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12/15/2025 16:26

Wie kann der Umweltzustand der Ostsee verbessert werden? Interreg-Projekt RECOVER entwickelt digitales Managementsystem

Ilka Thomsen Kommunikation und Medien
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

    Wie lässt sich die Ostsee wirksam schützen und ihr ökologischer Zustand verbessern? Dieser Frage widmet sich das neue deutsch-dänische Interreg-Projekt RECOVER, das einen digitalen Zwilling der südwestlichen Ostsee entwickelt. Basierend auf Mikroalgen als empfindlichen Bioindikatoren soll das System in Echtzeit sichtbar machen, wie es dem Meer geht, wo Belastungen entstehen und welche Schutzmaßnahmen wirken. Das Projekt wird durch das Interreg-Programm Deutschland-Danmark mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert, läuft bis 2028 und bindet Unternehmen, Politik, Landwirtschaft, Fischerei, Kommunen und Öffentlichkeit aktiv ein.

    Die Ostsee erfüllt, wie alle Meeresökosysteme, zentrale Funktionen im Klimasystem und für das Leben an den Küsten: Sie bindet Kohlendioxid (CO2), liefert Nahrung und Sauerstoff und prägt die Lebensqualität der Menschen. Gleichzeitig ist sie stark belastet. Überdüngung, Erwärmung, Algenblüten und großflächige Zonen mit wenig oder ganz ohne Sauerstoff bedrohen das sensible Binnenmeer. Die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur verpflichtet die Mitgliedstaaten, bis 2030 Maßnahmen zu ergreifen, um mindestens 20 Prozent der geschädigten marinen Lebensräume zu regenerieren – eine Aufgabe, die in der deutsch-dänischen Grenzregion besonders anspruchsvoll ist, denn Strömungen kennen keine Landesgrenzen: Was in Deutschland eingetragen wird, kann sich wenig später in Dänemark bemerkbar machen und umgekehrt.

    Das neue Interreg-Projekt RECOVER untersucht, wie Deutschland und Dänemark die westliche Ostsee – einschließlich der Kieler Bucht und des Großen und Kleinen Belts – künftig besser managen können. „Im Zentrum des Projekts stehen Mikroalgen, weil sie sehr empfindliche Indikatoren für den Zustand des Ökosystems sind“, erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Anja Engel, Leiterin des Forschungsbereichs Marine Biogeochemie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Jede Art reagiert unterschiedlich auf Nährstoffe, Licht, Salzgehalt oder Erwärmung. Wenn wir verstehen, wie sich die Biodiversität der Mikroalgen unter komplexen Umweltveränderungen entwickelt, können wir daraus auch ableiten, ob Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ostsee erfolgreich sind.“

    Monitoring von Mikroalgen

    In den kommenden drei Jahren legt RECOVER die Grundlagen für einen digitalen Zwilling der westlichen Ostsee – ein virtuelles Abbild, das Umweltentwicklungen sichtbar macht und drohende Belastungen frühzeitig erkennen kann. Dafür erfassen die Forschenden Arten und Häufigkeiten von Mikroalgen mithilfe hochauflösender Kamerasysteme, die Algenzellen in Echtzeit identifizieren und zählen. Außerdem kommen moderne Analysen von Umwelt-DNA (environmental DNA, e-DNA) zum Einsatz. Damit können genetische Spuren von Lebewesen in Wasserproben bestimmt werden, die Auskunft über die gesamte Artenvielfalt geben.

    Mikroalgen bilden die Basis der Nahrungsnetze und spielen eine wichtige Rolle bei der Kohlenstoffbindung. Gleichzeitig können toxische oder massenhaft auftretende Arten zu Gesundheitsrisiken, Sauerstoffmangel und sogar Fischsterben führen. Ein Beispiel dafür sind die im Sommer häufig auftretenden Cyanobakterien, die auch unter dem Namen „Blaualgen“ bekannt sind. Bislang ist das Monitoring in der Region lückenhaft und aufwendige Laboranalysen verzögern wichtige Entscheidungen. RECOVER will diese Lücke schließen.

    Echtzeitdaten für ein gesundes Meer: Die Ostsee im digitalen Abbild

    Damit künftig an vielen Stellen im deutsch-dänischen Grenzraum zuverlässige Daten zur Wasserqualität vorliegen, entwickelt das RECOVER-Team robuste und kostengünstige Sensoren, die Nährstoffe, Temperatur, Sauerstoff oder den grünen Farbstoff der Algen – das Chlorophyll a – messen und auch von engagierten Bürger:innen einfach eingesetzt werden können.

