Ionen durchlassen können. Schrittmacher-Ionenkanäle steuern die rhythmische Tätigkeit von spezifischen Zellen, zum Beispiel die Kontraktion von Herzmuskelzellen und den Ruherhythmus bestimmter Nervenzellen im Tiefschlaf. Wie die Unruhe in einer Pendeluhr triggert ein Wechselspiel von Ladungstrennung und Ladungsausgleich in den Zellen lebenswichtige Prozesse in Herz und Hirn. Dadurch sind diese Ionenkanäle höchst interessante Angriffspunkte für spezifische Wirkstoffe.

    Die Kanäle bestehen aus je vier Proteinbausteinen, von denen es wiederum vier verschiedene gibt. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Klaus Benndorf erforschte detailliert die Funktionsweise der verschieden aufgebauten Schrittmacherkanäle. „Zur Leitfähigkeit der Schrittmacherkanäle gibt es in der Literatur nur wenige Untersuchungen mit sehr verschiedenen und teilweise nicht plausiblen Werten“, so der Direktor des Instituts für Physiologie II am Universitätsklinikum Jena. Das war der Anlass für die Vermessung von Ionenströmen durch einzelne Kanäle, die entweder aus gleichen oder verschiedenen Untereinheiten bestehen.

    Dazu untersuchte er an einem sogenannten Patch-Clamp-Messplatz den Stromfluss durch weniger als Tausendstel Quadratmillimeter kleine Stücke der Zellmembran von Froscheiern. In diesen war zuvor gentechnisch die Produktion der Kanalmoleküle einer bestimmten Bauart angeregt worden. Zeigten die gemessenen Stromspuren nur zwei Amplituden, so enthielt das Membranstück genau einen Kanal – entweder geöffnet oder geschlossen. So ließ sich die Leitfähigkeit für den spezifischen Kanal sehr genau bestimmen. „Die Leitwerte sind im Vergleich zu den meisten anderen Ionenkanälen außergewöhnlich klein, sie liegen bei etwa einem Picosiemens und darunter“, so Klaus Benndorf zum Ergebnis. „Sie galten lange als kaum messbar. Überraschenderweise unterscheiden sich die nun bestimmten Leitfähigkeiten zwischen den Kanaltypen bis zu dreifach, sie sind also ganz spezifisch für den jeweiligen Schrittmacherkanal.“ Die Leitwerte der Mischformen liegen dazwischen.

    Diese Unterschiede der Leitfähigkeiten liegen nicht in den Engstellen der Kanalpore begründet, wie die Biopysikerin Prof. Dr. Han Sun vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie in Berlin in anschließenden molekulardynamische Simulationen zeigen konnte. Verantwortlich dafür sind vielmehr negative Ladungen im Außenbereich der Kanäle, die die positiv geladenen Kalium-Ionen vermehrt in die Kanalpore führen. Klaus Benndorf: „Diese Messungen geben uns ein Instrument in die Hand, die Kanäle dieser klinisch sehr relevanten Kanalklasse im Gewebe zu unterscheiden. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung gewebespezifischer Medikamente.“


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Klaus Benndorf
    Institut für Physiologie II, Universitätsklinikum Jena
    E-Mail: Klaus.Benndorf@med.uni-jena.de


    Original publication:

    K. Benndorf et al. Subunit-specific conductance of single homomeric and heteromeric HCN pacemaker channels at femtosiemens resolution, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 122 (5) e2422533122, https://doi.org/10.1073/pnas.2422533122


    More information:

    https://zenodo.org/records/14278606/preview/Movie%201.%20K+%20pemeation%20in%20m... Molekülsimulation


    Images

    Ein Forschungsteam um den Physiologen Prof. Dr. Klaus Benndorf vom Uniklinikum Jena entdeckte unerwartete Spezifik der für Herz und Hirn wichtigen Schrittmacher-Ionenkanäle.
    Ein Forschungsteam um den Physiologen Prof. Dr. Klaus Benndorf vom Uniklinikum Jena entdeckte unerwa ...
    Michael Szabó
    Universitätsklinikum Jena


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).