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Wissenschaft
Das Freiburger Institut für Sonnenphysik (KIS) hat ein hochpräzises Messinstrument für das weltgrößte Sonnenteleskop auf dem Haleakalā-Berg auf Maui/Hawaii installiert: Den Visible Tunable Filter (VTF) für das Daniel K. Inouye Solar Telescope der U.S National Science Foundation (NSF). Nach eingehender Kalibration der optischen Elemente konnten erste Beobachtungsdaten der Sonne in zwei typischen Wellenlängen aufgenommen werden. Hiermit wurde die Funktionalität des Instrumentes unter Beweis gestellt. Außerdem bieten die Messungen erste Ausblicke auf die Bildqualität und auf die zu erwartenden wissenschaftlichen Erkenntnisgewinne für die Sonnenphysik weltweit in den nächsten Jahrzehnten.
Von Freiburg nach Maui (Hawaii)
Am Institut für Sonnenphysik werden einzigartige Hightech-Forschungsinstrumente für die detaillierte Erforschung der Sonne entwickelt, gebaut und betrieben. Dank dieser Instrumente ist es möglich, einerseits grundlegende astrophysikalische Fragen zu beantworten und andererseits den Einfluss der Sonne auf das Magnetfeld der Erde zu studieren. Hierzu wird das Licht mit hoher Präzision in seine einzelnen Farbanteile zerlegt und untersucht.
Mit dem jetzt fertiggestellten VTF kann die Dynamik des Sonnenplasmas in hoher Auflösung grundlegend untersucht werden. Ähnlich wie bei Wettervorhersagen auf der Erde wird es hierdurch zukünftig möglich sein, massive geomagnetische Störungen vorherzusagen, die durch Energieausbrüche auf der Sonne verursacht werden. Auf der zunehmend technisierten Erde können plötzliche Sonnenstürme zu verheerenden Schäden an der Satellitennavigation oder an Energienetzen führen. Um Forschungen für eine solche Vorhersage realisieren zu können, bedarf es optischer Bauteile, deren Oberflächen auf einzelne Atomlagen genau gefertigt sind, und einer Regeltechnik, welche mit der gleichen Präzision arbeitet.
Das Instrument
Jüngster Meilenstein der instrumentellen Arbeit am Institut ist die Entwicklung des VTF, einem bildgebenden Spektrometer für die polarimetrische Untersuchung kleinster magnetischer Strukturen auf der Sonne. Das Herzstück des Instrumentes sind zwei hochpräzise, durchstimmbare Fabry-Pérot-Interferometer (FPI, Abbildung 1), welche das Licht spektral mit einer Genauigkeit von wenigen Pikometern abtasten, was einem billionstel Meter entspricht.
Das Instrument liefert für jeden spektralen Abtastschritt zweidimensionale Intensitätskarten (Abbildung 2), welche zusätzlich noch mit einem Polarisator gefiltert werden. Hieraus können z.B. präzise Geschwindigkeits- und Magnetfeldkarten zum Studium der dynamischen Effekte der Sonne in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen erstellt und untersucht werden. Während einer Beobachtung werden dabei etwa 12 Millionen Spektren aufgenommen, welche zur Bestimmung von Temperatur, Druck, Geschwindigkeit und Magnetfeldstärke in verschiedenen Höhen der Sonnenatmosphäre dienen. Hierfür werden innerhalb weniger Sekunden mehrere hundert Bilder aufgenommen. Dank dieser Messungen können neue Erkenntnisse über die zeitliche Entwicklung der Sonnenatmosphäre gewonnen werden.
Mit dem Inouye-Sonnenteleskop sind Beobachtungen mit einer nie dagewesenen räumlichen Auflösung möglich, was zum einen an seiner Lage in über 3000 m Höhe am Gipfel des Haleakalā (Abbildung 3) liegt, zum anderen an der Größe des Hauptspiegels mit einem Durchmesser von 4 m. Hierdurch erschließt sich eine neue Welt der Wissenschaft. Das speziell für diese Anforderungen entwickelte Filterinstrument (VTF) kann diese aufgrund der hohen Oberflächengenauigkeit und Stabilität seiner Interferometer erforschen. Der spektrale Durchlassbereich eines FPIs definiert sich durch seinen Plattenabstand. Die Reflektivität der Plattenbeschichtungen definiert die Filterbreite. Zusammen mit der erreichbaren Abstandsregelgenauigkeit ergibt sich, dass für die nötige Empfindlichkeit des Instruments die Variation des Plattenabstands kleinskalig sein muss und über das gesamte aktive Bildfeld nur wenige Nanometer betragen darf.
Zur Veranschaulichung: Überträgt man diese Größenordnungen auf einen See mit 30 km Durchmesser, entsprächen die Abweichungen auf der Oberfläche einer maximalen Wellenhöhe von weniger als einem Millimeter. Besonders anspruchsvoll war die Entwicklung der Interferometer mit einem für ein Großteleskop benötigten Durchmesser. Nie zuvor war es gelungen, ein FPI mit einer aktiven Fläche von fast 0,3 m Durchmesser in der benötigten optischen Qualität zu bauen.
Zum Erfolg führte eine Kollaboration unter der Federführung des Freiburger Instituts, an der unterschiedliche, global tätige High-Tech-Firmen aus den Bereichen Optikfertigung, Oberflächenbeschichtung und Regeltechnik beteiligt waren. Das Design des Interferometers, der Bau der Mechanik und die Entwicklung der komplexen Regeltechnik lag vollständig in den Händen des Instituts. Besonders herausfordernd war die ineinandergreifende Koordination aller nötigen Arbeiten mit den beteiligten Partnern. Die Realisierung dieses anspruchsvollen Projekts wurde auch durch die erfolgreiche Zusammenarbeit mit internationalen Forschungseinrichtungen, in erster Linie mit dem NSF National Solar Observatory (NSO, USA), welches das Inouye-Sonnenteleskop betreibt, dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS, Deutschland) und dem Istituto Ricerche Solari Aldo e Cele Daccò (IRSOL, Schweiz) möglich.
Dr. Matthias Schubert
matthias.schubert@leibniz-kis.de
https://www.leibniz-kis.de/de/forschung/wissenschaftliche-instrumentierung/vtf/
https://nso.edu/telescopes/inouye-solar-telescope/
https://nso.edu/blog/vtf-shipment-arrives-at-inouye-solar-telescope/
https://nso.edu/for-public/nso-in-hawaii/
Abb. 1: Messaufbau erstes FPI. Die Glasplatten haben einen Durchmesser von 0,3 m. Der Spalt dazwisch ...
KIS
Abb. 2: Sonnenatmosphäre im Filtergrammkanal bei der Wellenlänge λ = 588,9 nm. In den dunkleren Bere ...
VTF/KIS/NSF/NSO/AURA
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
Mechanical engineering, Physics / astronomy
transregional, national
Cooperation agreements, Research results
German
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