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Wissenschaft
Schriftliche Rügen gegen beide Mediziner*innen sowie einjährige Antragssperre für Fulda
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zieht erneut Konsequenzen aus wissenschaftlichem Fehlverhalten: Der Hauptausschuss der größten Forschungsförderorganisation und zentralen Einrichtung für die Selbstverwaltung der Wissenschaft in Deutschland hat im Rahmen der DFG-Jahresversammlung in Hamburg Maßnahmen gemäß der DFG-Verfahrensordnung zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten (VerfOwF) gegen die Mediziner*innen Professorin Dr. Simone Fulda von der Universität Kiel und Professor Dr. Klaus-Michael Debatin vom Universitätsklinikum Ulm beschlossen.
Gegen beide Wissenschaftler*innen sprach der Hauptausschuss eine schriftliche Rüge aus. Gegen Fulda verhängte er zudem einen einjährigen Ausschluss von der Antragsberechtigung bei der DFG.
Der Beschluss beendet die DFG-Untersuchung von Vorwürfen, die in einem hohen Maße auch mediale und öffentliche Aufmerksamkeit gefunden hatten. Fulda und Debatin wurden dabei unzulässige Duplikate und andere Manipulationen von Abbildungen in insgesamt mehr als 25 Publikationen seit den 1990er-Jahren vorgeworfen, an denen die Mediziner*innen gemeinsam und teilweise auch mit anderen Wissenschaftler*innen beteiligt waren. Die Vorwürfe waren der DFG um den Jahreswechsel 2023/24 angezeigt worden.
In der DFG befasste sich zunächst die Geschäftsstelle im Rahmen einer Vorprüfung mit den Hinweisen. Dabei ließen sich eine der in Rede stehenden Publikationen von Fulda sowie fünf Publikationen von Debatin nicht auf eine DFG-Förderung zurückführen. Im Anschluss daran befasste sich der Ausschuss zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens unter der Leitung von Generalsekretärin Dr. Heide Ahrens auf der Grundlage von mehreren gutachterlichen Stellungnahmen sowie persönlichen Anhörungen von Fulda und Debatin inhaltlich mit den Vorwürfen.
Die Untersuchung bezog sich dabei im Hinblick auf Simone Fulda auf elf Publikationen mit DFG-Förderbezug aus dem Zeitraum zwischen 2001 und 2019, bei denen sie an einer Publikation als Erstautorin sowie an zehn Publikationen als Mitautorin beteiligt war. Der Ausschuss stellte fest, dass davon acht Publikationen objektiv fehlerbehaftet sind. Klaus-Michael Debatin war an neun der untersuchten Publikationen als Mitautor beteiligt. Bei sechs dieser Publikationen stellte der Ausschuss auf objektiver Ebene Fehler fest.
In den fehlerbehafteten Publikationen waren Abbildungen entweder unerlaubt dupliziert oder etwa durch die Einsetzung einzelner Teile verändert worden, um wissenschaftliche Ergebnisse zu belegen. Bei drei überprüften Publikationen erwiesen sich die Vorwürfe hingegen auf objektiver Ebene als nicht begründet.
Hinsichtlich der subjektiven Vorwerfbarkeit stellte der Ausschuss bei Simone Fulda mit Blick auf sieben Vorwürfe in insgesamt fünf Publikationen grobe Fahrlässigkeit fest. Im Einzelnen sah der Ausschuss nach der jeweils einschlägigen DFG-Verfahrensordnung gegenüber Fulda bei vier Publikationen den Tatbestand der Mitautorschaft an einer fälschungsbehafteten Veröffentlichung und bei einer Publikation den Tatbestand der Manipulation einer Darstellung oder Abbildung als verwirklicht an. Bei Klaus-Michael Debatin stellte der Ausschuss bei drei Vorwürfen in insgesamt zwei Publikationen grobe Fahrlässigkeit fest. Dadurch habe er hinsichtlich zweier Publikationen den Tatbestand der Mitautorschaft an einer fälschungsbehafteten Veröffentlichung verwirklicht.
Simone Fulda hatte sich im Rahmen ihrer schriftlichen Stellungnahme sowie der Anhörung vor dem Ausschuss insbesondere darauf gestützt, dass zu vielen der Vorwürfe die zehnjährige Aufbewahrungszeit für Primärdaten bereits abgelaufen sei und diese Daten deshalb nicht mehr verfügbar seien. Ohne Primärdaten sei jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, ob Darstellungsfehler vorliegen. Der Ausschuss ist dem in dem ausgeführten Umfang nicht gefolgt, er gelangte in Teilen bereits allein aufgrund der verfügbaren Abbildungen, Publikationsdaten und Erkenntnisquellen zu der Überzeugung, dass die Abbildungen fehlerhaft seien. Ein Zustandekommen der Duplikate sei unter Wahrung guter wissenschaftlicher Praxis hier ausgeschlossen. Dies war nach der Einschätzung des Ausschusses feststellbar, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Primärdaten bedurfte.
Fulda hatte überdies argumentiert, die Vorwürfe beträfen lediglich „repräsentative Beispielabbildungen“; die Primärdaten seien nach den Versuchen stets von ihr überprüft worden und korrekt gewesen. Die Ähnlichkeiten in den ihr vorgelegten Abbildungen habe sie nicht als fragwürdig eingestuft, da die Abbildungen gerade ähnlich aussehen müssten und mit bloßem Auge oft nicht erkennbar sei, ob im Einzelnen Unterschiede bestehen. Bei den beanstandeten Fehlern lägen allenfalls „versehentliche Verwechslungen“ vor. Wo man dies zwischenzeitlich festgestellt habe, seien bei den jeweiligen Verlagen unverzüglich Errata eingereicht worden.
Der Ausschuss kam hingegen zu dem Schluss, dass es in den Konstellationen, in denen objektive Verstöße gegen Tatbestände wissenschaftlichen Fehlverhaltens festgestellt wurden, nicht nachvollziehbar sei, wie die Duplikate unerkannt bleiben konnten. Diese stellten sich im genannten Umfang als so offensichtlich dar, dass Fulda und Debatin sie auch in ihren Rollen als Senior- oder Korrespondenzautor*innen zwingend hätten erkennen müssen.
Klaus-Michael Debatin hatte sich unter Bezugnahme auf die aktuell gültige VerfOwF aus dem Jahr 2024 überdies auf eine Verjährung der Vorwürfe berufen. Für sein Verfahren gelten jedoch die zum Zeitpunkt des Abschlusses der jeweiligen Förderverträge geltenden VerfOwF, die eine Verjährungsregelung nicht vorsehen, sodass Verjährung hier nicht zu prüfen war.
Im Ergebnis schlug der Untersuchungsausschuss deshalb als geeignete und angemessene Maßnahmen gemäß der Verfahrensordnung der DFG gegen Simone Fulda den Ausspruch einer schriftlichen Rüge sowie einen einjährigen Ausschluss von der Antragsberechtigung bei der DFG vor. Gegen Klaus-Michael Debatin schlug er eine schriftliche Rüge vor. Dem entsprach der Hauptausschuss jetzt mit seinem Beschluss.
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Marco Finetti, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG, Tel. +49 228 885-2109, presse@dfg.de
Fachliche Ansprechperson in der DFG-Geschäftsstelle:
Martin Steinberger, Wissenschaftliche Integrität, Tel. +49 228 885-3204, wi@dfg.de
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