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10/27/2025 11:37

Wie konstant ist die Feinstrukturkonstante?

Dr. Florian Aigner PR und Marketing
Technische Universität Wien

    2024 präsentierte die TU Wien die erste Atomkernuhr der Welt. Nun wurde gezeigt: Die Technik lässt sich auch einsetzen, um ungelösten Fragen der fundamentalen Physik nachzugehen.

    Thorium-Atomkerne lassen sich für ganz spezielle Präzisions-Messungen verwenden. Das hatte man jahrzehntelang vermutet, weltweit war nach den passenden Atomkern-Zuständen gesucht worden, 2024 gelang einem Team der TU Wien mit Unterstützung internationaler Partner der entscheidende Durchbruch: Der lange diskutierte Thorium-Kernübergang wurde gefunden. Kurz darauf konnte man zeigen, dass sich Thorium tatsächlich nutzen lässt, um hochpräzise Atomkern-Uhren zu bauen.

    Nun gelang der nächste große Erfolg bei der Hochpräzisions-Forschung an Thorium-Kernen: Wenn der Thorium-Kern zwischen unterschiedlichen Zuständen wechselt, ändert er leicht seine elliptische Form. Über die Verteilung der Protonen im Kern ändert sich damit auch sein elektrisches Feld – und das lässt sich so exakt messen, dass man dadurch die Feinstrukturkonstante besser als je zuvor untersuchen kann – eine der wichtigsten Naturkonstanten der Physik. Damit kann man nun der Frage nachgehen: Wie konstant sind die Grundkonstanten der Natur wirklich?

    Die Stärke der elektromagnetischen Kraft

    „Es gibt in der Natur - soweit wir wissen – nur 4 Grundkräfte; Gravitation, Elektromagnetismus, und die starke und schwache Kernkraft“ sagt Prof. Thorsten Schumm vom Atominstitut der TU Wien. „Jeder Grundkraft ist eine Fundamentalkonstante zugeordnet, die die Stärker der Kraft im Vergleich zu den anderen beschreibt.“

    Die Feinstrukturkonstante, mit einem Wert von ungefähr 1/137, legt die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung fest. Wäre sie anders, würden sich geladene Teilchen anders verhalten, chemische Bindungen würden anders funktionieren, Licht und Materie würden auf andere Art wechselwirken.

    „Normalerweise geht man davon aus, dass solche Konstanten universell sind – dass sie zu allen Zeiten und überall im Universum denselben Wert haben“, sagt Thorsten Schumm. „Es gibt aber auch Theorien, die vorhersagen, dass sich die Feinstrukturkonstante langsam ein kleines bisschen ändert oder sogar periodisch oszilliert. Das würde unser Bild der Physik völlig revolutionieren – aber um das herauszufinden, müssen wir Änderungen der Feinstrukturkonstante extrem präzise messen können. Das wird nun mit unserer Thorium-Kernuhr erstmals möglich.“

    Unterschiedliche Atomkern-Zustände – unterschiedliche elektrische Felder

    Thorium-Atomkerne können zwei verschiedene Zustände einnehmen – einen Grundzustand mit wenig Energie, und einen angeregten Zustand mit geringfügig höherer Energie. Den Unterschied zwischen diesen beiden Energiewerten kann man mit extrem hoher Genauigkeit messen, das ist auch die Basis für die Funktionsweise der Atomkern-Uhr.

    „Wenn der Atomkern seinen Zustand ändert, dann ändert sich auch seine Form und damit sein elektrisches Feld“, erklärt Thorsten Schumm. „Insbesondere der Quadrupol-Anteil des Felds ändert sich – das ist eine Zahl, die beschreibt, ob die Form des elektrischen Felds eher langgezogen ist, wie eine Zigarre, oder eher gequetscht, wie eine Linse.“ Wie stark sich dieser Wert ändert, hängt von der Feinstrukturkonstante ab. Man kann also durch exakte Beobachtung dieses Thorium-Übergangs messen, ob die Feinstrukturkonstante tatsächlich eine Konstante ist, oder ob sie ein kleines bisschen variiert.

    Die Thorium-haltigen Kristalle für das Experiment wurden am Atominstitut der TU Wien hergestellt, die Laserspektroskopie-Messungen wurden dann in Boulder, Colorado durchgeführt. „Wir konnten zeigen, dass unsere Methode Variationen der Feinstrukturkonstante um drei Größenordnungen, also rund um einen Faktor sechstausend, präziser detektieren kann als bisherige Methoden“, sagt Thorsten Schumm. „Das zeigt, dass der von uns entdeckte Thorium-Übergang nicht nur genutzt werden kann, um eine neue Generation von Hochpräzisions-Uhren zu bauen, sondern auch die Forschung an neuer Physik erlaubt, die bisher experimentell nicht zugänglich war.“


    Contact for scientific information:

    Prof. Thorsten Schumm
    Institute for Atomic and Subatomic Physics
    TU Wien
    Stadionallee 2, 1020 Wien
    +43-1-58801-141896
    thorsten.schumm@tuwien.ac.at


    Images

    Das Herzstück des Experiments: der Kristall, der Thorium-Atome enthält.
    Das Herzstück des Experiments: der Kristall, der Thorium-Atome enthält.
    Source: TU Wien
    Copyright: TU Wien


    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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