    Parallel entsteht an der Syddansk Universitet (SDU) eine KI-gestützte Datenverarbeitung, die biologische Signale der Algen in nutzbare Informationen übersetzt. Alle Messwerte fließen in die Simulationsplattform ein, die Umweltbedingungen und Algendynamik in der deutsch-dänischen Grenzregion abbildet. „Wir kombinieren modernste Sensortechnologie mit künstlicher Intelligenz, um das Meer umfassender zu überwachen, als es mit herkömmlichen Methoden möglich ist“, sagt Associate Professor Jacek Fiutowski vom Mads Clausen Institut. „Anstatt teure und zeitaufwendige Analysen durchzuführen, erhalten wir Echtzeitdaten, die direkt in den digitalen Zwilling einfließen.“

    Von Daten zu Taten: Ostseeschutz mit Bürgerbeteiligung

    Der digitale Zwilling soll nicht nur der Forschung dienen. RECOVER möchte die „Warnsignale“ der Algen für Politik, Fischerei, Küstengemeinden und die Öffentlichkeit verständlich machen – und damit das Bewusstsein für den Zustand der Ostsee stärken. Dafür richtet das Projekt eine partizipative Plattform ein, die den Austausch von Wissen, Erfahrungen und bewährten Verfahren im Ostseemanagement erleichtert. Vertreter:innen aus Politik, Unternehmen, Landwirtschaft, Fischerei, Kommunen und der breiten Öffentlichkeit werden aktiv einbezogen, um die Wirksamkeit und Tragfähigkeit möglicher Schutzmaßnahmen zu beurteilen. Das Projekt will so das Bewusstsein für die Leistungen der marinen Ökosysteme schärfen und ein besseres Verständnis für die ökologische Gesundheit der Ostsee fördern. Dafür arbeiten Forschungseinrichtungen, Universitäten und zahlreiche Netzwerkpartner auf beiden Seiten der Grenze zusammen.

    „RECOVER allein kann die Ostsee nicht retten, aber es liefert das Wissen und die Werkzeuge, die politische Entscheidungsträgerinnen und -träger dringend benötigen“, sagt Anja Engel. „Wir verknüpfen Expertise über Grenzen hinweg und entwickeln technische Lösungen, die ein wirkungsvolles Management ermöglichen.“

    Bis zum Projektende 2028 sollen konkrete Anwendungen bereitstehen: erschwingliche Sensoren, KI-Modelle zur Vorhersage von Algenblüten und eine interaktive Plattform, die allen Interessierten erlaubt, die Zukunft der Ostsee zu erkunden – ein digitaler Zwilling, der das Unsichtbare sichtbar macht.

    Hintergrund: Interreg-Projekt RECOVER

    Name: REsilience of COastal Vital Ecosystems through innovative management solutions in the Danish-German border Region (RECOVER)
    Laufzeit: Oktober 2025 - September 2028
    Budget: 2,3 Millionen Euro
    Leitung: GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
    Dänische Partner: Universität Süddänemarks (SDU, drei Institute)
    Deutscher Partner: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
    21 Netzwerkpartner aus Industrie, Verwaltung und Zivilgesellschaft
    Untersuchungsgebiet: Südwestliche Ostsee, einschließlich Kieler Förde, Großer und Kleiner Belt
    Förderung: Interreg-Programm Deutschland-Danmark mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)

    Projektpartner

    Das Projekt wird vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel geleitet, das seine Expertise in den Bereichen Meeresforschung, kamerabasierter Mikroalgenmessung sowie physikalisch-biogeochemischer Modellierung einbringt.
    Das Mads Clausen Institut (MCI) in Sønderborg entwickelt Sensoren und KI-gestützte Werkzeuge, die biologische Signale der Algen in nutzbare Daten übersetzen.
    Das Nordcee Lab der SDU in Odense liefert Expertise in eDNA-basierten Analysen der Mikroalgengemeinschaft.
    Am Mærsk Mc-Kinney Møller Institute entstehen KI-Modelle und Visualisierungstools, die komplexe ozeanografische Daten für die Öffentlichkeit zugänglich machen.
    Das Center for Ocean and Society (CeOS) des Forschungsschwerpunktes Kiel Marine Science (KMS) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und das Institut for Statskundskab der SDU erforschen gemeinsam die gesellschaftliche Akzeptanz von Wiederherstellungsmaßnahmen.

    Netzwerkpartner

    1. Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein, Abteilung V5: Naturschutz, Meeresschutz und Biodiversität
    2. Landeshauptstadt Kiel
    3. Eckernförde Touristik & Marketing GmbH
    4. Ostsee-Holstein Tourismus
    5. Naturpark Schlei e.V.
    6. Shaping an Ocean Of Possibilities (SOOP) for science-industry collaboration
    7. ACO Ahlmann SE & Co. KG
    8. Meeresbiologische Station Laboe
    9. Verein Jugendsegeln e.V.
    10. Kreis Schleswig-Flensburg
    11. Stadt Flensburg
    12. Faaborg Midtfyn Kommune
    13. Avernakø Beboerforening
    14. Geopark - det Sydfynske Øhav
    15. LAG Småøerne forening
    16. VandCenter Syd A/S
    17. Clean – The Danish Water & Environmental Cluster
    18. WaterCareGuard
    19. Copenhagen Nanosystems A/S
    20. Jürgensen Marine Environment
    21. Aabenraa Kommune


    More information:

    https://www.geomar.de/n10113 Bildmaterial zum Download
    https://www.interreg-de-dk.eu/projekte-ergebnisse/unsere-projekte-1/einzelansich... Projektbeschreibung
    https://www.sdu.dk/en/om-sdu/institutter-centre/mci_mads_clausen/nyheder/nyt_fra... News zum Projekt auf der Webseite der SDU


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Chemistry, Environment / ecology, Information technology, Oceanology / climate
    transregional, national
    Cooperation agreements, Research projects
    German


     

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