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Wissenschaft
Forschende der Universität decken Fälle in Amtszeiten der Bischöfe Marx und Ackermann auf. Außerdem wurde ihr Umgang mit Fällen der vorherigen Amtszeiten beleuchtet.
Seit 2022 forscht ein Team von Historikerinnen und Historikern an der Universität Trier zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen sowie hilfs- und schutzbedürftigen Erwachsenen durch Kleriker und Laien im Bistum Trier im Zeitraum von 1946 bis 2021. Nun haben die Forschenden ihren dritten Zwischenbericht veröffentlicht, der die Fälle in den Amtszeiten von Bischof Reinhard Marx (2001-2008) und Bischof Stephan Ackermann (2009-2021) beleuchtet. Das Projektteam – bestehend aus Prof. Dr. Lutz Raphael, Dr. Lena Haase, Alisa Alić und Sarah Baltes – hat in der Amtszeit Marx 21 Beschuldigte und Täter sowie mindestens 35 Betroffene identifiziert. Unter Bischof Ackermann konnten 16 Beschuldigte und 24 Betroffene festgestellt werden. Insgesamt wurden damit für den Zeitraum 1946 bis 2021 248 Beschuldigte und 734 Betroffene identifiziert.
Die Ergebnisse des Berichts basieren auf der Auswertung von 1279 Akten vor allem des Bistums, aber auch anderer Herkunft, sowie aus 30 Gesprächen mit Betroffenen, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen.
Entwicklungen und Veränderungen zwischen 2001 und 2021
Laut Bericht ist gegenüber der Amtszeit von Bischof Spital die Zahl der Täter zurückgegangen von 47 auf 37 unter Marx und Ackermann. Seit 2001 ist zudem kein neuer Fall eines Intensivtäters, also eines Beschuldigten, der 10 oder mehr Betroffene verantwortet, hinzugekommen. Auch die Zeit zwischen Tat und Meldung hat sich deutlich verkürzt. Diese positive Entwicklung sei der allgemein gesteigerten gesellschaftlichen Aufmerksamkeit für das Problem sexualisierte Gewalt zuzuschreiben. Es wurden aber auch innerhalb des Bistums professionellere Strukturen aufgebaut und eine bessere Fürsorge für Betroffene etabliert.
Deutlichen Verbesserungsbedarf sehen die Forschenden hingegen bei der Kommunikation mit Betroffenen, den Gemeinden und der Öffentlichkeit. Dazu kritisieren die Forschenden vor allem die unsystematische Aktenführung und die mangelhafte Informationsweitergabe zwischen Bistümern. Seitens der Personalführung wurden zudem Versetzungen in Pflegeheime oder Krankenhäuser nicht ausreichend kontrolliert, teilweise wurde die Fürsorgepflicht für die Täter noch höher gewichtet als das öffentliche Sicherheitsbedürfnis.
Umgang mit Missbrauchsfällen im Bistum
Wie in den vorherigen Zwischenberichten lag erneut ein Fokus des Forschungsprojekts darauf, anhand von Fallstudien zu beschreiben, wie die Verantwortlichen im Bistum mit den Missbrauchsfällen umgegangen sind. Dr. Lena Haase fasst das Ergebnis zusammen: „Deutlich wird in erster Linie, dass es lange Zeit kein schematisches Vorgehen, sondern eine Einzelfallprüfung gegeben hat, die zu einem nicht selten nachsichtigen Umgang mit den Beschuldigten führte. Teil des Lernprozesses innerhalb des Bistums war es nicht nur zu erkennen, dass diese Fälle keine Einzelfälle waren, sondern struktureller Natur. Vielmehr musste auch ein klarer Umgang erlernt werden.“
Als neue Aufgabe kam speziell unter Bischof Ackermann in der Doppelrolle als Ortsbischof und Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz die Aufarbeitung hinzu. Unter ihm übernahm die Institution Kirche die Verantwortung für das gesamte Geschehen, statt wie zuvor von Einzeltätern zu sprechen.
Universitätspräsidentin Prof. Dr. Eva Martha Eckkrammer unterstreicht die Qualität der wissenschaftlichen Untersuchung: „Die Forschenden der Universität Trier im Projekt zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen im Bistum Trier verfügen über umfassende Expertise in der Untersuchung komplexer historischer Themen und Zusammenhänge. Mit ihrer wissenschaftsgeleiteten minutiösen Spurensuche tragen sie entscheidend zur Aufklärung bei.“
Fortsetzung der Forschung bis 2026
Bis Ende 2026 werden die Forschenden der Universität Trier noch Fälle sexuellen Missbrauchs untersuchen, die in die Zeiträume von 1946 bis 1966 fallen. Spätestens 2027 soll der Abschlussbericht erscheinen.
Um ein möglichst umfassendes Bild zu gewinnen, will die Forschungsgruppe weiter über die Auswertung verfügbarer Akten hinauskommen. Dazu sind Gespräche mit Betroffenen sowie Zeitzeuginnen und Zeitzeugen (Eltern, Geschwister und Freunde von Betroffenen, Angestellte im Bistum und den Gemeinden sowie Gemeindemitglieder) von großer Bedeutung. „Es ist uns bewusst, dass es schwierig sein kann, über diese Erfahrungen zu sprechen und uns als fremde Personen ins Vertrauen zu ziehen. Wir würden uns freuen, wenn uns weitere Personen ihr Vertrauen schenken und somit dazu beitragen, sexuellen Missbrauch und sexualisierte Gewalt im Bistum Trier umfassend und detailliert aufarbeiten zu können“, sagt Lena Haase.
Dr. Lena Haase
Forschungsstelle SEAL
Mail: <smbtuni-trierde>
Tel. +49 651 201-3332
https://www.uni-trier.de/universitaet/news/beitrag?tx_news_pi1[action]=detail&am...
Symbolfoto vom Titel des Berichts
Source: Universität Trier
Copyright: Universität Trier
Criteria of this press release:
Journalists
History / archaeology, Religion, Social studies
transregional, national
Research projects, Research results
German

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