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06/17/2025 12:04

Die „seltsame“ Seite der Atomkerne: Professor Alexandre Obertelli erhält ERC Advanced Grant

Bettina Bastian Science Communication Centre - Abteilung Kommunikation
Technische Universität Darmstadt

    Über sogenannte Hyperkerne, die zur sogenannten „seltsamen Mate-rie“ gehören, ist im Gegensatz zu normalen Atomkernen bislang wenig bekannt. Der Kernphysiker Alexandre Obertelli von der TU Darmstadt möchte das ändern. Sein Projekt „When antimatter meets strangeness: a new era for precision hypernuclear physics (HYPER)“ wird nun vom Europäischen Forschungsrat (ERC) für fünf Jahre mit einem Advanced Grant in Höhe von insgesamt 2,9 Millionen Euro gefördert.

    „Ich gratuliere Professor Alexandre Obertelli sehr herzlich zur Auszeichnung mit einem ERC Advanced Grant“, sagt die Präsidentin der TU Darmstadt, Professorin Tanja Brühl. „Diese erneute Auszeichnung belegt eindrücklich, dass Alexandre Obertelli – der als Alexander von Humboldt-Professor Mit-glied unserer Universitätsgemeinschaft wurde – wegweisende Beiträge zum Verständnis unseres Universums und seiner elementaren Bestandteile leistet. Er ist ein visionärer Vordenker auf dem Gebiet der Kernphysik, der überzeugt neue Wege beschreitet. Mit seiner international sichtbaren Forschung trägt er dazu bei, noch unerforschte Phänomene rund um Atomkerne zu entschlüsseln und zu verstehen.“

    Der Großteil der sichtbaren, elementaren (sogenannten hadronischen) Mate-rie im Universum besteht aus den leichtesten Bausteinen, den Up- und Down-Quarks. Es gibt jedoch auch schwerere Quarks wie das Strange-Quark, das in sehr dichter Kernmaterie – etwa im Inneren von Neutronensternen – eine wichtige Rolle spielen könnte. Auch wenn solche Teilchen auf der Erde nicht natürlich vorkommen, so können sie im Labor erzeugt und untersucht wer-den.

    Teilchen aus der Familie der Baryonen – zu der auch Protonen und Neutro-nen gehören – , die mindestens ein Strange-Quark enthalten, werden als Hy-peronen bezeichnet. Hyperonen existieren nur sehr kurz (etwa 200 Billionstel Sekunden), bevor sie zerfallen, aber lange genug, um sich an normale Atom-kerne zu binden und sogenannte Hyperkerne zu bilden. Über die Wechselwir-kung von Hyperonen mit Protonen und Neutronen ist bislang wenig bekannt, da es kaum präzise Messdaten gibt.

    Das Forschungsprojekt „HYPER“ will dies nun mit einem neuen Ansatz än-dern: Die Wissenschaftler:innen wollen Hyperkerne mithilfe von Antiprotonen – den Antiteilchen der Protonen – erzeugen. Die Wechselwirkung eines An-tiprotons mit einem Atomkern setzt die Energie frei, die notwendig ist, um Hyperonen innerhalb des Kerns zu erzeugen und so Hyperkerne herzustellen. Mit dieser neuartigen Technik wollen Obertelli und sein Team einen bislang kaum erforschten Bereich der Kernphysik erkunden: die „seltsame“ Seite der Atomkerne. Insbesondere sollen die Hyperkerne spektroskopisch untersucht sowie in ihrer Grundzustandsenergie bestimmt werden. Dafür wollen die Forschenden Hyperkerne mit unterschiedlicher Neutronenzahl (sogenannte Isotope) analysieren, um mehr über die Wechselwirkung von Hyperonen mit Neutronen zu erfahren – was das Verständnis von Neutronensternen beeinflus-sen könnte.

    Im Mittelpunkt von „HYPER“ steht die Entwicklung eines neuen Detektors, der die Zerfallsprodukte von Hyperkernen präzise messen kann. Dieser soll an der Antimatter Factory des europäischen Teilchenphysiklabors CERN in Genf eingesetzt werden. Im Erfolgsfall könnte das Projekt den Grundstein für eine „Hyperkernfabrik“ in Europa legen.

    „HYPER“ wird in enger Zusammenarbeit mit Professorin Laura Fabbietti von der TU München (als Teil der Förderung), Dr. Piotr Gasik und Kolleg:innen von GSI/FAIR, Professorin Meytal Duer von der TU Darmstadt sowie den ALICE- und PUMA-Kollaborationen am CERN entwickelt. Das Projekt profi-tiert außerdem von einem engen Schulterschluss mit Theoretiker:innen des Instituts für Kernphysik (IKP) der TU Darmstadt.

    Zur Person
    Professor Alexandre Obertelli forscht seit 2017 an der TU Darmstadt, wo er im Oktober 2018 eine Alexander von Humboldt-Professur antrat. Zuvor ar-beitete der gebürtige Franzose am Institut für Grundlagenphysik (IRFU) des CEA Saclay. Seine Forschung umfasst Experimente an weltweit führenden Beschleunigeranlagen, wie der FAIR-Anlage für Antiprotonen- und Ionenfor-schung in Darmstadt, dem CERN in der Schweiz und der RIBF-Anlage des RIKEN-Instituts in Japan.
    Obertelli wurde bereits mit einem ERC Starting Grant und einem ERC Conso-lidator Grant ausgezeichnet. An der TU Darmstadt ist er geschäftsführender Direktor des Instituts für Kernphysik (IKP) sowie Koordinator des Profilthe-mas Nuclear Science innerhalb des Forschungsfelds Matter and Materials (M+M).

    ERC Advanced Grants
    Die ERC Advanced Grants werden vom Europäischen Forschungsrat (ERC) an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Fachrichtungen vergeben. Sie richten sich an etablierte, aktive Forschende mit herausragender wissen-schaftlicher Erfolgsbilanz. In der aktuellen Vergaberunde wurden 281 Grants bewilligt, 2.534 Anträge eingereicht.

    Über die TU Darmstadt
    Die TU Darmstadt zählt zu den führenden Technischen Universitäten in Deutschland und steht für exzellente und relevante Wissenschaft. Globale Transformationen – von der Energiewende über Industrie 4.0 bis zur Künstli-chen Intelligenz – gestaltet die TU Darmstadt durch herausragende Erkennt-nisse und zukunftsweisende Studienangebote entscheidend mit.
    Ihre Spitzenforschung bündelt die TU Darmstadt in drei Forschungsfeldern: Energy and Environment (E+E), Information and Intelligence (I+I), Matter and Materials (M+M). Ihre problemzentrierte Interdisziplinarität und der produktive Austausch mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik erzeugen Fort-schritte für eine weltweit nachhaltige Entwicklung.
    Seit ihrer Gründung 1877 zählt die TU Darmstadt zu den am stärksten inter-national geprägten Universitäten in Deutschland; als Europäische Technische Universität baut sie in der Allianz „Unite!“ einen transeuropäischen Campus auf. Mit ihren Partnern der Rhein-Main-Universitäten – der Goethe-Universität Frankfurt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz – entwickelt sie die Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main als global attraktiven Wissenschafts-raum weiter.
    www.tu-darmstadt.de

    MI-Nr. 26/2025, mih


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Physics / astronomy
    transregional, national
    Contests / awards
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