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Ein Team des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie hat in Zusammenarbeit mit Forschenden der Universität Würzburg untersucht, wie ein Symbiose-Pilz dem Sägehörnigen Werftkäfer dabei hilft, in totem Holz zu überleben. Der Symbiosepilz speichert deutlich mehr Nährstoffe als andere Pilzarten. Zudem reichert der Pilz zahlreiche phenolische Substanzen aus dem Holz in seinem Myzel an. Er produziert unter anderem Monoterpen-Alkohole und Essigsäure, die eine hemmende Wirkung auf andere Pilze haben. Der Ambrosiapilz hingegen gedeiht in saurem Milieu besonders gut.
Der Sägehörnige Werftkäfer Elateroides dermestoides ist ein besonderer Vertreter der Ambrosiakäfer. Im Gegensatz zu vielen seiner Verwandten, die als soziale Insekten Lebensgemeinschaften bilden, ist er eine solitäre Art und verbringt sein Leben nicht zusammen mit seinen Artgenossen. Obwohl Ambrosiakäfer in der Regel recht kurze Generationszeiten von weniger als einem Jahr haben, vergehen beim Werftkäfer, der mit einer Länge von bis zu 18 Millimetern zu den größten europäischen Ambrosiakäfern zählt, bis zu zwei Jahre, bis die nächste Generation schlüpft. Trotz seiner solitären Lebensweise lebt er nicht allein, sondern in einer Nahrungssymbiose mit dem Ambrosiapilz Alloascoidea hylecoeti.
Erste Belege für die Nährstoff-Symbiose mit dem Ambrosiapilz
Ein Team um Maximilian Lehenberger vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena hat diese Käfer-Pilz-Symbiose genauer untersucht. Dafür analysierten die Forschenden zunächst die Nährstoffe, die der Pilz in seinem Mycel, also dem Geflecht seiner fadenförmigen Strukturen, anreichert. „Bisher wurde nur vermutet, dass Ambrosiapilze reich an Nährstoffen sind. Es gab jedoch kaum brauchbare Daten, die dies belegten. In unserer Studie konnten wir erstmals zeigen, dass insbesondere Alloascoidea hylecoeti aus dem Werftkäfer-System tatsächlich sehr nährstoffreich ist. Dieser Pilz akkumuliert eine Vielzahl von Nährstoffen, deutlich mehr als andere Pilze, sowohl symbiotische als auch nicht-symbiotische, darunter Zucker, Aminosäuren, Ergosterol, Fettsäuren sowie die essenziellen Elemente Phosphor und Stickstoff,“ sagt Maximilian Lehenberger, der in der Abteilung Biochemie die Projektgruppe Chemische Ökologie von Waldpathogenen leitet. Die Nährstoffdichte und -vielfalt erklären vermutlich auch, dass es dem Werftkäfer gelingt, so lange allein im nährstoffarmen Holz zu leben und dabei so groß zu werden.
Überleben in einer wettbewerbsintensiven Umgebung
Die Larven des Werftkäfers leben vergleichsweise lange im Holz von Bäumen, die erst seit Kurzem tot sind. Für den bis zu zwei Zentimeter langen Käfernachwuchs stellt diese Umgebung eine Herausforderung dar, denn Totholz ist einerseits sehr nährstoffarm und andererseits ein Lebensraum, in dem es von Konkurrenz nur so wimmelt. In sozialen Ambrosiakäfer-Systemen können sich die einzelnen Individuen dabei unterstützen, schädliche Pilze in Schach zu halten. Bei einem solitären Käfer ist dies nicht der Fall. Das Forschungsteam stellte daher die Hypothese auf, dass der Symbiosepilz eigene Strategien entwickelt hat, um sich vor konkurrierenden Arten zu schützen. Es zeigte sich, dass Alloascoidea hylecoeti verschiedene phenolische Substanzen verwendet, die er aus dem umliegenden Holz bezieht. Damit reichert er die Umgebung so stark an, dass dies eine hemmende Wirkung auf viele andere Pilze hat. Der Pilz nutzt dabei seine Fähigkeit, ins Holz einzuwachsen und weitere Ressourcen aus dem Holz zu mobilisieren. „Im Gegensatz zu vielen anderen Pilzen wird der Symbiosepilz von diesen Substanzen, die als pflanzliche Abwehrstoffe bekannt sind, nicht gehemmt und baut sie auch nicht ab. Zudem produziert dieser Pilz selbst viele Substanzen, die andere Pilze hemmen,“ erläutert Maximilian Lehenberger.
