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07/17/2025 09:30

Inflation für alle Haushaltstypen unter oder bei Zielrate der EZB, weiterer EZB-Zinsschritt notwendig

Rainer Jung Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Hans-Böckler-Stiftung

    Neue Werte des IMK Inflationsmonitors

    Inflation für alle Haushaltstypen unter oder bei Zielrate der EZB, weiterer EZB-Zinsschritt notwendig

    Die Inflationsrate in Deutschland ist im Juni auf 2,0 Prozent gesunken und liegt damit genau beim Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Von neun verschiedenen Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden, hatten acht eine haushaltsspezifische Teuerungsrate unter dem Zielwert, der neunte direkt beim Inflationsziel.

    Konkret reichte die Spannweite im Juni von 1,5 bis 2,0 Prozent, der Unterschied lag also bei 0,5 Prozentpunkten, zeigt der neue Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.* Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Herbst 2022 betrug die Spanne 3,1 Prozentpunkte. Während Haushalte mit niedrigen Einkommen, insbesondere Familien, während des akuten Teuerungsschubs der Jahre 2022 und 2023 eine deutlich höhere Inflation schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, war ihre Inflationsrate im Juni 2025 wie in den Vormonaten gering: Der Warenkorb von Paaren mit Kindern und niedrigen Einkommen verteuerte sich um 1,5 Prozent. Auf 1,8 Prozent Inflationsrate kamen Alleinlebende mit niedrigen Einkommen. Alleinlebende mit mittlerem Einkommen wiesen mit 1,7 Prozent ebenfalls relativ niedrige Teuerungsraten auf (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

    Als einziger Haushaltstyp hatten im Mai Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen mit 2,0 Prozent eine Inflation direkt auf dem Niveau der EZB-Zielrate. Es folgten Paare mit Kindern und hohen Einkommen (1,9 Prozent). Ein wichtiger Faktor für das etwas höhere Niveau ist, dass bei diesen konsumstarken Haushaltstypen die niedrigeren Energiepreise weniger stark ins Gewicht fallen als bei Haushalten mit weniger Einkommen, deren Warenkörbe stärker durch Güter des täglichen Bedarfs geprägt sind. Zudem fragen Haushalte mit höheren Einkommen stärker Dienstleistungen nach, die sich derzeit noch merklich verteuern, wie Versicherungsdienstleistungen und soziale Dienstleistungen. Allerdings nimmt der Preisauftrieb bei Dienstleistungen mittlerweile etwas ab. Die vier anderen untersuchten Haushaltstypen, Paarfamilien, Alleinerziehende und Paare ohne Kinder mit jeweils mittleren Einkommen, sowie Alleinlebende mit höheren Einkommen, verzeichneten im Juni eine Inflationsrate von je 1,8 Prozent.

    -Zinssenkung könnte Aufwertungsdruck auf den Euro reduzieren-

    Im Jahresverlauf 2025 dürfte die Inflationsrate in Deutschland wie im Euroraum um den Wert von zwei Prozent schwanken, so die Erwartung von Dr. Silke Tober, IMK-Expertin für Geldpolitik und Autorin des Inflationsmonitors. Im kommenden Jahr dürfte die Teuerung dann unter dem EZB-Ziel liegen. Die Notenbank selber erwartet in ihrer jüngsten Prognose eine Inflationsrate von lediglich 1,5 Prozent in Deutschland und 1,6 Prozent in der Eurozone.

    Tober hält in dieser Situation eine weitere Leitzinssenkung durch die EZB für erforderlich, weil gleichzeitig die wirtschaftliche Entwicklung schwach ist und die Zollpolitik der US-Regierung für weitere konjunkturelle Belastungen sorgt. Die Zinsschritte der vergangenen Monate, zuletzt am 11. Juni auf 2,0 Prozent, hätten zwar für Entlastung gesorgt. Sie reichten aber noch nicht aus, zumal seit Jahresbeginn der Euro gegenüber dem US-Dollar um 13 Prozent aufgewertet hat, was die ohnehin verhaltenen Exportaussichten der Europäer bremst. Ein weiterer Zinsschritt solle „zeitnah“ erfolgen, erklärt die Ökonomin. „Eine kräftige Belebung der Konjunktur bei starker Binnennachfrage ist nicht nur zur Bewältigung der immensen Herausforderungen der kommenden Jahre erforderlich, sondern sie würde die Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands und des Euroraums verringern und könnte so zur Lösung des Zollkonflikts beitragen.“

    -Lebensmittel knapp 39 Prozent teurer als 2019-

    Das IMK berechnet seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und zur Methode unten). In einer Datenbank liefert der Inflationsmonitor zudem ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich Trends der Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken abrufen (Link unten).

    Die längerfristige Betrachtung illustriert, dass Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen von der starken Teuerung nach dem russischen Überfall auf die Ukraine besonders stark betroffen waren, weil Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Energie in ihrem Budget eine größere Rolle spielen als bei Haushalten mit hohen Einkommen. Diese wirkten lange als die stärksten Preistreiber, zeigt ein längerfristiger Vergleich, den Tober in ihrem neuen Bericht ebenfalls anstellt: Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke lagen im Juni 2025 um 38,8 Prozent höher als im Juni 2019, also vor Pandemie und Ukrainekrieg. Damit war die Teuerung für diese unverzichtbaren Basisprodukte mehr als dreimal so stark wie mit der EZB-Zielinflation von kumuliert 12,6 Prozent in diesem Zeitraum vereinbar. Energie war trotz der Preisrückgänge in letzter Zeit um 34,6 Prozent teurer als im Juni 2019.

    -Informationen zum Inflationsmonitor-

    Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.


    Contact for scientific information:

    Dr. Silke Tober
    IMK-Expertin für Geldpolitik
    Tel.: 0211-7778-336
    E-Mail: Silke-Tober@boeckler.de

    Rainer Jung
    Leiter Pressestelle
    Tel.: 0211-7778-150
    E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de


    Original publication:

    *Silke Tober: IMK Inflationsmonitor: Inflation sinkt im Juni 2025 auf 2,0 Prozent. Erneut schwächerer Preisauftrieb bei Dienstleistungen deutlich verringert. IMK Policy Brief Nr. 194, Juli 2025. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-009194

    Die PM mit Abbildung (pdf): https://www.boeckler.de/data/pm_imk_2025_07_17.pdf

    Ergebnisse des Inflationsmonitors in interaktiven Grafiken: https://www.imk-boeckler.de/de/imk-inflationsmonitor-51365.htm


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Economics / business administration, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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