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Wissenschaft
Institut Arbeit und Technik untersuchte Modernisierungsprozesse in der Jugendhilfepolitik
Lokale Experimente sind angesagt, um neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft zu finden. Während die Kommunalverwaltungen inzwischen vielfach moderne Strukturen und Abläufe gefunden und umgesetzt haben, tut sich die Politik noch schwer. Deshalb suchen die Politiker in Rat und Ausschüssen immer öfter nach passenden und praktikablen Arbeitsformen für mehr Effektivität, Effizienz und Bürgernähe.
Das zeigen Untersuchungen des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen). Am Beispiel der Jugendhilfe untersuchten die IAT-Wissenschaftlerinnen Dr. Sybille Stöbe-Blossey, Ulrike Bußmann und Karin Esch in einem von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Projekt, wie sich im Zuge der Verwaltungsreform die Beziehungen zwischen Politik und Verwaltung sowie zwischen dem Jugendamt und seinen Kooperationspartnern entwickeln. Dazu kamen erstmals auf breiter Basis die Jugendhilfeausschussmitglieder selbst zu Wort: Neben einer schriftlichen Befragung wurden 85 Ausschussmitglieder in acht Bundesländern telefonisch interviewt.
In der noch immer mangelnden Beteiligung der Politik ist ein erhebliches Defizit der kommunalen Modernisierungsbemühungen zu sehen. Die Einbeziehung des Jugendhilfeausschusses wird von weit mehr als der Hälfte der Befragten als zu gering eingeschätzt. Wie einige positive Beispiele zeigen, kann jedoch eine intensive Politikbeteiligung die Kooperation zwischen Ausschuss und Verwaltung auch über die Modernisierungsprozesse hinaus fördern.
Die Modernisierung der Arbeitsformen in der Politik wird zukünftig an Bedeutung gewinnen, denn ohne parallele Veränderungen in Rat und Ausschüssen werden die Reformansätze sowohl in der Gesamtverwaltung als auch in den einzelnen Ämtern entweder leer laufen oder zu einer weit gehenden Abkopplung von politischer Steuerung führen. Zudem führt die steigende Komplexität des Politikfeldes wachsenden inhaltlichen Anforderungen an die Ausschussarbeit. "Zahlreiche Ideen und Experimente für veränderte Arbeitsformen liegen vor, werden jedoch noch nicht auf breiter Basis umgesetzt", stellt Dr. Sybille Stöbe-Blossey fest. Nur 28 Prozent der Befragten berichten von Initiativen zur Veränderung der Ausschussarbeit.
In der verstärkten Förderung von bürgerschaftlichem Engagement sehen 82 Prozent der Interviewpartner Zukunftsperspektiven für die Jugendhilfe. Viele Jugendhilfeprojekte, wie bspw. Jugendheime oder Stadtteiltreffs, werden ganz oder weitgehend von ehrenamtlichem Engagement getragen. Dabei spielen meistens kleine Initiativen ohne Bindung an die traditionellen Wohlfahrtsverbände eine wachsende Rolle. Ein Bedeutungsverlust der Verbände, wie er in der öffentlichen Diskussion von manchen erhofft und von anderen befürchtet wird, ist mit diesen Entwicklungen allerdings nicht verbunden: Die meisten Befragten sind der Auffassung, dass die Initiativen mit ihrer Arbeit eher neue Felder abdecken, als dass sie in Konkurrenz zu den Verbänden treten würden. Letztere bleiben bislang die wichtigsten Kooperationspartner für die Jugendämter, wenn es um die Erbringung von Jugendhilfeleistungen geht.
Auch gewerbliche Anbieter haben daran bisher nichts geändert. Zwar herrscht in der Jugendhilfe inzwischen eine pragmatische Sichtweise vor; grundsätzliche Bedenken gegenüber gewerblichen Anbietern sind vielfach der Forderung gewichen, dass - unabhängig von der Rechtsform des Anbieters - Qualität und Wirtschaftlichkeit stimmen müssen. Dennoch bleibt die praktische Bedeutung gewerblicher Anbieter bisher gering. Der verschärfte Wettbewerb, wie er von den meisten Befragten konstatiert wird, spielt sich eher zwischen den Verbänden ab. Diese wiederum haben sich vielerorts auf veränderte Verfahren eingestellt: Dass sie nun mit dem Jugendamt Leistungsverträge abschließen, in denen immer häufiger auch Qualitätskriterien und Berichtspflichten enthalten sind, ist für viele Verbände schon zur Selbstverständlichkeit geworden: Nachdem viele Verbandvertreter dieser Entwicklung zunächst sehr skeptisch gegenüber standen, ist nun zu beobachten, dass viele bemüht sind, neue Anforderungen offensiv aufzugreifen und die Verbandsstrukturen ebenfalls zu modernisieren. Dies wird allgemein positiv bewertet; einig sind sich jedoch Vertreter aus Verwaltung, Politik und Verbänden darüber, dass es nicht zu einem Preisdumping-Wettbewerb auf Kosten der Qualität kommen darf: Hier müssen verstärkt Verfahrensweisen gefunden werden, die Qualitätsanforderungen deutlich machen. "Trotz aller Konflikte", so Karin Esch zusammenfassend, "zeigt sich, dass Innovationen nicht gegen die traditionellen Verbände gerichtet sein müssen, sondern in vielen Fällen mit ihnen konzipiert und umgesetzt werden können."
Eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse erscheint demnächst im Votum-Verlag, Münster (Ulrike Bussmann/Karin Esch/Sybille Stöbe-Blossey: Neue Steuerungsmodelle - frischer Wind im Jugendhilfeausschuss? Münster 2002).
Für weitere Fragen stehen
Ihnen zur Verfügung:
Dr. Sybille Stöbe-Blossey
Durchwahl: 0209/1707-130
Karin Esch
Durchwahl: 0209/1707-283
Pressereferentin
Claudia Braczko
Munscheidstraße 14
45886 Gelsenkirchen
Tel.: +49-209/1707-176
Fax: +49-209/1707-110
E-Mail: braczko@iatge.de
WWW: http://iat-info.iatge.de
Criteria of this press release:
Social studies
transregional, national
Research projects, Research results
German
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