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Wissenschaft
Forschende von Helmholtz Munich und der Technischen Universität München haben eine neue Methode entwickelt, um die Reaktionen auf Krebsbehandlungen in einzelnen Zellen zu verfolgen – ganz ohne Farbstoffe oder Marker. Ihre MiROM-Technologie ermöglicht die Echtzeitvisualisierung von Proteinveränderungen in lebenden Myelomzellen und liefert frühzeitige Einblicke in die Wirksamkeit der Therapie. MiROM erkennt fehlgefaltete Proteine, die einen wichtigen Indikator für die Reaktion auf die Krebsbehandlung darstellen. Dadurch bietet es einen schnelleren und präziseren Ansatz, um die Therapie für Patient:innen mit multiplem Myelom individuell anzupassen.
Fehler erkennen: Wie MiROM fehlgefaltete Proteine in Krebszellen aufspürt
MiROM (kurz für „mittlere Infrarot-Optoakustische Mikroskopie“) identifiziert Proteine, indem es mittlere Infrarotstrahlung nutzt, um molekulare Vibrationen zu detektieren – den natürlichen „Tanz“ der Moleküle innerhalb von Proteinstrukturen. Im Gegensatz zur optischen Spektroskopie, die die Lichtabsorption misst, erfasst die Optoakustik Ultraschallwellen, die entstehen, wenn Proteine Infrarotlicht absorbieren. Diese Absorption führt zu einer minimalen, lokalisierten Temperaturerhöhung, die eine vorübergehende Expansion des umgebenden Mediums und die Emission von Ultraschallwellen zur Folge hat. Durch die Analyse dieser Signale in Echtzeit kann MiROM strukturelle Veränderungen in Proteinen, wie etwa Fehlfaltungen, erkennen, indem es Verschiebungen in ihrem molekularen „Tanz“ identifiziert. Diese Fähigkeit liefert wertvolle Einblicke in die Reaktion von Krebszellen auf Behandlungen.
Überwindung der Grenzen bei der Bewertung der Myelomtherapie
Das multiple Myelom ist eine Blutkrebsart, die die Plasmazellen im Knochenmark befällt und zu abnormer Proteinproduktion, geschwächtem Immunsystem und Organschäden führt. Die traditionellen Methoden zur Bewertung der Myelombehandlung erfordern häufig große Zellproben, aufwendige Vorbereitungen und zeitintensive Messungen, was die rechtzeitige Überwachung der Reaktionen einzelner Patienten erschwert.
MiROM überwindet diese Herausforderungen, indem es Einzelzellen analysiert, nur wenige Proben benötigt und eine schnelle, nahezu sofortige Einschätzung der Behandlungseffektivität liefert.
„MiROM ermöglicht es, einzelne Zellen in Echtzeit zu analysieren, ganz ohne aufwändige Probenvorbereitungen, und liefert so rasche Einblicke, wie Behandlungen die Proteinstrukturen auf zellulärer Ebene beeinflussen“, erklärt Francesca Gasparin, Erstautorin der Studie. „Besonders gut kann MiROM die Bildung intermolekularer Beta-Faltblätter (Strukturen, die mit fehlerhaft gefalteten Proteinen in Verbindung stehen) sowie Apoptose, den programmierten Zelltod, erkennen. Diese Prozesse zeigen, ob Krebsbehandlungen wirksam sind oder ob eine Arzneimittelresistenz entsteht“, fügen Prof. Miguel Pleitez und Prof. Florian Bassermann, leitende Forscher der Studie, hinzu.
Durch die Analyse einzelner Zellen kann MiROM Unterschiede in der Reaktion auf Krebsbehandlungen eines Patienten aufdecken und so den Weg für eine personalisierte Therapie ebnen.
Ein Werkzeug, viele Einsatzmöglichkeiten
„Wir stellen uns den Einsatz von MiROM in der Arzneimittelprüfung, in diagnostischen Tests und bei der Patientenüberwachung zu Hause vor“, sagt Prof. Vasilis Ntziachristos, ebenfalls leitender Forscher der Studie. Der nächste Schritt wird die klinische Validierung in größeren Patientenkohorten sein, um diese Technologie in die tägliche medizinische Praxis zu integrieren.
Über die Forschenden
Prof. Vasilis Ntziachristos, Direktor des Bioengineering Centers sowie des Instituts für Biologische und Medizinische Bildgebung bei Helmholtz Munich. Zudem ist er Inhaber des Lehrstuhls für Biologische Bildgebung an der Technischen Universität München (TUM) und Gründungsmitglied sowie Mitglied des Board of Directors von TranslaTUM – dem zentralen Institut der TUM für translationale Krebsforschung. Bei TranslaTUM arbeiten Forschende aus Medizin, Ingenieur- und Naturwissenschaften eng zusammen, um Erkenntnisse aus der Krebsforschung rasch in klinische Anwendungen zu überführen.
Francesca Gasparin, Wissenschaftlerin am Institut für Biologische und Medizinische Bildgebung bei Helmholtz Munich und am Lehrstuhl für Biologische Bildgebung an der Technischen Universität München (TUM).
Prof. Miguel A. Pleitez, Gruppenleiter für Translationale Optoakustik am Institut für Biologische und Medizinische Bildgebung bei Helmholtz Munich, Lehrstuhl für Biologische Bildgebung an der Technischen Universität München (TUM), Gruppenleiter am TranslaTUM.
Prof. Florian Bassermann, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III (Hämatologie/Onkologie), TUM Klinikum, Technische Universität München (TUM), Gruppenleiter am TranslaTUM.
Über Helmholtz Munich
Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren sich auf umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich zählt rund 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de
Prof. Vasilis Ntziachristos
E-Mail: vasilis.ntziachristos@helmholtz-munich.de
Gasparin et al., 2025: Label-free protein-structure-sensitive live-cell microscopy for patient-specific assessment of myeloma therapy. Nature Biomedical Engineering. DOI: 10.1038/s41551-025-01443-3
https://www.nature.com/articles/s41551-025-01443-3
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Medicine
transregional, national
Research results
German
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