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Wissenschaft
Der BRIESE-Preis für Meeresforschung geht in diesem Jahr an zwei Forschende: Tonke Strack vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften in Bremen, und Isabel Goßmann, während der Promotion am Oldenburger ICBM – Institut für Chemie und Biologie des Meeres, teilen sich die Auszeichnung für ihre herausragenden Dissertationen. Strack erforschte klimabedingte Veränderungen von Meeresplankton im Nordatlantik seit der letzten Eiszeit. Goßmann untersuchte Mikroplastik in marinen und atmosphärischen Umweltkompartimenten Nordeuropas. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wird von der Briese-Reederei gestiftet und vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) wissenschaftlich betreut.
„Der BRIESE-Preis für Meeresforschung wird in diesem Jahr zum 15. Mal verliehen – und hat nichts von seiner Relevanz verloren. Dass die Jury in diesem Jahr zwei Preistragende ausgezeichnet hat, ist ein Zeichen für die erneut starke Bewerberlage; ich werte dies außerdem auch als schöne Bestätigung für die anhaltende wissenschaftliche Strahlkraft der seegestützten Meeresforschung, die junge Talente immer wieder motiviert, sich wissenschaftlich für gesellschaftlich relevante Themen zu engagieren“, so Oliver Zielinski, Direktor des IOW anlässlich der diesjährigen BRIESE-Preisverleihung am IOW.
„Die beiden in diesem Jahr ausgezeichneten Dissertationen zeigen eindrucksvoll, was für einen nachhaltigen Datenschatz Meeresforschungsexpeditionen generieren“, sagt Klaus Küper, Leiter der Abteilung Forschungsschifffahrt der Reederei Briese. „Denn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können in immer neuen Fragekontexten darauf zurückgreifen und so in zeitlichen und räumlichen Dimensionen arbeiten, die weit über die einzelne Forschungsreise hinausgehen. Es freut mich sehr, dass wir mit unserem Preis nicht nur die Arbeit zweier begabter Forschender würdigen, sondern auch den Fokus der Öffentlichkeit auf den so entstehenden Wissensschatz lenken können“, so Küper weiter.
Zeugen des Klimawandels: Was winzige Fossilien über die Vergangenheit verraten
Tonke Strack erforschte in der Promotion, wie sich Planktongemeinschaften im Nordatlantik seit der letzten Eiszeit über die vergangenen 24.000 Jahre unter dem Einfluss von Klimaschwankungen verändert haben. Im Zentrum der Arbeit standen fossile Überreste winziger Planktonorganismen, die sich über die Jahrtausende im Sediment ablagern und gut identifizieren lassen. Die Artenzusammensetzung dieser Plankter reagiert empfindlich auf Umweltveränderungen und ermöglicht so Rückschlüsse auf frühere Meeresoberflächentemperaturen. Die Dissertation analysierte Verbreitungs- und Biodiversitätsmuster anhand eines umfangreichen Datensatzes, der aus der Untersuchung von insgesamt 37 Sedimentkernen stammt. Er wurde über mehr als vier Jahrzehnte bei 22 internationalen Forschungsausfahrten mit zehn verschiedenen Schiffen im gesamten Nordatlantik erhoben.
Die Ergebnisse von Tonke Stracks Arbeit zeigen asymmetrische, polwärts gerichtete Verlagerungen der Verbreitungsgebiete und das Auftreten neuer Planktongemeinschaften, insbesondere zu Beginn der heutigen Warmzeit. Auffällig ist, dass diese Veränderungen nicht allein durch Temperaturentwicklungen erklärbar sind – auch ökologische Wechselwirkungen spielen eine wesentliche Rolle. Die Arbeit stellt damit etablierte Annahmen in paläoökologisch basierten Klimafolgenmodellen infrage und unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Validierung von Temperaturrekonstruktionen.
Dr. Tonke Strack (Jahrgang 1987) studierte nach einer Tischlerlehre Geowissenschaften an der Universität Bremen und fertigte die Doktorarbeit am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen an. (Originaltitel der Doktorarbeit: Long-term response of marine plankton to climate change in the North Atlantic Ocean during the past 24,000 years; Abschluss: 11/2023, Bewertung: „Summa cum laude“, Betreuung: Prof. Dr. Michal Kucera, Universität Bremen). Seit September 2024 setzt Tonke Strack die Forschungsarbeit am MARUM als Postdoc fort.
Entschlüsselung von Prozessen und Mechanismen des (marinen) Mikroplastikkreislaufs
Im Rahmen ihrer Dissertation untersuchte Isabel Goßmann gezielt die Verteilung von Mikroplastik – Kunststoffpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 1 Millimeter – in nordeuropäischen Gewässern und in der Atmosphäre. Dazu setzte sie die Pyrolyse-Gaschromatographie-Massenspektrometrie ein, optimierte diese Methode für diesen Zweck und etablierte sie für die eine Analyse verschiedener Kunststoffarten, um sie zu identifizieren und quantitativ deren Masse zu bestimmen. Ein besonderer Fokus lag dabei auf Reifenabriebpartikeln, die sie erstmals differenziert nach Pkw- und Lkw-Bereifung erfasste.
