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12/17/1999 16:54

Eine Stimme für die Patienten

Dr. Martin Reuter Kommunikation und Marketing
Private Universität Witten/Herdecke gGmbH

    Gesundheitsökonom Prof. Köck fordert mehr Patientenrechte

    "Im Gesundheitsmarkt in Deutschland mit seinem Volumen von 550 Milliarden Mark sind die Patienten krass benachteiligt", kritisiert der Gesundheitsökonom der Universität Witten/Herdecke, Prof. Dr. Dr. Christian Köck die augenblickliche Misere. "Die Standesorganisationen der Ärzte, die Krankenkassen mit ihren Spitzenorganisationen und die Pharma-Industrie verhandeln über die Gesundheit der Patienten und die Patienten können sich nicht äußern." Der 41-jährige Österreicher ist Arzt und forscht - außer in Witten - an der amerikanischen Spitzenuniversität Harvard an vergleichenden Studien der internationalen Gesundheitsysteme. Er kann also vergleichen: "Deutschland ist - was die Rechte der Patienten angeht - ein Entwicklungland. In den Niederlanden werden Patientenorganisationen an den Verhandlungen beteiligt und in Finnland z.B. wird die Mitsprache über die Gemeinden geregelt." Köcks Kernforderungen daher:

    · Die Patienten müssen sich organisieren und mit an den Verhandlungstisch, wenn es um Gesetze und Kostenstrukturen geht.
    · Das Angebot des Gesundheitsmarktes muss transparenter werden.

    "Die Patientenorganisationen brauchen staatliche Förderung, dürfen aber nicht ferngesteuert werden", schlägt Köck vor. Für ihn muss zunächst einmal der Informationsmangel über die einzelnen Leistungen offengelegt werden. "Alles wird heute getestet: Autos, Kinderspielzeug und Haushaltstücher, nur wir in Deutschland tun so, als ob das in ihrem Bereich nicht geht", regt sich der Forscher auf. Dabei gibt es seiner Meinung nach genügend Kriterien mit denen sich die Qualität im Gesundheitssystem erfassen ließe: Wie oft etwa werden bestimmte Operationen in einem Krankenhaus durchgeführt? Wie regelmäßig hat sich der Arzt fortgebildet? Wie viele unnötige Untersuchungen erfolgen, weil Krankenhaus und niedergelassener Arzt sich nicht abstimmen? Wie viele Todesfälle gibt es nach OP-Zwischenfällen? Wie sieht die Patientenzufriedenheit aus? Welche Ergebnisqualität kommt zustande? Über solche Kriterien müsse zunächst einmal am runden Tisch auch mit Patienten geredet werden, bevor man über eine vernünftige Kostensteuerung im Gesundheitswesen verhandeln könne. Die Pläne der Bundesregierung, Fallpauschalen und damit Festpreise im Gesundheitswesen einzuführen, hält Köck denn auch nur für einen ersten Schritt: "Da muss ein zweiter folgen, nämlich die umfassende Messung der Ergebnisqualität."

    "Steht eigentlich noch der Patient im Mittelpunkt oder doch eher die Kosten?"

    Doch für Köck steht im Kern nicht die Kostenseite im Vordergrund, sondern der Patient: "Heutzutage sind zwei Drittel aller Erkrankungen chronische Erkrankungen. Da wird man nach einem Krankenhausaufenthalt nicht wieder völlig gesund entlassen, sondern der Patient muss mithelfen, wenn er 'gesünder' werden will: Die Therapievorschriften einhalten, anders essen, nicht mehr rauchen, mehr Bewegung zum Beispiel. Wenn der Patient nicht einbezogen wird in die Therapie, kann das nicht funktionieren", erklärt Köck die medizinische Notwendigkeit der Patientenbeteiligung.

    "Das Internet als alleinige Informationsquelle schafft Ungleichheiten."

    Und wenn die Ärzte sich noch lange gegen diese in den USA schon lange bestehende Bewegung sträubten, dann werde es z.B. über das Internet entsprechende Bewertungen von medizinischer Leistung geben. "Schon heute informieren sich doch viele Patienten im weltweiten Netz über die neuesten Behandlungsmethoden ihrer jeweiligen Krankheit. Schließlich haben nicht nur Ärzte Zugang zu Datenbanken wie medline oder anderen. Das knabbert natürlich am traditionellen Selbstbild der Ärzte, aber in Zukunft wird der Arzt mehr mit den Patienten über die Therapie verhandeln müssen." Und das ist auch gut so, weil Studien belegen, dass informierte Patienten schneller gesund werden, größere Überlebenschancen haben, wenn es um ganz schwere Fälle geht und zudem auch noch für das Gesundheitssystem billiger sind. "Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass Information auch Angst abbaut und die Patienten deshalb nicht so verunsichert sind", ergänzt Köck. Er sieht aber auch eine Gefahr in der Information über das Internet: Dort haben eher Menschen mit vergleichsweise hohem Bildungsstand Zugang, denn Englisch muss man schon können, um an die aktuellen Forschungsergebnisse zu kommen. "Das führt zu einer ungleichen Verteilung von Informationen und kann bestehende Ungleichheiten im Umgang mit Gesundheit und Krankheit weiter verstärken", warnt Köck vor dieser Entwicklung.

    Weitere Information bei Prof. Köck 02302/926-700 oder -793. Prof. Köck wird am 20., 21. und 22. Dezember in Witten erreichbar sein. Sonst unter 0043/6643018915.


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    Criteria of this press release:
    Law, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Politics, Psychology, Social studies
    transregional, national
    Research results
    German


     

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