Ein Pilz, der den pH-Wert senkt und in übersäuerten Umgebungen noch besser wächst
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren besonders erstaunt über die Produktion von Essigsäure, die sie mittels nuklearmagnetischer Resonanzanalyse (NMR) in Pilzkulturen sowie in Proben von Nestern der Käfer im Feld nachweisen konnten. Experimente mit Pilzkulturen zeigten, dass der Ambrosiapilz konkurrierende Pilze verdrängt, indem er seine Umgebung „übersäuert“ und den pH-Wert auf bis zu 3,5 senkt. Verblüffend ist dabei, dass Alloascoidea hylecoeti nicht nur mit einer sehr hohen Essigsäurekonzentration zurechtkommt, sondern bei einem für Pilze sehr niedrigen pH-Wert sogar noch besser wächst. „Bisher wurde Essigsäure in keinem anderen Ambrosiakäfer-System nachgewiesen. Da wir Essigsäure auch in den Nestern identifizieren konnten, ist dies ein eindeutiger Beleg dafür, dass diese Substanz auch in der Natur eine Rolle spielen muss. Der Pilz nutzt nicht nur Essigsäure, sondern auch eine Vielzahl weiterer Substanzen mit hemmender Wirkung auf konkurrierende Pilze. Dazu gehören unter anderem Monoterpene wie Linalool, Terpineol und Citronellol,“ sagt Jonathan Gershenzon, der Leiter der Abteilung Biochemie. Citronellol ist für den zitronenartigen Geruch dieses Pilzes verantwortlich.
Noch ist nicht geklärt, welchen Effekt ein sehr saurer Lebensraum auf die Larven des Werftkäfers hat und wie sich die in der Biomasse des Pilzes angereicherten Abwehrstoffe in deren Nahrung auswirken. Werden sie damit weniger attraktiv für ihre Fressfeinde? Gibt es möglicherweise symbiotische Bakterien im Darm der Käfer, die dabei helfen, hohe phenolische Konzentrationen abzubauen? Diese und weitere Fragen plant das Forschungsteam in weiteren Experimenten zu beantworten.
Dr. Maximilian Lehenberger, FoPaC -The Forest Pathogen Chemical Ecology Lab, Department of Biochemistry, Max Planck Institute for Chemical Ecology, Hans-Knöll-Straße 8, 07745 Jena. Tel. +49 3641 57-1334, E-Mail mlehenberger@ice.mpg.de
Prof. Dr. Jonathan Gershenzon, Department of Biochemistry, Max Planck Institute for Chemical Ecology, Hans-Knöll-Straße 8, 07745 Jena. Tel. +49 3641 57-1300, E-Mail gershenzon@ice.mpg.de
Lehenberger, M., Pan, Y., Ungerer, S., Reichelt, M., Pemp, D., Paetz, C., Lehenberger, J., Gentsch, N., Feistel, F., Gros, P., Lehmann, L, Gershenzon, J. (2025). Fungal symbiont of an ambrosia beetle possesses high nutrient content and suppresses competing fungi with antimicrobial compounds. The ISME Journal, wraf258, doi: 10.1093/ismejo/wraf258
https://doi.org/10.1093/ismejo/wraf258
https://www.ice.mpg.de/519756/forest-pathogen-chemical-ecology FoPaC - The Forest Pathogen Chemical Ecology Lab: Chemische Ökologie von Waldpathogenen
Maximilian Lehenberger und Jonathan Gershenzon
Source: Angela Overmeyer
Copyright: Max-Planck-Institut für chemische Ökologie
Maximilian Lehenberger
Source: Angela Overmeyer
Copyright: Max-Planck-Institut für chemische Ökologie
Criteria of this press release:
Journalists, Teachers and pupils
Biology, Environment / ecology, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German

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