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Wissenschaft
Der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 2025 geht an Shimon Sakaguchi, Mary E. Brunkow und Fred Ramsdell. Die drei Forschenden haben einen grundlegenden Mechanismus des Immunsystems entschlüsselt, der für die Aufrechterhaltung der immunologischen Balance entscheidend ist. Ihre Entdeckungen zur Funktion regulatorischer T-Zellen, sogenannter Tregs, bilden die wissenschaftliche Grundlage, um Fehlsteuerungen des Immunsystems besser zu verstehen und liefern damit wertvolle Anknüpfungspunkte für die Alternsforschung.
Stockholm/Jena. Regulatorische T-Zellen sind spezialisierte Immunzellen, die verhindern, dass das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift. Sie sorgen für die sogenannte Immuntoleranz – die Fähigkeit des Körpers, zwischen „eigen“ und „fremd“ zu unterscheiden. Dieses Gleichgewicht ist essenziell, um Autoimmunreaktionen und chronische Entzündungen zu vermeiden und um Organe und Gewebe langfristig funktionsfähig zu halten.
„Die Erkenntnisse, die mit dem Nobelpreis 2025 gewürdigt werden, verdeutlichen einen grundlegenden Prozess, der auch das Altern steuert: die Aufrechterhaltung der Immuntoleranz. Mit zunehmendem Alter versagen die Regulationssysteme, die Immunreaktionen in Schach halten, was zu Entzündungen, Gewebeschäden und einer verminderten Regenerationsfähigkeit führt. Das Verständnis und die Erhaltung der Treg-Funktion könnten daher der Schlüssel zur Verlängerung einer gesunden Lebensspanne sein.“ - Prof. Dr. Dario Riccardo Valenzano, Wiss. Direktor des Leibniz-Instituts für Alternsforschung (FLI)
Altern, Entzündung und Immunregulation
Mit zunehmendem Alter gerät das Immunsystem aus dem Gleichgewicht. Es reagiert empfindlicher auf Reize und zeigt eine dauerhafte, niedriggradige Entzündungsaktivität – auch ohne Infektion oder äußeren Auslöser. Diese chronische Grundaktivierung wird als Inflammaging bezeichnet, ein Prozess, der eng mit dem Altern und vielen altersbedingten Krankheiten verbunden ist.
Die Entdeckungen von Sakaguchi, Brunkow und Ramsdell liefern ein tieferes Verständnis dafür, wie regulatorische T-Zellen solche Fehlsteuerungen verhindern. Sie verdeutlichen, dass die Fähigkeit zur Selbstregulation des Immunsystems entscheidend ist, um Entzündungen zu begrenzen und die Gewebehomöostase zu erhalten.
Für das FLI - das Leibniz-Institut für Alternsforschung in Jena - sind diese Erkenntnisse von hoher Relevanz. Sie eröffnen neue Perspektiven darauf, wie Immunbalance und gesunde Gewebealterung miteinander verknüpft sind.
Die Preisträgerinnen und Preisträger
Shimon Sakaguchi (Japan)
Der Immunologe entdeckte in den 1990er-Jahren eine besondere Gruppe von T-Zellen (CD4⁺ CD25⁺), die heute als regulatorische T-Zellen bekannt sind. Diese Zellen verhindern Autoimmunreaktionen und sichern die Balance des Immunsystems. Sakaguchi ist Professor am Immunology Frontier Research Center der Universität Osaka.
Mary E. Brunkow (USA)
Die Molekularbiologin identifizierte das Gen Foxp3, das für die Entwicklung funktionsfähiger Tregs notwendig ist. Ihre Forschung an der sogenannten Scurfy-Maus, einem Modell für fehlgeleitete Immunreaktionen, lieferte entscheidende Hinweise auf die genetischen Grundlagen der Immuntoleranz. Brunkow ist heute Senior Program Manager am Institute for Systems Biology in Seattle.
Fred Ramsdell (USA)
Der Immunologe erforschte gemeinsam mit Brunkow die genetischen Ursachen von Autoimmunerkrankungen und trug wesentlich zur Entdeckung der zentralen Rolle von Foxp3 bei. Heute arbeitet er als wissenschaftlicher Berater bei Sonoma Biotherapeutics, einem Unternehmen, das neue Immuntherapien entwickelt.
Ein Impuls für die Alternsforschung
Auch wenn die diesjährigen Nobelpreisarbeiten in erster Linie der Immunologie zuzuordnen sind, haben sie weitreichende Bedeutung für die Alternsforschung. Ein besseres Verständnis der Mechanismen, die das Immunsystem im Gleichgewicht halten, kann helfen, altersbedingte Entzündungen zu verstehen und langfristig Strategien für gesundes Altern zu entwickeln.
Am FLI wird erforscht, wie Immunregulation und Zellkommunikation zur Erhaltung von Gewebehomöostase und Regenerationsfähigkeit beitragen – mit dem Ziel, die molekularen Grundlagen gesunden Alterns zu entschlüsseln und therapeutisch nutzbar zu machen.
Weitere Informationen:
https://www.nobelprize.org/prizes/medicine/2025/summary/
Nobel Prize in Physiology or Medicine 2025
Kontakt
Dr. Kerstin Wagner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 03641-656378, E-Mail: presse@leibniz-fli.de
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Hintergrundinformation
Das Leibniz-Institut für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI) in Jena ist eine von Bund und dem Freistaat Thüringen gemeinsam finanzierte Forschungseinrichtung in der Leibniz-Gemeinschaft. Am FLI wird international sichtbare Spitzenforschung zur Biologie des Alterns auf molekularer, zellulärer und systemischer Ebene betrieben. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus rund 40 Ländern erforschen die Mechanismen des Alterns, um dessen Ursachen besser zu verstehen und Grundlagen für Strategien zu schaffen, die gesundes Altern fördern. Weitere Informationen: http://www.leibniz-fli.de.
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 96 eigenständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften.
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Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - in Form der Leibniz-Wissenschafts-Campi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Die Leibniz-Institute unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 21.400 Personen, darunter 12.170 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das Finanzvolumen liegt bei 2,3 Milliarden Euro. (http://www.leibniz-gemeinschaft.de).
Illustration von Treg-Zellen.
Copyright: © The Nobel Committee for Physiology or Medicine. Ill. Mattias Karlén
Criteria of this press release:
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