Isabel Goßmann sammelte Proben auf vier Schiffsexpeditionen, wobei sie das Tiefenwasser, die Meeresoberfläche, die Meeresoberflächen-Mikroschicht und die Atmosphäre berücksichtigte – und dies auch in abgelegenen arktischen Regionen. Mit ihren Ergebnissen konnte sie belegen, dass Mikroplastik praktisch allgegenwärtig ist und sowohl vom Land als auch vom Meer aus in die Atmosphäre gelangt. Zudem zeigte sie, wie physikalische Faktoren wie Windrichtung, Strömungen und Grenzschichten zwischen Wasserkörpern unterschiedlicher Dichte die horizontale und vertikale Mikroplastik-Verbreitung beeinflussen. Auch herabsinkender, sogenannter Meeresschnee – Flocken aus abgestorbenem organischem Material – spielt eine Rolle beim Transport von Mikroplastik in die Tiefsee. Mit Ihrer Arbeit konnte Goßmann viele neue Erkenntnisse über die Quellen, Transportwege und das Verhalten von Mikroplastik in der Umwelt entschlüsseln und trägt so wesentlich zum Verständnis seines Weges und Verbleib in marinen Ökosystemen bei.
Dr. Isabel Goßmann (Jahrgang 1995) studierte Marine Umweltwissenschaften an der Universität Oldenburg und fertigte ihre Promotion am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg an. (Originaltitel der Doktorarbeit: Contributions to unravel the (marine) microplastic cycle – Improvements and application of pyrolysis-gas chromatography-mass spectrometry for simultaneous microplastic and tire wear particle analysis in the environment; Abschluss: 12/2023; Bewertung: „Summa cum laude“; Betreuung: Dr. Barbara Scholz-Böttcher, Prof. Dr. Heinz Wilkes und Prof. Dr. Oliver Wurl, alle Carl von Ossietzky Universität Oldenburg). Seit April 2024 forscht Goßmann an der Universität Aalborg (Dänemark) in der Arbeitsgruppe „Urban Pollution Research“.
Die BRIESE-Preis-Jury würdigt Tonke Stracks Promotionsarbeit folgendermaßen: „Tonke Strack hat eine herausragende wissenschaftliche Arbeit vorgelegt, die mit unerwarteten und zugleich bedeutenden Entdeckungen das Fachgebiet der paläobiologischen Klimafolgenforschung maßgeblich voranbringt. Durch die innovative Wiederverwendung vorhandener mikropaläontologischer Datensätze gelang es Strack, deren Potenzial voll auszuschöpfen, um Biodiversitätsveränderungen von Meeresplankton im Nordatlantik während des letzten großen globalen Klimawandels nachzuzeichnen. Die Ergebnisse wurden in führenden Fachjournalen veröffentlicht und mit dem Charles Downie Award der Micropalaeontological Society (TMS) ausgezeichnet.“
Das Jury-Urteil zu Isabel Goßmanns Dissertation lautet wie folgt: „Isabel Goßmann war maßgeblich an der Entwicklung wegweisender neuer Methoden zur Entnahme von Proben im marinen Nahoberflächenbereich und für die Mikroplastik-Analyse beteiligt. Besonders hervorzuheben ist ihr Beitrag zur Erfassung und Quantifizierung von Reifenabriebpartikeln – einer bislang weitgehend übersehenen, jedoch vermutlich dominanten Quelle von Mikroplastik in der Umwelt. Ihre Dissertation besticht durch wissenschaftliche Qualität und beeindruckende Breite. Mit neuen Erkenntnissen zu Mikroplastik in urbaner Luft, mariner Atmosphäre sowie in der oberen Wassersäule leistet sie einen substantiellen Beitrag zur Mikroplastikforschung und liefert neue Impulse für das Verständnis der Verbreitungswege und Umweltwirkungen dieser Partikel.“
Der BRIESE-Preis für Meeresforschung wird von der Reederei Briese Schiffahrts GmbH & Co. KG gestiftet, die für die Bereederung der mittelgroßen deutschen Forschungsschiffe, wie z. B. die ELISABETH MANN BORGESE, sowie der größeren Forschungsschiffe METEOR, MARIA S. MERIAN und SONNE zuständig ist. Das IOW betreut die Preisvergabe wissenschaftlich. Seit 2010 werden jährlich herausragende Promotionen in der Meeresforschung prämiert, deren Ergebnisse in engem Zusammenhang mit Forschungsschiff-Einsatz und der Verwendung und Entwicklung von Technik und / oder Datenerhebung auf See stehen.
Kontakte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:
IOW: Dr. Kristin Beck | Tel.: 0381 – 5197 135 | kristin.beck@io-warnemuende.de
Briese Research Forschungsschifffahrt: Sabine Kruse | Tel.: 0491 92520 164 | sabine.kruse@briese.de
Dr. Tonke Strack | MARUM, Universität Bremen | tstrack@marum.de
Dr. Isabel Goßmann | Aalborg University| isgo@build.aau.dk
Den BRIESE-Preis für Meeresforschung 2024 teilen sich Dr. Tonke Strack (Mitte links), und Dr. Isabel ...
K.Beck
IOW
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students
Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate
transregional, national
Contests / awards
German
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