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10/27/2025 09:00

Neue Struktur für die Elektronen-Autobahn

Gunnar Bartsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Topologische Isolatoren können die Grundlage für revolutionäre elektronische Bauteile sein. Da sie in der Regel nur bei sehr tiefen Temperaturen funktionieren, ist ihre praktische Anwendung bisher stark eingegrenzt. Forscher der Universität Würzburg haben jetzt einen topologischen Isolator entwickelt, der auch bei höheren Temperaturen funktioniert.

    Einen topologischen Isolator kann man sich vorstellen wie ein Material, das im Inneren ein perfekter Isolator ist – es leitet dort keinen Strom. An seinen Rändern jedoch verhält es sich wie eine nahezu verlustfreie „Elektronen-Autobahn“. Auf diesen Bahnen können sich Elektronen nahezu verlustfrei bewegen.

    Um die Analogie zu vertiefen: Diese Autobahnen besitzen getrennte Spuren für Elektronen mit unterschiedlichem „Spin“ – eine Art Eigendrehimpuls. Elektronen mit „Spin-Up“ bewegen sich in die eine Richtung, Elektronen mit „Spin-Down“ in die entgegengesetzte. Diese strikte Verkehrsordnung verhindert Kollisionen und damit Energieverluste. Das dahinterstehende Phänomen wird als Quanten-Spin-Hall-Effekt (QSHE) bezeichnet – ein Effekt, dessen erster experimenteller Nachweis ebenfalls an der Universität Würzburg gelang (https://idw-online.de/de/news226699).

    Ein Quantentopf mit drei Schichten

    Der Hauptvorteil dieser Eigenschaft liegt in der Möglichkeit des verlustfreien und spinpolarisierten Transports von Elektronen, was eine Grundlage für revolutionäre zukünftige elektronische Bauteile sein könnte. Obwohl dieser Effekt enormes Potenzial birgt, stand seine praktische Anwendung bisher vor erheblichen Herausforderungen, was vor allem daran liegt, dass topologische Isolatoren in der Regel nur bei äußerst tiefen Temperaturen ihre begehrten Eigenschaften zeigen – knapp über dem absoluten Nullpunkt von etwa minus 273 Grad Celsius.

    Ein Forschungsteam der Universität Würzburg hat jetzt in Kooperation mit Wissenschaftlern der Universität in Montpellier und der École Normale Supérieure in Paris einen topologischen Isolator entwickelt, der auch bei deutlich höheren Temperaturen den gewünschten Effekt zeigt: bei etwa minus 213 Grad Celsius, wie die Experimente zeigten. Verantwortlich dafür war ein Team um Professor Sven Höfling, Inhaber des Lehrstuhls für Technische Physik; gemeinsame Erstautoren sind Fabian Hartmann und Manuel Meyer.

    „Wir haben für unsere Experimente ein neues Materialsystem entwickelt und getestet: einen speziellen Quantentopf, der aus drei Schichten aufgebaut ist“, erklärt Sven Höfling. Indiumarsenid (InAs) bildet dabei die beiden äußeren Schichten der Dreifachstruktur. GaInSb, eine Legierung aus Gallium (Ga), Indium (In) und Antimon (Sb), bildet die mittlere Schicht. Diese speziell entwickelte Dreischichten-Struktur bietet nach Aussage der Physiker entscheidende Vorteile gegenüber früheren Ansätzen.

    Ein vielversprechender Kandidat für technologische Anwendungen

    „Bei den bisher verwendeten Materialien ist oft das Problem, dass sie eine zu geringe Bandlückenenergie haben“, sagt Fabian Hartmann. Man kann sich die Bandlückenenergie als eine Art „energetische Barriere“ vorstellen, die Elektronen überwinden müssen, um das Innere des Materials leitfähig zu machen. Eine größere Bandlückenenergie bedeutet demnach eine robustere Barriere, die auch bei höheren Temperaturen verhindert, dass das Innere leitfähig wird und die verlustfreien Randkanäle stört.

    Tatsächlich vergrößert die Verwendung einer GaInSb-Legierung die Bandlückenenergie des Materials. Gleichzeitig erzeugt das Hinzufügen einer dritten InAs-Schicht eine symmetrische Struktur, die Größe und Robustheit der Bandlückenenergie erheblich verbessert.
    „Unser System ist ein vielversprechender Kandidat für technologische Anwendungen, da es drei wesentliche Vorteile vereint“, sagt Manuel Meyer. Zum einen lasse es sich in großen Mengen und auf großen Flächen herstellen. Zum zweiten seien die Ergebnisse zuverlässig und wiederholbar. Und zum dritten sei das Material mit der bestehenden Silizium-Chip-Technologie kompatibel.

    Zusammenfassend ebnen diese Ergebnisse nach Ansicht der Physiker den Weg für die Entwicklung einer topologischen Elektronik. Diese könnte auch bei weniger extremen Temperaturen arbeiten und sich nahtlos in die etablierte Halbleitertechnologie integrieren lassen, was die Tür zu einer neuen Generation von energieeffizienten und leistungsstarken Geräten öffnet.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Sven Höfling, Lehrstuhl für Technische Physik, T: +49 931 31-83613, sven.hoefling@uni-wuerzburg.de


    Original publication:

    Quantum spin Hall effect in III-V semiconductors at elevated temperatures: Advancing topological electronics. Manuel Meyer, Jonas Baumbach, Sergey Krishtopenko, Adriana Wolf, Monika Emmerling, Sebastian Schmid, Martin Kamp, Benoit Jouault, Jean-Baptiste Rodriguez, Eric Tournie, Tobias Müller, Ronny Thomale, Gerald Bastard, Frederic Teppe, Fabian Hartmann, Sven Höfling. Science Advances, 2025, DOI: 10.1126/sciadv.adz2408


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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Electrical engineering, Materials sciences, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results
    German


     

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