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09/19/2025 09:07

Neue NRAHF-Direktorin appelliert an Politik und Gesellschaft / Herzregister hofft auf Rettung in letzter Sekunde

Karin Lange Wissenschaftskommunikation
Kompetenznetz Angeborene Herzfehler

    Seit 1. September 2025 ist Constanze Pfitzer wissenschaftliche Direktorin des Nationalen Registers für angeborene Herzfehler am Kompetenznetz Angeborene Herzfehler. Der Forschungsverbund steht vor einer Herkulesaufgabe. Das international renommierte Register für die mulizentrische Forschung steht seit 2025 ohne staatliche Mittel da. Bei Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen sorgt das für Unmut.

    Seit vielen Jahren forscht Constanze Pfitzer mit den Daten des Nationalen Registers für angeborene Herzfehler (NRAHF). Zum 1. September 2025 hat die Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin vom Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) die wissenschaftliche Leitung des Registers und des Kompetenznetzes übernommen. Die 36-jährige habilitierte Medizinerin hat sich den Ausbau der multizentrischen und interdisziplinären Forschung mit einer der weltgrößten Daten- und Biobanken für die Erforschung angeborener Herzfehler zur Aufgabe gemacht.

    Transfer in die Praxis soll beschleunigt werden

    In Deutschland leben weit über eine halbe Million Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler. Es ist die häufigste angeborene Organfehlbildung. Eins von 100 Kindern kommt damit zur Welt. „Über 90 Prozent der Neugeborenen erreichen heute das Erwachsenenalter – selbst bei einem schweren Herzfehler. Das ist ein enormer medizinischer Fortschritt“, sagt Constanze Pfitzer.

    Um etwa 5 Prozent jährlich steigt die Zahl der betroffenen Erwachsenen. Das stellt Medizin und Gesundheitswesen zugleich vor neue Herausforderungen: „Wir haben es mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Diagnosen zu tun. Vorsorge, Früherkennung und Behandlung müssen mit der gestiegenen Lebenserwartung der Patientinnen und Patienten Schritt halten können“, erklärt die neue NRAHF-Direktorin.

    Noch gebe es viele Fragezeichen zu Ursachen und Langzeitfolgen angeborener Herzfehler. „Dafür wird die Langzeitforschung mit dem NRAHF dringend gebraucht. Der rasche Transfer von Erkenntnissen in die Praxis ist dabei wesentlich. Und der könnte mit den neuen digitalen Technologien noch erheblich beschleunigt werden.“ Dafür setzt die Ärztin auf die weitere Digitalisierung des Registers. Ein erstes Pilotprojekt zur KI-gestützten Datenerfassung läuft bereits – gefördert von einer privaten Stiftung.

    Medizinische Register brauchen gesicherte Finanzierung

    Seit vielen Jahren erlaubt das Register Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachrichtungen und Institutionen mit seinem breiten Daten- und Probenschatz, gemeinsam Antworten zu drängenden Fragen zu finden. Viel davon ist bereits in Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften eingeflossen. Doch Unterhalt und Weiterentwicklung medizinischer Register kosten. Rund eine Million Euro jährlich wendet das Register dafür auf.

    Das streng regulierte Management der treuhänderisch verwalteten Daten und Proben von über 60.000 freiwillig Spendenden ist aufwändig. „Die langjährige staatliche Förderung durch das Bundesforschungsministerium hat dies bis zum vergangenen Jahresende maßgeblich mit ermöglicht“, betont Constanze Pfitzer. Doch dann scheiterte plötzlich die vorgesehene langfristige finanzielle Sicherung. Die geplante Anbindung des Registers an eine staatlich geförderte Forschungsinstitution kam nicht zustande. Damit ist die Zukunft der Forschung mit der Schlüsselressource derzeit ungewiss.

    Ende der Forschung ist keine Option

    „Uns droht ein dramatischer Rückschlag. Ohne gesicherte Finanzierung ist ab 2026 keine registerbasierte Forschung mehr möglich“, sagt Constanze Pfitzer. „Ein Ende dieser Forschung wäre für uns nicht hinnehmbar. Nicht zuletzt für die vielen Freiwilligen, die uns ihre Daten und Proben anvertrauen, wäre das Aus des Registers mehr als bitter. Sie tun das in der berechtigten Hoffnung auf eine verbesserte Versorgung und Lebensqualität bis ins hohe Erwachsenenalter, auch für künftige Generationen“, verdeutlicht die Wissenschaftlerin und Ärztin.

    Vielen scheint nicht klar zu sein, was das NRAHF leistet

    Der Förderstopp sorgt für Unmut auch unter den Patientinnen und Patienten. „Wir fühlen uns im Stich gelassen“, sagt Christina Pack. Die 45-jährige Juristin ist selbst betroffen und steht der Selbsthilfeorganisation Jugendlicher und Erwachsener mit angeborenem Herzfehler, JEMAH e. V., vor.

    Wie die insgesamt rund 9.000 Online- und Offline-Unterzeichnenden der von JEMAH e. V. im Verbund des Aktionsbündnis Angeborene Herzfehler gemeinsam mit den kardiologischen Fachgesellschaften und der kinderherzen Fördergemeinschaft Deutsche Herzzentren initiierten Bundestagspetition „Jedes Herz zählt“ hofft sie auf Aufklärung und auf Vernunft. „Vielen scheint nicht klar zu sein, was das Nationale Register seit Jahrzehnten für uns und die Gesellschaft leistet.“

    Hoffen auf Rettung in letzter Sekunde

    Noch gibt man am NRAHF die Hoffnung auf Rettung in letzter Sekunde nicht auf. Ein erneuter Antrag auf Weiterförderung wurde beim Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gestellt. „Wir hoffen auf baldige positive Rückmeldung, und darauf, dass der erforderliche Ausbau der digitalen Strukturen in Deutschland auch für die datensensiblen medizinischen Registern zügig vorangetrieben werden kann“, sagt NRAHF-Vorstandsvorsitzender Professor Anselm Uebing.

    Ein dafür noch unter der Regierung von Angela Merkel für das BMG erstelltes Gutachten listet das NRAHF unter den best-practice-Registern. Klar war schon damals: Für die Erforschung von neuen Therapien und zur Verbesserung und Überprüfung bereits etablierter Behandlungsverfahren sind Register wie das NRAHF unverzichtbar. „Jede Therapieverbesserung erhöht die Chance auf ein langes Leben bei guter Lebensqualität und entlastet am Ende unser Gesundheits- und Sozialsystem“, betont der Kieler Kinderkardiologe.

    Weiterführende Informationen für Ihre Recherche:

    Wer forscht mit dem Register? Finden Sie auf unserer Karte die beteiligten Kliniken vor Ort:
    https://www.kompetenznetz-ahf.de/forscher/forschen-mit-uns/wer-forscht-mit-dem-r...

    Mehr zu „Jedes Herz zählt“:
    https://www.jedes-herz-zaehlt.de


    Images

    Privatdozentin Dr. med. Constanze Pfitzer, neue wissenschaftliche Direktorin des Forschungsverbundes, warnt vor Aus für die Forschung mit dem Nationalen Register für angeborene Herzfehler.
    Privatdozentin Dr. med. Constanze Pfitzer, neue wissenschaftliche Direktorin des Forschungsverbundes ...
    Source: Sarah Paff
    Copyright: DHZC


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    attachment icon Die Pressemitteilung zum Download

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Politics, Social studies
    transregional, national
    Transfer of Science or Research
    German


     

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