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Wissenschaft
Auf den Punkt gebracht:
• Neuer Regulationskreislauf: CHAPEROME wird untersuchen, wie molekulare Faltungshelfer, Chaperone genannt, die Translation aktiv regulieren.
• Gesunde Zellen: Das interdisziplinäre Forschungsteam will aufklären, wie Chaperone mit der Translationsmaschinerie zusammenarbeiten, damit Zellen funktionstüchtig bleiben, um sich an Stress oder veränderte physiologische Bedingungen anzupassen.
• Zehn Millionen Euro Förderung: Der European Research Council unterstützt das Projekt der Forschenden um Marina Rodnina (Göttingen), Johannes Buchner (München) und Judith Frydman (Stanford, USA) über einen Zeitraum von sechs Jahren.
Im Rahmen dieser Ausschreibung wurden 712 Vorschläge eingereicht, nur etwa jeder zehnte Vorschlag wurde für eine Förderung ausgewählt. Die erfolgreichen Projekte erhalten durchschnittlich jeweils 10,3 Millionen Euro. „Wir freuen uns sehr, dass wir mit unserem Projekt CHAPEROME in diesem hochkompetitiven Wettbewerb erfolgreich waren“, sagt Marina Rodnina, die als Direktorin am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen forscht und das Projekt koordiniert. Weitere Projektpartner*innen sind Johannes Buchner von der Technischen Universität München und Judith Frydman von der Stanford University (USA).
Die Forschenden werden mithilfe der bewilligten Fördermittel untersuchen, welche Aufgaben die Chaperone bei der Regulation der Translation spielen. „Wir glauben, dass ihre regulatorische Rolle hierbei bislang unterschätzt wird“, sagt Rodnina.
Dreifache Verantwortung
In der Translation stellen die Ribosomen nach dem in der mRNA verschlüsselten Bauplan die Proteine aus ihren Aminosäurebausteinen her. Ebenso wichtig wie die Zusammensetzung der Aminosäurekette eines Proteins sind seine räumliche Struktur und Dynamik. Erst wenn ein Protein in seine korrekte dreidimensionale Form einnimmt, kann es seine Aufgaben erfüllen. Chaperone spielen bei dieser Proteinfaltung eine Schlüsselrolle. Welche fatalen Folgen fehlgefaltete Proteine haben können, zeigen bisher unheilbare Leiden, die damit in Verbindung stehen, darunter die Alzheimer- und die Parkinson-Erkrankung. Darüber hinaus übernehmen Chaperone eine wichtige Rolle bei der Qualitätskontrolle von Proteinen. Sie erkennen fehlerhaft gefaltete Proteine und sorgen dafür, dass sie ihre richtige Form einnehmen. Falls dies misslingt, steuern die Chaperone den Proteinabbau. In der zellulären Abfallanlage werden die Proteine in ihre Aminosäurebausteine zerlegt und für die Produktion neuer Moleküle recycelt. So wird verhindert, dass sich Proteinmüll in der Zelle ansammelt und diese schädigt.
Diese drei lebenswichtigen Kernprozesse – die Translation, die Proteinfaltung und der Proteinabbau – muss eine Zelle genau regulieren und im Gleichgewicht halten, um gesund zu bleiben. Neue Erkenntnisse deuten nun darauf hin, dass es eine direkte Verbindung zwischen Chaperonen und der Translation gibt.
Sensoren und Regulatoren
„Unter normalen Bedingungen verfügt die Zelle über ausreichend Chaperone, um kleine Mengen fehlgefalteter Proteine zu verarbeiten. Unter Stress werden jedoch viele Proteine beschädigt, sodass die Chaperone nicht mehr ausreichen. Wenn Translationsfaktoren von diesen Chaperonen abhängig sind, können sie sich nicht mehr richtig falten und die Translation wird herunterreguliert“, erklärt Rodnina.
Ihr Kollege Buchner ergänzt: „Wir glauben daher, dass Chaperone als wichtige Sensoren die Translationsraten, die Effizienz und die Boten-RNA-Auswahl steuern und damit direkt die dynamische Anpassung des Proteininventars, also des Proteoms, beeinflussen. Das Projekt könnte so eine neue Ebene der Translationskontrolle aufzeigen.“
Um diese Hypothese zu untersuchen, möchte das Team kartieren, welche Translationsfaktoren von welchen Chaperonen abhängen. Hierzu werden die Forschenden ihre unterschiedlichen experimentellen Expertisen und Methoden bündeln, die sich perfekt ergänzen, was dieses Vorhaben erst möglich macht.
Ein Fahrplan für die Proteinproduktion
„Wir werden untersuchen, wie Chaperone mit der Translationsmaschinerie zusammenarbeiten und neue Netzwerke bilden, damit sich Stammzellen zu Nervenzellen differenzieren oder Nervenzellen sich an Stress oder veränderte physiologische Bedingungen anpassen können“, sagt Frydman. „Wir hoffen, dass es uns gelingt, eine Art Fahrplan zu erstellen, die zeigt, wann und welche Proteine hergestellt werden – und wie schnell.“
Die Forschenden erhoffen sich von CHAPEROME wichtige neue Erkenntnisse, wie sich Zellen während der Entwicklung auf bestimmte Aufgaben spezialisieren oder sich krankhaft verändern. Da eine Fehlregulation der Translation im Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen, Entwicklungsstörungen, Krebs und Alterung steht, könnte das Aufdecken von Schnittstellen zwischen Chaperonen und Translation langfristig neue therapeutische Wege eröffnen.
Über den ERC und die ERC Synergy Grants
Der ERC wurde 2007 von der Europäischen Union gegründet und ist die führende europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung. Er fördert kreative Forschende aller Nationalitäten und Altersgruppen bei der Durchführung von Projekten in ganz Europa – und teils darüber hinaus. Der ERC bietet vier zentrale Förderprogramme an: Starting Grants, Consolidator Grants, Advanced Grants und Synergy Grants.
Die Ausschreibung für den ERC Synergy Grant richtet sich an kleine Gruppen von mindestens zwei bis maximal vier Forschungs- und Projektleitenden und ihre Teams, die sich durch eine einzigartige Kombination von komplementärer Expertise, Wissen und Ressourcen auszeichnen. Synergy Grants zielen auf substanzielle Fortschritte an den Grenzen des Wissens ab. Sie sind offen für neue Methoden und Technologien, unkonventionelle Ansätze und Forschung im Grenzbereich zwischen Disziplinen.
Prof. Dr. Marina Rodnina
Abteilung Physikalische Biochemie
Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, Göttingen
Telefon: +49 551 201-2900
E-Mail: rodnina@mpinat.mpg.de
https://www.mpinat.mpg.de/5162762/pr_2523 – Original-Pressemitteilung
https://erc.europa.eu/news-events/news/erc-2025-synergy-grants-results – Pressemitteilung des Europäischen Forschungsrats
https://www.mpinat.mpg.de/de/rodnina – Abteilung Physikalische Biochemie, Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, Göttingen
Von links nach rechts: Prof. Dr. Marina Rodnina, Prof. Dr. Johannes Buchner und Prof. Dr. Judith Fry ...
Copyright: Irene Böttcher-Gajewski / MPI-NAT; Andreas Heddergott / TUM; privat
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
Biology, Medicine
transregional, national
Contests / awards
German

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