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Wissenschaft
Präzisionsarbeit am Innenohr
Hochpräzise Chirurgie im Submillimeter-Bereich
Ein neuartiges hochpräzises Chirurgiesystem für Innenohr-Operationen entwickelt die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jörg Schipper, Dr. Thomas Klenzner und Dr. Antje Aschendorff an der Universitäts-HNO-Klinik Freiburg in Kooperation mit dem Institut für Prozessrechentechnik, Automation und Robotik der Universität Karlsruhe (Prof. Dr.-Ing. Heinz Wörn) und dem Institut für Technische Optik der Universität Stuttgart (Prof. Dr. Wolfgang Osten). Das computergesteuerte System kommt vor allem ertaubten und hochgradig schwerhörigen Patienten zu Gute, denen so schonend eine Elektrode ins Innenohr gesetzt werden kann. Aber auch Tumor-Patienten und Patienten mit Mittelohrschäden profitieren in Zukunft von dieser Präzisionschirurgie. Das innovative Vorhaben wird in den kommenden zwei Jahren durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 200.000 Euro gefördert.
Das geplante Chirurgiesystem besteht aus mehreren Modulen, die in Kooperation der beteiligten Universitäten erarbeitet werden. Die spätere Produktentwicklung und Vermarktung übernehmen die Firmen Richard Wolf GmbH aus Knittlingen und die Cochlear GmbH aus Hannover.
Das Team von Prof. Jörg Schipper, Leiter der Freiburger Arbeitsgruppe "Computer Aided Intelligent Surgery Systems" an der Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, ist auf moderne Chirurgie-Navigationssysteme spezialisiert. Bisher existierende Systeme, die den Chirurgen beim Einsetzen von Elektroden eines Cochlea Implantats ins Innenohr unterstützen, haben nur eine Genauigkeit von einem Millimeter. "Dies ist für die empfindlichen Strukturen des Innenohrs - mit noch intakten Hörzellen - viel zu ungenau", kritisieren Prof. Schipper und Dr. Klenzner. "Wünschenswert wäre eine Präzision von wenigstens einem halben Millimeter oder sogar einem zehntel Millimeter - auch um das eventuell noch vorhandene Restgehör zu erhalten." Heute profitieren weltweit bereits über 70.000 ertaubte Menschen von Cochlea Implantaten. Die feinen, flexiblen Elektroden des Implantats werden in die Hörschnecke (Cochlea) des Patienten eingeführt. Dort übersetzen sie Schallwellen, die von einem außen getragenen Mikrofon aufgenommen werden, in elektrische Impulse, die den Hörnerv stimulieren. Zwölf bis sechzehn Prozent der Patienten leiden nach der Operation unter meist vorübergehenden Gleichgewichtsstörungen. Auch das Resthörvermögen bleibt bei bisherigen Operationsmethoden nicht ausreichend erhalten. Daher hat Prof. Schipper ein erfahrenes Team zusammengestellt, das in den kommenden zwei Jahren eine präzisere OP-Technik entwickelt.
Am Institut für Prozesstechnik, Automation und Robotik der Universität Karlsruhe unter Leitung von Dr. Jörg Raczkowsky entsteht der Chirurgieroboter, der die Vermessung der Ohranatomie übernimmt und den winzigen Zugangskanal zum Innenohr fräst. Durch ein präzises mechatronisches System mit computergestützter Ansteuerung verfügt das Operationssystem über sechs räumliche Freiheitsgrade, die eine Genauigkeit von wenigen tausendstel Millimeter erlauben. Die Entwicklung der optischen Messsonde für das empfindliche Innenohr übernimmt das Institut für Technische Optik der Universität Stuttgart unter Leitung von Dr. Klaus Körner.
Die Forscher sind überzeugt, dass durch eine präzisere Operationstechnik vorhandenes und nutzbares Restgehör von hochgradig schwerhörigen Patienten erhalten werden kann. Somit ist bei diesen Patienten ein deutlich besseres Hörvermögen nach der Operation gesichert. Auch bei Tumoroperationen am Hörnerv oder bei Mittelohreingriffen kann die neue Technik nach Einschätzung des Teams zum Einsatz kommen.
Kontakt:
Professor Dr. Jörg Schipper
Leitender Oberarzt HNO-Klinik Freiburg
Killianstr. 5
79106 Freiburg
Tel.:0761/270-4212
e-mail: Schipper@hno.ukl.uni-freiburg.de
OA Dr. med. Th. Klenzner
Univ.-HNO-Klinik Freiburg
Killianstr. 5
79106 Freiburg
Tel.:0761 270-4201
Fax: 0761 270-4111
Klenzner@hno1.ukl.uni.freiburg.de
Bildunterschrift:
Hinter dem Ohr des Patienten wird durch den Schädelknochen (das knöcherne Felsenbein) der Mittelohrraum eröffnet. Hier besteht potenziell die Gefahr einer Gesichtsnervenverletzung. Um die Elektroden in die Hörschnecke (Cochlea) zu bringen, muss diese durch eine kleine und höchst präzise zu setzende Bohrung eröffnet werden. Genau in diesem OP-Abschnitt liegt die Gefahr, die Hörschnecke an der falschen Stelle zu öffnen und damit noch vorhandene intakte Sinneszellen zu zerstören. Wenige zehntel Millimeter entscheiden hier über den OP-Erfolg. Die Elektroden werden anschließend in die Hörschnecke hineingeschoben. Wegen der sehr empfindlichen Membranen des Innenohrs muss hierbei sehr behutsam vorgegangen werden. Die Bewahrung der Innenohrstrukturen ist heute noch in hohem Maße von der Erfahrung und dem Fingerspitzengefühl des Operateurs abhängig. Sowie auch nur ein leichter Widerstand beim Einführen der Elektroden in die Schnecke spürbar wird, besteht die Gefahr, dass die Innenohrstrukturen zerstört werden und damit eine zusätzliche Nutzung der Sinneszellen z.B. über eine akustische Ankopplung scheitert. In diesem Fall darf eine weitere Einführung der Elektroden nicht erfolgen.
Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Research results
German
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