idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Menschen mit Diabetes haben ein zwei- bis vierfach erhöhtes Risiko, daran zu erkranken. Denn Diabetes, besonders in Kombination mit Adipositas, gehört zu den wichtigsten Ursachen für oft über Jahre fortschreitende Gefäßschädigungen. Herzschwäche, Rhythmuserkrankungen oder Klappenprobleme können die Folge sein. Zum Weltherztag am 29. September erklären zwei Experten des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) und des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD), was Menschen mit Diabetes konkret für ihre Herzgesundheit tun können.
Viele Betroffene spüren die Gefahr lange nicht – bis Kurzatmigkeit oder akute Ereignisse wie Rhythmusstörungen, Schlaganfall oder Herzinfarkt auftreten. „Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel bei Diabetes schädigt sowohl kleine als auch große Blutgefäße – mit erheblichen Folgen für das gesamte Organsystem. Besonders das Herz ist dabei früh und häufig betroffen“, erklärt Prof. Michael Roden, wissenschaftlicher Geschäftsführer und Sprecher des Vorstands des DDZ sowie Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Internationale Herz-Kreislauf-Leitlinien stufen Menschen mit Diabetes deshalb grundsätzlich als Menschen mit Hochrisiko ein.
Herzerkrankungen können in vier Bereiche eingeteilt werden: Gefäßerkrankungen, Muskelerkrankungen, Klappenerkrankungen und Rhythmuserkrankungen. „Diabetes kann alle vier wesentlichen Areale des Herzens in Mitleidenschaft ziehen. Besonders häufig sind Gefäßerkrankungen, die sowohl die großen Herzkranzarterien als auch die kleinen Blutgefäße betreffen“, erklärt Prof. Malte Kelm, Direktor der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Ununterbrochen wird Blut in das Herz und wieder zurück in den Körperkreislauf gepumpt. „Besonders bei Typ-2-Diabetes ist häufig schon früh die Pumpfunktion des Herzens beeinträchtigt – eine schleichende Herzinsuffizienz kann die Folge sein“, fügt Kelm hinzu.
Gefahr beginnt schon vor der Diabetes-Diagnose
Aber auch Menschen mit Adipositas und/oder mit Prädiabetes, einer Vorstufe des Diabetes mit leicht erhöhten Blutzuckerwerten, haben eine erhöhtes Risiko. „Hier ist es weniger der erhöhte Blutzucker als die Blutfette und die Insulinresistenz, die bereits zu Gefäßschäden führen“, betont Roden. Bei einer Insulinresistenz wirkt das Hormon Insulin schlechter. Das hängt oft mit übermäßigem Bauchfett, chronischen Entzündungen und Bluthochdruck zusammen – Belastungen, die das Herz zusätzlich schwächen.
Nicht jeder Mensch mit Diabetes hat ein gleichhohes Risiko für Herzerkrankungen. „Unsere Forschung zeigt deutlich, dass Menschen bestimmter Diabetes-Subtypen deutlich früher und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickeln als andere“, erklärt Roden. „Die Einteilung in Subtypen hilft uns, Hochrisikogruppen frühzeitig zu erkennen und einzugreifen – durch engmaschigere Herzkontrollen, gezielte Gewichtsreduktion oder frühzeitige medikamentöse Schutzmaßnahmen.“
Wie kann man das Risiko für Herzerkrankungen senken?
„Zu einem gewissen Grad ist Herzgesundheit kein Zufall und lässt sich aktiv beeinflussen“, betont Kelm. Eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung mit weniger Kalorien schützt Gefäße und Stoffwechsel. Ebenso wichtig ist regelmäßige Bewegung – mindestens 150 Minuten Ausdauertraining pro Woche, ergänzt durch gezieltes Krafttraining. Eine konsequente Gewichtsregulation im Falle von Übergewicht entlastet Herz und Kreislauf und senkt zugleich Blutfette und verbessert die Insulinresistenz. Entscheidend ist auch eine gute Einstellung der Blutglukose sowie weiterer Werte: Der Blutdruck sollte bei Menschen mit Diabetes unter 130/80 mmHg liegen, das LDL-Cholesterin unter 70 mg/dl, bei zusätzlichen Risikofaktoren bei unter 55 mg/dl. Blutdruck und Blutfettwerte sollten regelmäßig kontrolliert werden. Wurden im Ultraschall Gefäßablagerungen nachgewiesen, empfehlen Kardiologinnen und Kardiologen, frühzeitig Medikamente einzunehmen, die die Funktion der Thrombozyten hemmen.
