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07/09/2025 14:00

Mammographie-Screening verringert Brustkrebssterblichkeit deutlich

Rasmus Cloes Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie - BIPS

    Das vor 20 Jahren eingeführte Mammographie-Screening-Programm für Frauen von 50 bis 69 Jahren trägt deutlich zur Verringerung der Brustkrebssterblichkeit bei. Unter den Frauen, die an dem Screening teilnahmen, gingen die Brustkrebs-Todesfälle zwischen 20 und 30 Prozent zurück. Das zeigt eine Studie, an der das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS maßgeblich beteiligt war. Die Ergebnisse der Untersuchung stellten die Forschenden heute in Berlin bei einer Veranstaltung mit Bundesumweltminister Carsten Schneider und Bundesgesundheitsministerin Nina Warken vor.

    „Die Ergebnisse der Studie sind sehr wichtig, denn die bisherigen Empfehlungen zum Mammographie-Screening stützen sich auf Studien aus den 1970er- und 1980er-Jahren. Seitdem haben sich sowohl die diagnostischen Verfahren als auch die Therapie von Brustkrebs deutlich verbessert. Deshalb war es notwendig, den Nutzen des Mammographie-Screenings unter den heutigen Bedingungen neu zu untersuchen“, erklärt Prof. Dr. Ulrike Haug, Leiterin der Abteilung Klinische Epidemiologie und stellvertretende Institutsdirektorin am BIPS. „Unsere Ergebnisse bestätigen, dass die Teilnahme am Mammographie-Screening das Risiko, an Brustkrebs zu versterben, deutlich senkt. Dank des Einsatzes moderner Methoden der kausalen Inferenz sind die Ergebnisse sehr belastbar. Zum einen konnten wir Verzerrungen durch die Art des Studiendesigns vermeiden. Zum anderen konnten wir sicherstellen, dass die unterschiedlichen Risikoprofile zwischen Teilnehmerinnen und Nicht-Teilnehmerinnen adäquat berücksichtigt wurden. Umfassende begleitende Analysen bestätigten die Belastbarkeit unserer Ergebnisse. Bisher gibt es weltweit keine andere Beobachtungsstudie, die das Mammographie-Sceening so rigoros und methodisch fundiert bewertet hat.“

    Sie fügt an: „Für die Durchführbarkeit dieser Art von Studien sind Krankenkassendaten mit langer Beobachtungszeit unentbehrlich. Deshalb nahmen die am BIPS gepflegten Daten von vier gesetzlichen Krankenkassen eine zentrale Rolle ein. Diese hochwertige Datenbasis konnte für die Studie sogar noch um Daten der BARMER ergänzt werden, die an der Universität Bremen ausgewertet wurden. Dadurch konnten wir im kassenbasierten Ansatz insgesamt 37 Prozent der Frauen im anspruchsberechtigten Alter in Deutschland abdecken. Die Studie zeigt eindrucksvoll, welches Potenzial Krankenkassendaten für die Bewertung von Vorsorgemaßnahmen haben, vorausgesetzt, sie sind über lange Zeiträume verfügbar.“

    Neben dem kassenbasierten Ansatz, für den das BIPS zuständig war, gab es noch den sogenannten bevölkerungsbasierten Ansatz, der von der Universität Münster ausgewertet wurde. Dieser beschränkt sich zwar auf Nordrhein-Westfalen, umfasst jedoch vollzählig alle Frauen, die dort im Untersuchungszeitraum Anspruch auf Teilnahme am Mammographie-Screening-Program hatten. Dafür wurden Daten des Landeskrebsregisters Nordrhein-Westfalen und des dortigen statistischen Landesamts genutzt. Die beiden sich ergänzenden Ansätze waren damit sehr unterschiedlich, kamen aber zur gleichen Erkenntnis, nämlich dass die Brustkrebssterblichkeit durch das Screening um 20 bis 30 Prozent reduziert wird. Diese Übereinstimmung trotz der unterschiedlichen Datenquellen und Methoden bestätigt zusätzlich, dass die Ergebnisse sehr belastbar sind.

    „Wir waren beauftragt zu bewerten, ob das Mammographie-Screenings unter den heutigen Bedingungen einen Nutzen bringt“, ordnet Haug die Ergebnisse ein. „Der Nachweis des Nutzens ist entscheidend, denn ein Screening geht immer auch mit Nachteilen einher, wie möglichen Überdiagnosen oder, im Falle der Mammographie, einer Strahlenexposition. Diese Aspekte waren nicht Teil unserer Studie, sondern wurden bereits anderweitig bewertet. Unsere Erkenntnisse bekräftigen nun, dass sich auf der Seite des Nutzens nichts geändert hat und damit das Mammographie-Screening-Programm weiterhin eine zu empfehlende Maßnahme ist, um die Brustkrebssterblichkeit zu reduzieren.“

    Teilnahme senkt Sterberisiko

    Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jede achte Frau in Deutschland erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Für 18.500 Frauen pro Jahr endet die Erkrankung tödlich. Internationale Studien ließen zwar erwarten, dass mit einem Mammographie-Screening-Programm für Frauen von 50 bis 69 Jahren ein Teil der Brustkrebs-Todesfälle vermieden werden kann, aber diese Studien wurden vor langer Zeit und damit unter anderen Rahmenbedingungen durchgeführt.

