idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
05/13/2025 09:14

Verstehen, wie und welche Proteine zusammenarbeiten

Franziska Schmid Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

    Teamarbeit ist bei Proteinen entscheidend. Aber welche Proteinteams in welchem Gewebe aktiv sind, ist kaum bekannt. Das ändert nun eine neue gross angelegte Untersuchung von Systembiolog:innen der ETH Zürich.

    Der menschliche Körper und seine Organe sind aus den verschiedensten Zelltypen zusammengesetzt. Obwohl alle Zellen dieselben Gene enthalten, funktionieren sie unterschiedlich – unter anderem deshalb, weil die Proteinwechselwirkungen in jeder Zelle anders sind.

    Forschende der ETH Zürich haben nun einen Atlas erstellt, der zeigt, welche Proteine in welchen Geweben zusammenarbeiten. Diese Erkenntnisse helfen, Krankheitsgene gezielter zu identifizieren und Medikamente zu entwickeln, die gezielt dort wirken, wo sie wirken müssen, und sonst nirgends.

    Die meisten Proteine arbeiten zudem nicht allein für sich, sondern im Team: Sie interagieren mit anderen Proteinen, etwa indem sie sich zu Komplexen zusammenlagern oder entlang von biochemischen Signalkaskaden.

    Um besser zu verstehen, wie Zellen in den unterschiedlichen Geweben oder Organen des Körpers funktionieren, müssen Wissenschaftler:innen deshalb zuerst herausfinden, welche Proteine zusammenarbeiten und wie sich deren Koordination von Zelltyp zu Zelltyp unterscheidet. «Kennen wir die spezifischen Protein-Interaktionen, verstehen wir besser, was eine Leberzelle von einer Hirnzelle unterscheidet», sagt Pedro Beltrao, Professor am Institut für Molekulare Systembiologie der ETH Zürich.

    Welche dieser Protein-Interaktionen universell im ganzen Körper vorkommen oder nur sehr spezifisch für ein bestimmtes Gewebe sind, ist jedoch nur ungenügend bekannt, unter anderem deshalb, weil es teuer, aufwändig und kompliziert ist, die Protein-Wechselwirkungen mit Laborexperimenten systematisch zu untersuchen.

    Riesige Datensätze durchgekämmt

    Beltrao und seine Mitarbeitenden haben deshalb den Weg über die Bioinformatik gewählt und bestehende Datensammlungen über das Proteom (die Gesamtheit aller Proteine, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Zelle vorhanden ist) genutzt.

    Für ihre Studie, die soeben in der Fachzeitschrift externe Seite Nature Biotechnology erschienen ist, durchkämmten die ETH-Forschenden Proteom-Daten von über 7800 menschlichen Biopsien. Anhand dieser riesigen Datensätze schlossen die Forschenden dann auf gewebespezifische Protein-Interaktionen in elf verschiedenen Gewebearten.

    Jede vierte Interaktion ist gewebespezifisch

    Die ETH-Forschenden haben gefunden, dass jede vierte Protein-Interaktion gewebespezifisch ist. Sie kommt beispielsweise nur im Lebergewebe vor, nicht aber in den übrigen zehn untersuchten Gewebearten. Beltrao führt die meisten Unterschiede zwischen Geweben auf Kompartimente zurück, die spezifisch für gewisse Zelltypen sind. Zellkompartimente sind abgegrenzte Bereiche innerhalb einer Zelle, in denen bestimmte Aktivitäten ablaufen. Ein Teil der Protein-Interaktionen findet denn auch in Kompartimenten statt.

    Eine besonders hohe Anzahl von gewebespezifischen Protein-Interaktionen kommen im Hirn und dessen Nervenverbindungen (Synapsen) vor. Um die Protein-Teams von Synapsen zu überprüfen, nutzten Beltrao und seine Kollegen Daten, die ETH-Professor Bernd Wollscheid in seinem Labor erhoben hatte.

    Bessere Medikamente, die gezielt wirken

    Interessant sind die Erkenntnisse unter anderem für die Pharmaforschung. Das Wissen über organspezifische Protein-Interaktionen hilft Forschenden, Krankheitsmechanismen besser zu verstehen und Krankheitsgene zu identifizieren, um die Medikamentenentwicklung zu verbessern.

    «Proteine, die im Team arbeiten, beeinflussen meistens auch die gleiche Krankheit», erklärt Beltrao. «Wenn wir also sagen können, welche Proteine beispielsweise ausschliesslich in Nervenzellen zusammenarbeiten, können wir jene Gene, die in die Krankheit involviert sind, besser definieren.»

    Heutige Medikamente können ein breites Wirkungsspektrum und dementsprechend unerwünschte Nebenwirkungen in Körperregionen, die nicht das therapeutische Ziel sind, haben. Die Erkenntnisse aus dieser Studie könnten Forschende dabei unterstützen, Wirkstoffe zu suchen, die organ- oder gewebespezifisch auf Proteine einwirken. Das erhöht die Medikamentensicherheit durch Spezifität.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Pedro Beltrao, ETH Zürich, beltrao(at)imsb.biol.ethz.ch


    Original publication:

    Laman Trip DS, van Oostrum M, Memon D et al. A tissue-specific atlas of protein–protein associations enables prioritization of candidate disease genes. Nature Biotechnology (2025). externe Seitedoi: 10.1038/s41587-025-02659-z


    More information:

    https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2025/05/verstehen-wie-...


    Images

    In Organen des menschlichen Körpers fanden ETH-Forschende Teams von Proteinen (gelbe Kugeln), die für das jeweilige Gewebe spezifisch sind.
    In Organen des menschlichen Körpers fanden ETH-Forschende Teams von Proteinen (gelbe Kugeln), die fü ...
    Diederik Laman Trip
    ETH Zürich


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).