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CISPA-Forscher Sarath Sivaprasad hat zusammen mit Hui-Po Wang und Mario Fritz vom CISPA sowie weiteren Kolleg:innen vom HIPS ein KI-Modell entwickelt, das Entwicklungsstörungen in der Embryonalentwicklung von Zebrafischen automatisch erkennen kann. Der Ansatz kombiniert einen groß angelegten, hochauflösenden Bilddatensatz mit einem Transformer-basierten Modell des maschinellen Lernens, um Toxizitätseffekte und Fruchtbarkeit mit hoher Genauigkeit und Effizienz zu identifizieren. Das Paper wird auf der 28. Internationalen Konferenz für Medical Image Computing and Computer Assisted Intervention (MICCAI) in Südkorea vorgestellt.
Die Anomalieerkennung ist schon seit einiger Zeit ein Schwerpunkt von Sivaprasads Forschung. „Im Maschinellen Lernen versteht man unter Anomalieerkennung den Prozess, Datenpunkte, Ereignisse oder Muster zu identifizieren, die erheblich vom erwarteten Verhalten abweichen“, erklärt er „Während des Trainings lernt das System, wie ‚normal‘ aussieht. Bei der Auswertung wird jede Probe danach bewertet, wie stark sie von diesem Normalbild abweicht. Im Gegensatz zur klassischen Klassifikation, die Eingaben bestimmten Kategorien zuordnet (z. B. Katze, Hund oder Auto), geht es bei der Anomalieerkennung darum, zwischen ‚A‘ und ‚nicht A‘ zu unterscheiden.“ In seiner aktuellen Veröffentlichung wird ein ähnliches Konzept auf die biomedizinische Forschung angewandt. „In diesem Fall haben wir eine Variante der Anomalieerkennung eingesetzt, um die Entwicklung von Zebrafisch-Embryonen zu beobachten“, erläutert der Forscher.
Zebrafisch: Ein kleiner Kraftprotz in der Wirkstoffforschung
„Zebrafische sind ein hervorragender Modellorganismus für die biomedizinische Forschung“, sagt Sivaprasad. „Das liegt an ihren durchsichtigen Körpern und den genetischen Ähnlichkeiten zum Menschen.“ Ihre schnelle Entwicklung und ihre Reaktionsfähigkeit auf Chemikalien machen sie ideal für Hochdurchsatz-Screenings zur Toxizitätsbestimmung, eine wichtige Methode in der Wirkstoffforschung. „Die Analyse ihrer Entwicklung beruht jedoch weiterhin stark auf fachkundiger manueller Begutachtung, was ein zeitaufwändiger und subjektiver Prozess ist.“ Die Herausforderung besteht darin, subtile Entwicklungsstörungen, die sich im Laufe von Bildsequenzen herausbilden, zuverlässig zu erkennen. „Bei bestehenden Datensätzen fehlt es sowohl an zeitlicher Abdeckung als auch an dem Umfang, der erforderlich ist, um groß angelegte Modelle zu trainieren“, ergänzt Sivaprasad.
Ein bahnbrechender Datensatz und ein Modell für die Zukunft
Um diesen Engpass zu überwinden, stellten Sivaprasads Kolleg:innen am HIPS zunächst einen der umfassendsten Bilddatensätze zur embryonalen Entwicklung des Zebrafischs zusammen – bestehend aus mehr als 185 000 mikroskopischen Aufnahmen. „Sie haben Zebrafisch-Embryonen auf Objektträgern platziert, sie unter dem Mikroskop beobachtet und ihre Entwicklung kontinuierlich erfasst“, erklärt er. Der Datensatz deckt zwei entscheidende Experimente ab:
• Fruchtbarkeitsklassifikation: 130 368 Bilder über 8-Stunden-Sequenzen zur Bestimmung der Lebensfähigkeit von Eiern.
• Toxizitätsbestimmung: 55 296 Bilder über 48 Stunden um die Wirkung toxischer Verbindungen zu erkennen.
Bilder zur Fruchtbarkeitsbestimmung wurden mit Sequenz-Labels versehen, während Entwicklungsanomalien fein abgestufte zeitliche Markierungen erhielten. Damit wurde ein wertvoller Benchmark für die Entwicklung und Testung automatisierter Tools geschaffen.
Transformer-basierte KI steigert die Genauigkeit
Im zweiten Schritt wurde ein KI-Modell mit diesem Datensatz trainiert. Sivaprasad entwickelte ein neues, Transformer-basiertes neuronales Netz, das sowohl die Struktur jedes einzelnen Bildes als auch die zeitlichen Veränderungen in den Sequenzen interpretieren kann. Die KI erreichte eine Genauigkeit von 98 % bei der Erkennung, ob ein Embryo befruchtet war, und 92 % bei der Erkennung von Entwicklungsanomalien, die durch die Exposition gegenüber einer toxischen Verbindung (3,4-Dichloranilin) verursacht wurden. Besonders wichtig ist, dass das Modell nachahmt, wie menschliche Expert:innen die Entwicklungsverläufe über die Zeit analysieren und so frühe Vorhersagen zur Toxizität ermöglicht.
Eine Plattform für zukünftige Innovationen
Der Datensatz und das Modell schaffen die Grundlage für zukünftige Forschung zur Toxizität in frühen Entwicklungsstadien und verbessern sowohl die Sensitivität als auch die Geschwindigkeit von Vorhersagen. „Derzeit untersuchen wir nur eine einzelne Chemikalie, um zu verstehen, wie Anomalien sich entwickeln. Unser Ziel ist es jedoch, dies auf eine gesamte Bibliothek von Chemikalien auszuweiten“, sagt Sivaprasad. Der vollständige Datensatz wird frei auf GitHub zur Verfügung gestellt, sodass andere Forschende ihn ohne Kosten nutzen und erweitern können. Ziel ist es, die Community sowohl der biomedizinischen- als auch der KI-Forschung zu befähigen, fortschrittlichere, effizientere und ethischere Methoden für das Toxizitäts-Screening zu entwickeln. „Der Datensatz ist eine wertvolle Ressource sowohl für die Machine-Learning-Community, um ihre Methoden zu bewerten, als auch für die biomedizinische Forschung, um die Wirkung verschiedener Wirkstoffe besser zu verstehen“, ergänzt Sivaprasad.
Sarath Sivaprasad, Hui-Po Wang, Anna-Lisa Jäckel, Jonas Baumann, Carole Baumann, Jennifer Herrmann, and Mario Fritz: Automated Detection of Abnormalities in Zebrafish Development, In: 28th International Conference on Medical Image Computing and Computer Assisted Intervention (MICCAI), 2025.
Visualisierung zum Paper "Automated Detection of Abnormalities in Zebrafish Development"
Copyright: CISPA
Criteria of this press release:
Journalists
Information technology
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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