    Die vom Bundesamt für Strahlenschutz koordinierte und von der Universität Münster federführend durchgeführte Studie untersuchte für das deutsche Mammographie-Screening-Programm, wie stark es die Brustkrebssterblichkeit tatsächlich verringert. Die Ergebnisse bestätigen, dass das Mammographie-Screening auch unter den heutigen Bedingungen einen deutlichen Nutzen bringt: Von den Frauen, die am Screening teilnahmen, starben im Vergleich zu den Nicht-Teilnehmerinnen 20 bis 30 Prozent weniger an Brustkrebs. Es konnte also etwa jeder vierte Todesfall durch eine frühzeitige Diagnose vermieden werden.

    Das Mammographie-Screening-Programm

    Das Mammographie-Screening-Programm ist das erste systematische Krebsfrüherkennungsprogramm nach europäischen Qualitätsstandards in Deutschland und das größte Screening-Programm in Europa. Frauen im anspruchsberechtigten Alter erhalten eine schriftliche Einladung zur Mammographie. Die Teilnahme ist freiwillig. Wer sich dafür entscheidet, kann die Untersuchung in einer von 95 zertifizierten Screening-Einheiten durchführen lassen. Das Programm richtet sich an symptomfreie Frauen. Frauen mit Symptomen oder mit vorangegangener Brustkrebserkrankung erhalten die nötigen Untersuchungen im Rahmen der regulären Krankenversorgung.

    Früherkennung mit Röntgenstrahlung nur mit Zulassung

    An augenscheinlich gesunden, also symptomfreien Menschen sind Röntgenuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nur dann erlaubt, wenn die Untersuchung durch das Bundesumweltministerium zugelassen wurde. Voraussetzung ist, dass der Nutzen das mit der Untersuchung verbundene Strahlenrisiko deutlich übersteigt. Für ein Mammographie-Screening-Programm für Frauen von 50 bis 69 Jahren fiel diese Bewertung Anfang der 2000er Jahre positiv aus. Seit 2018 ist das Bundesamt für Strahlenschutz für die Nutzen-Risiko-Bewertung zuständig.

    Über die Studie

    Die aus vier aufeinanderfolgenden Forschungsprojekten bestehende Studie wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz fachlich und administrativ koordiniert. Die eigentlichen Forschungsarbeiten führte die Universität Münster zusammen mit dem Landeskrebsregister Nordrhein-Westfalen, dem Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS in Bremen und dem SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen durch.

    Das Bundesumweltministerium, das Bundesgesundheitsministerium sowie die Kooperationsgemeinschaft Mammographie trugen gemeinsam die Kosten von rund 10 Millionen Euro. Über die grundsätzlichen Inhalte des Forschungsprojektes entschied ein Steuerungsgremium, das von einem unabhängigen Wissenschaftlichen Beirat beraten wurde.
    Der umfangreiche Ergebnisbericht (500 Seiten) mit detaillierter Darstellung der Methoden und Ergebnisse der Studie „Evaluation der Brustkrebsmortalität im deutschen Mammographie-Screening-Programm“ steht im Digitalen Online Repositorium und Informations-System DORIS unter der URN https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0221-2025062052653 zur Verfügung.

    Das BIPS – Gesundheitsforschung im Dienste des Menschen

    Die Bevölkerung steht im Zentrum unserer Forschung. Als epidemiologisches Forschungsinstitut sehen wir unsere Aufgabe darin, Gesundheitsrisiken zu erkennen und Konzepte zur Vorbeugung von Krankheiten zu entwickeln. Unsere Forschung liefert Grundlagen für gesellschaftliche Entscheidungen. Sie informiert die Bevölkerung über Gesundheitsrisiken und trägt zu einer gesunden Lebensumwelt bei.

    Das BIPS ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der 96 selbstständige Forschungseinrichtungen gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Personen. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 2 Milliarden Euro.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. sc. hum. Ulrike Haug
    Telefon: +49 (0)421 218-56-862
    E-Mail: haug@leibniz-bips.de


    Original publication:

    Der umfangreiche Ergebnisbericht (500 Seiten) mit detaillierter Darstellung der Methoden und Ergebnisse der Studie „Evaluation der Brustkrebsmortalität im deutschen Mammographie-Screening-Programm“ steht im Digitalen Online Repositorium und Informations-System DORIS unter der URN https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0221-2025062052653 zur Verfügung.


    Images

    Ulrike Haug
    Ulrike Haug

    Copyright: BIPS


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results
    German


     

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