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Wissenschaft
Die amerikanische Wissenschaftszeitschrift "Science" gehört neben "Nature" zu den renommiertesten Medien, in denen ein Wissenschaftler über seine Forschungsarbeiten berichten kann. Es gibt ein sehr strenges Begutachtungsverfahren. Die aufgenommenen Arbeiten sollen von hohem wissenschaftlichem Wert sein und besonders einschneidende neuartige Erkenntnisse beinhalten.
Für jeden Wissenschaftler ist es daher eine besondere Auszeichnung, wenn ein Forschungsbericht in "Science" publiziert wird. In dieser Woche erscheint in "Science" ein Artikel der Bielefelder Neurobiologen Dr. Anne-Kathrin Warzecha und Prof. Dr. Martin Egelhaaf.
Die beiden Wissenschaftler interessieren sich für die Verarbeitung von Bewegungsreizen durch die Nervenzellen des visuellen Systems. Nervenzellen sind die Grundbausteine des Gehirns. Als Modellorganismus dient die Fliege. Ihr optisches System mit seinen Facettenaugen unterscheidet sich zwar von den Linsenaugen der Wirbeltiere, aber die Verarbeitung von Sehinformation durch die Nervenzellen im visuellen System ist sehr ähnlich. Die Fliege ist ein besonders interessanter Modellorganismus für die Analyse des Problems, wie Nervenzellen Sehinformation verarbeiten: Die Fliege führt einerseits sehr virtuose, visuell kontrollierte Flugmanöver aus, die im Hinblick auf ihre Schnelligkeit die Manöver der meisten anderen Tiere aber auch technischer Systeme bei weitem übertreffen. Andererseits ist ihr visuelles Cockpit, mit dessen Hilfe sie dieses Verhalten kontrolliert,
methodisch besonders gut zugänglich.
Die Nervenzellen, die im Gehirn der Fliege für das Erkennen von Bewegungsrichtungen zuständig sind, reagieren erstaunlicherweise nicht mit sehr hoher Präzision. Die Variabilität, mit der eine Nervenzelle auf einen wiederholten gleichartigen Reiz reagiert, ist beträchtlich. Dies gilt nicht nur für Nervenzellen der Fliege, sondern für Nervenzellen ganz allgemein. Nun erhält die Fliege in ihrer natürlichen Umwelt, vor allem während des Fluges, keine statischen, gleichartig wiederholten Reize, sondern der visuelle Input ist dynamisch, er ändert sich ständig.
Man hat daher vermutet, daß die Nervenzellen auf dynamische Reize zuverlässiger reagieren als auf statische Reize. Das würde die hohe Präzision ihrer Flugleistungen plausibel machen. Diese Behauptung ist 1997, ebenfalls in "Science", aufgestellt worden.
Die Bielefelder Neurobiologen haben diese Vermutung widerlegt: Durch besonders gut kontrollierte Experimente und eine sorgfältige Datenanalyse konnten sie nachweisen, daß sich die Reaktionsvariabilität bei statischen und dynamischen Reizen nicht wesentlich unterscheidet. Das Cockpit der Fliege arbeitet erheblich zuverlässiger als bisher angenommen. Es wird erwartet, daß es auf der Basis dieser Befunde möglich sein wird zu verstehen, wie Gehirne in der Lage sind trotz der begrenzten Zuverlässigkeit ihrer Bausteine, hinreichend zuverlässiges Verhalten zu generieren.
Nun will die Bielefelder Forschungsgruppe genauer untersuchen, von welchen Eigenschaften der Nervenzellen die Zuverlässigkeit, mit der sie Reize verarbeiten, bestimmt wird. Das ist
experimentiertechnisch nicht einfach, weil dazu mikroskopisch dünne Sonden ins Gehirn der Fliege und in die kompliziert verästelten winzigen Neuronen eingebracht werden müssen. Parallel dazu werden Annahmen über die Prozesse, die bei der Aktivierung von Nervenzellen durch optische Bewegungsmuster ablaufen, in Computersimulationen überprüft. Dabei profitieren die Neurobiologen von der Zusammenarbeit mit der Bielefelder Informatik und von Studierenden des innovativen Bielefelder Studiengangs "Naturwissenschaftliche Informatik".
Zur Biographie der beteiligten Forscher:
Prof. Dr. Martin Egelhaaf war von 1980 bis 1993 am Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik in Tübingen tätig. 1989 hat er sich an der Universität Tübingen habilitiert. 1994 bis 1995 war er Arbeitsgruppenleiter am Centre for Visual Sciences der Australian National University in Canberra. Seit 1995 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Neurobiologie an der Universität Bielefeld.
Dr. Anne-Kathrin Warzecha hat in Mainz, Tübingen und an der Duke University, USA, Biologie studiert und war danach von 1991 bis 1994 am Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik in Tübingen und im Jahr 1995 am Centre for Visual Sciences der Australian National University in Canberra tätig. Seit 1995 ist sie wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Neurobiologie der Universität Bielefeld.
Bitte beachten Sie, daß die Zeitschrift "Science" auf einer Nachrichtensperre (Embargo) bis zum Erscheinen ihrer Ausgabe besteht: Über die obigen Forschungsergebnisse darf erst am 19.3. berichtet werden. Wir bitten höflich darum, diese Auflage zu beachten.
Kontaktadressen:
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Prof. Dr. Martin Egelhaaf
Lehrstuhl für Neurobiologie
Fakultät für Biologie
Universität Bielefeld
Postfach 10 01 31
33501 Bielefeld
Germany
Tel.: +49-(0)521-106 5570
Fax.: +49-(0)521-106 6038
Email: martin.egelhaaf@biologie.uni-bielefeld.de
homepage: http://www.uni-bielefeld.de/biologie/Neurobiologie/index.html
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Dr. Anne-Kathrin Warzecha
Lehrstuhl für Neurobiologie
Fakultät für Biologie
Universität Bielefeld
Postfach 10 01 31
D - 33501 Bielefeld
Germany
Tel: + 49 (0)521-1065578
FAX: + 49 (0)521-1066038
http://www.uni-bielefeld.de/biologie/Neurobiologie/index.html
Criteria of this press release:
Biology, Information technology
transregional, national
Personnel announcements, Research results
German
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