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Wissenschaft
Nr. 7/99
Neues Feld im Bereich der nanoskopischen Physik:
Gustav-Hertz-Preis 1999 für Elke Scheer
Dr. Elke Scheer vom Physikalischen Institut der Universität Karlsruhe erhält für ihre Arbeit "Conduction channel transmissions in atomic size point contacts" (Phys. Rev. Lett., 78, S. 3535 (1997)) mit dem Gustav-Hertz-Preis 1999 die höchste Auszeichnung, die die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) an junge Physikerinnen und Physiker vergibt.
Elke Scheer erschließt mit ihrer Arbeit ein neues Feld im Bereich der nanoskopischen Physik, in dem sie an die ultimativen Grenzen der Nanoelektronik vorstößt: Stromtransport durch einzelne Atome. Künftig lassen sich Transportprozesse auf atomarer Skala unter Berücksichtigung der atomaren Orbitale untersuchen. Elke Scheer hat diese Arbeit im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsstipen-diums am CEA Saclay mit den Koautoren P. Joyez, M.H. Devoret, C. Urbina und D. Esteve durchgeführt.
Die Arbeit behandelt den elektronischen Transport durch den kleinsten vorstellbaren "Leiter", ein einzelnes Atom. In nanostrukturierten Leitern spielen die Wellennatur der Elektronen und daraus folgende Quanteninterferenzen eine wichtige Rolle. Ein solcher "Wellenleiter" für Elektronen läßt eine geometrieabhängige Zahl von Moden (Kanälen) zu, von denen jede bei idealer Transmission den Transmissionskoeffizienten 2e2/h hat. (e: Elementarladung, h: Plancksches Wirkungsquantum. Der Faktor 2 im Leitwert entsteht durch die Spinentartung). Bei Halbleitern, wo diese Leitwertquantisierung schon beobachtet wurde, ist die relevante Länge, die Fermiwellenlänge kF-1, groß gegenüber der atomaren Struktur. Dagegen ist bei Metallen kF-1 von der Größe der Atomabstände. Mit dem Rastertunnelmikroskop und auch mit "breakjunctions", zuerst hergestellt von J.M. van Ruitenbeek und Mitarbeitern in Leiden, gelingt es metallische Kontakte mit atomaren Abmessungen herzustellen und tatsächlich auch Leitwertplateaus der Größe von ungefähr 2e2/h bei Änderung des Kontakts zu beobachten. Die entscheidende Frage ist: Entspricht dies der Elektronentransmission durch einen Kanal? Schließlich müssen bei Einzelatom-Kontakten die Atomorbitale ins Spiel kommen. An dieser Stelle setzt das Experiment von Elke Scheer an.
Durch einen eleganten meßtechnischen Trick gelingt es Elke Scheer, die beobachteten Leitwertplateaus in atomaren Kontakten in die Beiträge verschiedener Transportkanäle zu zerlegen, und zwar durch Ausnutzen der sogenannten multiplen Andreev-Reflexion im Kontakt zweier Supraleiter, die zu Strukturen in der Strom-Spannungskennlinie führt. Auf diese Weise ist eine eindeutige Bestimmung der Zahl der Kanäle und ihrer jeweiligen Transmissionswahrscheinlichkeiten möglich. Für Aluminium zum Beispiel setzt sich das "erste Plateau" mit dem Leitwert 2e2/h meist aus drei Kanälen (unterschiedlicher relativer Stärke) zusammen, die mit den s- und p-Orbitalen des Aluminiums in Zusammenhang gebracht werden können. In einer Folgearbeit (Nature 394, 154 (1998)) konnten Elke Scheer et al. zeigen, daß die für diese Analyse notwendige Supraleitung keine wesentliche Einschränkung ist. So werden Gold-Kontakte untersucht, die durch Verbindung mit Aluminium ebenfalls supraleitend werden. Der spannende Vergleich zwischen sehr verschiedenen Metallen kann somit durchgeführt werden und führt zu dem überraschenden Ergebnis, daß zum Beispiel ein einzelnes Niob- oder Bleiatom den Strom viel besser leitet als ein Goldatom, gerade umgekehrt als bei handelsüblichen Drähten dieser Metalle.
Elke Scheer hat in Karlsruhe Physik von 1984 bis 1990 studiert. In ihrer Diplomarbeit beschäftigte sie sich mit thermischen Eigenschaften des verdünnten Antiferromagneten EuxSr1-xTe. Danach wandte sie sich im gerade gegründeten Sonderforschungsbereich 195 "Lokalisierung von Elektronen in makroskopischen und mikroskopischen Systemen" einem neuen Arbeitgebiet zu, dem elektronischen Transport in nanostrukturierten Metallen. In ihrer Dissertation (1995) untersuchte sie die Geometrieabhängigkeit universeller Leitwertfluktuationen, die auf Elektroneninterferenzen beruhen.
Sibylle Hofmeyer 27. Januar 1999
Nähere Informationen:
Dr. Elke Scheer, Physikalisches Institut, Tel. 0721/608-3511, oder
Prof. Dr. Hilbert von Löhneysen, Physikalisches Institut, Tel. 0721/608-3450
Criteria of this press release:
Mathematics, Physics / astronomy
transregional, national
Research projects
German
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