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Wissenschaft
Mit verschiedenen Tendenzen innerhalb der aktuellen Darwinismus-Forschung beschäftigt sich ein internationaler Workshop, der vom 18. bis 20. März 1999 am Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte der Universität Regensburg stattfindet.
Darwins Evolutionstheorien bestimmen das Weltbild der westlichen Zivilisation wie keine andere wissenschaftliche Theorie in den letzten anderthalb Jahrhunderten. Auch die unterschiedlichsten Ideologien suchen seitdem wissenschaftliche Autorität, indem sie sich auf Naturgesetze berufen, die angeblich von Darwin und nachfolgenden Forschergenerationen bewiesen wurden.
Eine regelrechte "Darwin-Industrie" widmet sich der historischen Erforschung politisch-wissenschaftlicher Wechselwirkungen in der Entwicklung des Darwinismus. Dabei darf nicht übersehen werden, dass auch die Darwinismusgeschichte selbst dazu beiträgt, Ideologien zu begründen oder zu bekämpfen. Mit verschiedenen Tendenzen innerhalb der aktuellen Darwinismusforschung beschäftigt sich ein internationaler Workshop, der vom 18. bis 20. März 1999 am Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte der Universität Regensburg stattfindet.
Mark Walker, bekannt durch sein Buch "Die Uranmaschine" über das Atomprogramm im Dritten Reich, wird im "Haus der Begegnung" am Donnerstag, den 18. März um 19.30 den öffentlichen Einleitungsvortrag über "Wissenschaft, Revolution und Ideologie" von der französischen Revolution bis ins 20. Jahrhundert halten.
Am Freitag und Samstag diskutieren dann im Großen Sitzungssaal der Philosophischen Fakultäten am Campus zwölf Wissenschaftshistorikerinnen und -historiker aus Russland, Deutschland und den USA in drei Blöcken neue Einschätzungen der Biologie im 19. Jahrhundert, heutige russische Wahrnehmungen des Lysenkoismus unter Stalin und die Schaffung der "Synthetischen Evolutionstheorie", durch die gerade in der Zeit des Dritten Reichs eine Grundlage entwickelt wurde für heute noch verwendete biologische Vorstellungen der Artentstehung.
Wie bereits im vorigen Jahrhundert soziale Theorien biologisiert wurden, untersuchen Richard Beyler (Portland), Nicolaas A. Rupke (Göttingen) und Gabriel Finkelstein (Princeton).
In der Sowjetunion hatte Stalin die Vererbungsforschung zur Chefsache gemacht und die Theorien Lysenkos, deren landwirtschaftliche Anwendung eine unvorstellbare Hungerkatastrophe auslösen sollte, gewaltsam in der sowjetischen Biologie durchgesetzt. Heutige Sichtweisen des Lysenkoismus stellen Eduard Kolchinsky und Aleksej Kuprijanov (Petersburg) sowie Larissa Choumeiko (Marburg) vor.
Die katastrophalen Folgen eines sozialdarwinistisch begründeten Rassismus sind aus der Geschichte unseres Jahrhunderts noch einigermaßen gegenwärtig. Gerade in diese Zeit fällt aber auch die Zusammenführung von Genetik und Auslese (Selektionstheorie) zur "Synthetischen Theorie der Evolution", an deren Entwicklung in den dreißiger Jahren auch deutsche Forscher beteiligt waren. Über diese Theorie und ihr Umfeld im Dritten Reich sprechen Marcel Weber (Hannover), Thomas Junker (Tübingen) Uwe Hoßfeld (Jena) und Helga Satzinger (Berlin).
Abschließend soll der Standort der gegenwärtigen "Darwin-Industrie" in einer Podiumsdiskussion aller Teilnehmenden bestimmt werden.
Ein Teilnahmebeitrag muss dank finanzieller Unterstützung der Regensburger Universitätsstiftung Hans Vielberth nicht erhoben werden.
Anfragen an Rainer Brömer M.A., Lehrstuhl f. Wissenschaftsgeschichte, Univ. Regensburg
D-93040 REGENSBURG, Tel. +49-941-943-3642, Fax -1985, E-mail: Rainer.Broemer@psk.uni-regensburg.de
oder Dr. Uwe Hoßfeld, FSU Jena, Ernst-Haeckel-Haus, Berggasse 7, D-07745 Jena
Tel. +49-3641 949505, Fax 949502, E-mail: b7houw@pluto.rz.uni-jena.de
Dr. Rudolf F. Dietze, M.A.
Pressereferent
Anlage: Tagungsprogramm
Do. 18.3.99 19.30 Uhr, öffentlicher Abendvortrag
im "Haus der Begegnung", Hinter der Grieb 8:
Mark Walker (Schenectady, NY):
Wissenschaft, Revolution und Ideologie: Naturwissenschaft während der französischen Revolution, der Oktoberrevolution, der nationalsozialistischen Machtergreifung und der chinesischen Kulturrevolution.
Fr. 19.3.99, Campus, Gr. Sitzungssaal Gebäude Theologie/Philosophie (Universitätsstr. 31)
09.15-10.00
Richard Beyler (Portland): Biologisierung oder Umschwung zur Natur (Arbeitstitel)
10.00-10.45
Rainer Brömer (Regensburg): Tendenzen der Darwinismus-Forschung
11.00-11.45
Nicolaas A. Rupke (Göttingen): Das "Huxley'sche Gesetz' und die Schuldfrage in Bezug auf den wissenschaftlichen Rassismus.
11.45-12.30
Gabriel Finkelstein (Princeton): Wissenschaftliche Entdeckungsreisen: Noch eine Non-Darwinian Revolution?
14.30-15.15
Eduard Kolchinsky (Petersburg): Darwinismus und Marxismus in der Anfangszeit des Stalinismus
15.15-16.00
Larissa Choumeiko (Marburg/Petersburg): Die Rolle des lebenden Stoffes bei der Artumwandlung - Die "neue Zellentheorie" von Lepechinskaja in der Lysenko-Ära
16.15-17.00
Aleksej Kuprianow (Petersburg): Helden und Bösewichter in einem Probiergläschen - eine Übersicht über die moderne russische Literatur zur Biologie im Zeitalter des Lysenkoismus
Sa. 20.3.99 Gr. Sitzungssaal Gebäude Theologie/Philosophie
09.15-10.00
Marcel Weber (Hannover): Die Architektur der Synthese
10.15-11.00
Thomas Junker (Tübingen): Synthetische Theorie im Dritten Reich I: Genetik, Rassenhygiene und Evolutionstheorie
11.00-11.45
Uwe Hoßfeld (Jena): Synthetische Theorie im Dritten Reich II: Philosophie, Anthropologie/Rassenkunde und Evolutionsbiologie
12.00-12.45
Helga Satzinger (Berlin): Die blauäugige Drosophila: Ordnung, Zufall und Politik als Faktoren der Evolutionstherorie um 1940.
14.00-16.00
Diskussion: Warum stellt unsere Darwin-Forschung welche Fragen an welches Material?
http://www.uni-regensburg.de/Fakultaeten/phil_Fak_I/Philosophie/Wissenschaftsges...
Criteria of this press release:
Biology, History / archaeology, Information technology, Philosophy / ethics, Religion, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Scientific conferences
German
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