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10/06/1995 00:00

Jülich: Impfstoffe besser und sauberer durch Gentechnik

Peter Schäfer Unternehmenskommunikation
Forschungszentrum Jülich

    Neue Wege zum Impfstoff: Besser und sauberer durch Gentechnik

    In der Medizin werden abgeschwächte oder abgetötete Krankheitserreger als Impfstoffe verwendet. Einige dieser Mikroorganismen enthalten jedoch Stoffe, die unverträglich sind - sogenannte Endotoxine. Der menschliche Körper kann auf diese Stoffe mit Fieber oder sogar mit einem tödlichen Schock reagieren.

    Wissenschaftler des Instituts für Biotechnologie im Forschungszentrum Jülich entwikelten ein neues Verfahren, um endotoxinfreie und besonders reine Impfstoffe herzustellen. Bakterien, die normalerweise in der Lebensmittelproduktion zum Einsatz kommen, stellen den gesuchten Eiweißstoff in großen Mengen her. Neben vielen harmlosen Bakterien, die in der Natur vorkommen, gibt es auch eine Reihe von Krankheitserregern. So sind Hirnhautentzündung, Typhus, Cholera und Keuchhusten Erkrankungen, die durch Bakterien verursacht werden. Impfstoffe gegen diese Krankheiten arbeiten eng mit dem Immunsystem des Menschen zusammen: Die körpereigene Abwehr erkennt besondere Merkmale auf der Zelloberfläche des Bakteriums und nutzt sie als Angriffspunkte. Das können zum Beispiel bestimmte Eiweiße der Zellhülle sein. Wissenschaftler gewinnen sehr wirkungsvolle Impfstoffe, indem sie Zellhüllbestandteile abgetöteter Bakterien oder Viren verwenden. Manche dieser Bestandteile können aber nur sehr schwer in reiner Form hergestellt werden. Probleme bereiten hierbei zelleigene Gifte - Endotoxine -, die so fest gebunden sind, daß sie weder durch chemische Mittel, noch durch Hitze abtrennbar sind. Mit einem gentechnischen Trick gelang es der Arbeitsgruppe von Dr. Roland Freudl, Eiweißmoleküle der Zellwand in reiner Form gezielt herzustellen. Seit Jahren ist das harmlose Bakterium Staphylococcus carnosus in der Lebensmittelproduktion für die Konservierung von Wurstwaren - wie z.B. der Salami - im Einsatz.

    Im Jülicher Institut für Biotechnologie - geleitet von Professor Hermann Sahm - dient es der Produktion von Eiweißmolekülen. Dr. Jochen Meens gelang es, dem Bakterienstamm die genetische Information zur Bildung von Zellhülleiweißen eines fremden Bakteriums zu übertragen. Die Information für die Bildung der Endotoxine wurde hierbei weggelassen. Es stellte sich heraus, daß der Organismus von Staphylococcus carnosus das fremde Eiweiß sowohl herstellen als auch in das Nährmedium ausscheiden kann. Unerwünschte Nebenprodukte - wie Endotoxine - entstehen bei dieser Produktionsweise nicht. Das hier angewendete Verfahren ist mit einem Huckepack-Transport vergleichbar. Enzyme oder Proteine, die in einer Zelle gebildet werden, benötigen Transportmoleküle, um die Zelle verlassen zu können. Besondere Peptide - das sind gekürzte Eiweiße - dienen hierbei als Transporthilfe. Sie schleusen die Produkte im Huckepack durch die Zellhülle nach außen. Die Jülicher Wissenschaftler koppelten die genetische Information von zwei Peptiden mit der Information eines Zellhüllproteins. Sie übertrugen diese Genkonstruktion in Zellen von Staphylococcus carnosus. Es stellte sich heraus, daß Staphylococcus carnosus das fremde Protein sowohl herstellen als auch mit Hilfe der beiden Peptide sehr effizient durch die Zellhülle schleusen kann. Dadurch wird das fremde Protein schnell in die Nährlösung abgegeben. Dieses neue Verfahren hat zwei Vorteile: Zum einen können die ausgeschiedenen Proteine ohne großen Aufwand aus der Nährlösung isoliert werden. Zum anderen sind die gewonnenen Zellhüllbestandteile frei von Endotoxinen. Daher sollten die so hergestellten Impfstoffe ohne Nebenwirkungen bleiben und den Weg für neue und bessere Wirkstoffe frei machen. Das neue Verfahren wurde patentrechtlich geschützt.

    Weiterführende Literatur: Poolman, J.T. Infectious Agens and Disease. 4: 13-28, 1995 Meens, J., Frings, E.,Klose, M., and Freudl, R. Molecular Microbiology. 9 (4): 847-855, 1993

    Bildunterschrift: Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Darmbakteriums. Die gesuchten Oberflächeneiweiße können mit kleinen Goldpartikeln - hier als schwarze Punkte erkennbar - markiert werden. (Foto auf Anfrage)


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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
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    German


     

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