idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Das Auseinanderfallen von Rechts- und Wirtschafstraum in der EU lädt zum grenzüberschreitenden Rechtsbruch ein - IAT-Experte Prof. Dr. Gerhard Bosch: Konstruktionsmängel bei der Prävention und Gesetz-Blockaden
Die Schattenwirtschaft in Deutschland hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Experten schätzen den Anteil von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung am Bruttoinlandsprodukt auf 5 bis über 15 Prozent, die an den öffentlichen Kassen "vorbei verdient" werden. Gründe für die Zunahme sind bei der grenzüberschreitenden illegalen Arbeit zu suchen, aber auch veränderte Haushaltsstrukturen mit höherer Nachfrage nach Dienstleistungen wegen steigender Frauenerwerbstätigkeit und langanhaltende Arbeitslosigkeit zählen zu den Ursachen. "Zwar gibt es eine Vielzahl neuer Initiativen gegen Schwarzarbeit, die aber zum Teil nur begrenzt greifen können, wirksame Instrumente wie ein Korruptionsregister und Tariftreuegesetze werden blockiert", kritisiert der Arbeitsmarkt-Experte Prof. Dr. Gerhard Bosch, Vizepräsident des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen).
Die Ursachen für die Zunahme der Schattenwirtschaft wurden bislang zu pauschal auf die Höhe der Abgabenquote und die Regulierungsdichte zurückgeführt, ohne ausreichend zwischen organisierter Kriminalität und Schwarzarbeit des "kleinen Mannes" zu unterscheiden, meint Bosch. Diese einseitigen Untersuchungen zur Schattenwirtschaft wurden dann vielfach zur Popularisierung von Deregulierungs- und Steuersenkungsprogrammen instrumentalisiert. "Damit hat aber die unzureichende Ursachenanalyse lange eine wirksame Bekämpfung der unterschiedlichen Formen von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung behindert".
Erst in den letzten Jahren wird durch eine Vielzahl von Maßnahmen versucht, die Anreize für Schwarzarbeit zu verringern und sie wirksamer zu bekämpfen. Insgesamt ist mit den verschiedenen Gesetzen die bisherige Kompetenzvielfalt gestrafft und der Datenaustausch erleichtert worden. Der Zoll hat zentrale Funktionen bei der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung bekommen und wurde personell verstärkt. Die Wirksamkeit der vielen neuen Initiativen kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden. Fest steht allerdings, dass die Erhöhung der Bußgelder nur heimische Unternehmer von illegaler Arbeit abhalten wird. Nur mit Österreich wurde ein Abkommen über eine Auslandsvollstreckung abgeschlossen.
Am Beispiel illegaler Arbeit wird deutlich, dass die europäische Union zwar ein gemeinsamer Wirtschaftsraum mit Arbeitnehmer- und Dienstleistungsfreizügigkeit geworden ist, aber noch kein gemeinsamer Rechtsraum besteht. "Dieses Auseinanderfallen von Wirtschafts- und Rechtsraum ist geradezu eine Einladung zum grenzüberschreitenden Rechtsbruch" kritisiert Prof. Bosch.
Mit der Generalunternehmerhaftung und der Haftung des Hauptunternehmers für Sozialversicherungsbeiträge von Subunternehmen wurden für die Bauwirtschaft auch Maßnahmen der Unterbindung von Schwarzarbeit an der Quelle beschlossen. Allerdings wurde die Generalunternehmerhaftung durch eine großzügige Verteilung von Freistellungsbescheinigungen wieder entwertet. Die Haftung für die Sozialversicherungsbeiträge hat durch ihre Beschränkung auf den ersten Subunternehmer weitgehend ihre Wirksamkeit eingebüsst. Diese Konstruktionsmängel bei der präventiven Bekämpfung sowie die Weigerung der Opposition, einem Korruptionsregister und Tariftreuegesetzen zuzustimmen, zeigen, dass es in Deutschland noch keinen breiten gesellschaftlichen Konsens gibt, Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung wirkungsvoll zu bekämpfen.
Für weitere Fragen steht
Ihnen zur Verfügung:
Prof. Dr. Gerhard Bosch
Durchwahl: 0209/1707-147
Pressereferentin
Claudia Braczko
Munscheidstraße 14
45886 Gelsenkirchen
Tel.: +49-209/1707-176
Fax: +49-209/1707-110
E-Mail: braczko@iatge.de
info@iatge.de
WWW: http://iat-info.iatge.de
Criteria of this press release:
Economics / business administration, Law, Politics, Social studies
transregional, national
Research projects, Research results
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).