Wichtig ist eine frühzeitige gemeinsame Betreuung der Betroffenen. „Für Erwachsene mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes und weiteren Risikofaktoren (Bluthochdruck, auffällige Werte, genetische Veranlagung), gilt, dass eine kardiologische Erstuntersuchung nach der Diabetes-Diagnose wichtig ist“, erklärt Roden. Wurde eine Herzschädigung festgestellt oder bestehen neben dem Diabetes weitere Risiken für eine Herzerkrankung, sollten einmal im Jahr ein Herzultraschall und ein EKG gemacht werden. Bei erneuten Symptomen und Verdacht auf Verschlechterung sollten die Kontrollen engmaschiger erfolgen, so geben es internationale Leitlinien vor.
Wichtig: Auf Symptome achten und diese ernst nehmen
Problematisch ist, dass viele Herzprobleme lange unbemerkt bleiben. Symptome wie Kurzatmigkeit, plötzliche Leistungsschwäche, Brustschmerzen, Druckgefühl im Brustkorb, Herzstolpern oder starkes Schwitzen sollten deshalb unbedingt ernst genommen und sofort ärztlich abgeklärt werden. „Besonders Frauen mit Typ-2-Diabetes suchen häufig später ärztliche Hilfe als Männer, wodurch ihre Prognose oft ungünstiger ist“, weiß Kelm aus Erfahrung.
Um Herzerkrankungen zu behandeln, stehen heutzutage viele wirksame medikamentöse, interventionelle und chirurgische Therapien zur Verfügung. Um das Zusammenspiel von Herz und Diabetes noch besser zu verstehen, arbeiten das DDZ, das UKD und die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) im Kardio-Diabetes Forschungszentrum CARDDIAB künftig noch enger zusammen. Der Schwerpunkt wird auf präklinischer und klinisch-experimenteller Forschung mit Ausblick auf die Umsetzung in der Versorgung liegen.
Infokasten: Typ-1- und Typ-2-Diabetes – gleiches Risiko für Herzerkrankungen?
Typ-1-Diabetes: Menschen mit Typ-1-Diabetes erkranken meist im Kindes- und Jugendalter, typischerweise zwischen 5 und 15 Jahren, gelegentlich auch bis ins junge Erwachsenenalter. Zu Beginn ist ihr Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall noch relativ gering. Mit zunehmender Krankheitsdauer und insbesondere bei dauerhaft erhöhten Blutzuckerwerten entstehen jedoch Gefäßschäden, die das Risiko im Laufe der Jahre deutlich ansteigen lassen.
Typ-2-Diabetes: Menschen mit Typ-2-Diabetes sind häufig zusätzlich von Übergewicht, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen betroffen. Diese Kombination wird als metabolisches Syndrom bezeichnet und begünstigt schon früh die Entstehung von Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose). Ein wichtiger Punkt: Viele Betroffene haben bereits über Jahre hinweg einen Prädiabetes, also leicht erhöhte Blutzuckerwerte, bevor die eigentliche Diagnose gestellt wird. Schon in dieser Phase ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht, auch wenn der Diabetes noch nicht offiziell erkannt wurde. Deshalb ist das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder andere Herzprobleme bei Typ-2-Diabetes oft schon früh und deutlich erhöht.
Prof. Michael Roden, Deutsches Diabetes-Zentrum
Prof. Malte Kelm, Universitätsklinikum Düsseldorf
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Transfer of Science or Research
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).