idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
08/24/2017 13:03

Auf den historischen Spuren der Süßkartoffel

Dr. Ulrike Glaubitz Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie

    Die Süßkartoffel gewinnt immer mehr an Popularität in unserer heimischen Küche. Mit unserer Kartoffel pflegt sie allerdings nur eine sehr entfernte Verwandtschaft. Wie erstaunlich komplex das Erbgut der Süßkartoffel ist, haben nun Forscher des Chenshan Botanischen Gartens (CSBG) in Shanghai, des Max-Planck-Instituts für Molekulare Genetik (MPIMG) in Berlin, des Shanghai Instituts für Pflanzenphysiologie und Ökologie (SIPPE), der Tai’an Akademie für Agrarwissenschaften (TAAS) in Shandong und des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPIMP) in Potsdam in einem gemeinsamen Projekt aufgezeigt und ihre Ergebnisse in dem Fachjournal Nature Plants veröffentlicht.

    Die Forschung an Kulturpflanzen steht neben der Forschung an Modelpflanzen, wie dem weltweit verbreiteten Wildkraut Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), im Fokus vieler Wissenschaftler. Neben dem Verständnis der verschiedenen Pflanzen im Allgemeinen, stehen häufig auch Züchtungsziele, wie die Ertragssteigerung von Nutzpflanzen oder die Erhöhung der Resistenz gegen wechselnde Klimabedingungen im Fokus der Forschung. Im Angesicht einer wachsenden Weltbevölkerung sind dies wichtige Schritte zur Sicherung der Nahrung.

    Die Entschlüsselung des Erbguts einer Pflanze ist ein erster Schritt, um diese besser zu verstehen. In Deutschland zählen Kartoffeln und Weizen zu den wichtigsten Kulturpflanzen, die entsprechend gut untersucht und charakterisiert sind. Nun ist es gelungen eine weitere global wichtige Nutzpflanze ein Stück weit besser zu verstehen. Den Forschern der fünf Institutionen in China und Deutschland ist es gelungen das komplette Genom der Süßkartoffel zu sequenzieren. Die Süßkartoffel mit dem lateinischen Namen Ipomoea batatas gehört zu der Familie der Windengewächse und ist mit mehr als 100 Millionen Tonnen pro Jahr die siebentwichtigste Nutzpflanze der Welt. In China hat sie sogar einen noch größeren Stellenwert.

    Bereits im Vorfeld war klar, dass die Süßkartoffel mit ihrem komplexen Genom ein schwieriger Kandidat für die komplette Sequenzierung darstellen würde. Immerhin bringt sie es auf 90 Chromosomen, was selbst für Pflanzen eine doch recht beträchtliche Menge ist. Wie auch beim Weizen liegt hier ein sechsfacher Chromosomensatz vor. Dieses Phänomen nennt man Polyploidie und es beschreibt das Vorliegen von mehr als einem „normalen“ diploiden Chromosomensatz (2n) in einem Genom. Im Fall von Süßkartoffel und Weizen spricht man von einem hexaploiden Chromosomensatz, in dem jedes Chromosom in sechsfacher Kopie, statt doppelter Ausführung vorliegt. Aber wie kann es zu solch einer Vervielfältigung der Chromosomen in Pflanzen kommen? Ursache kann eine fehlende Trennung der homologen Chromosomen während der Meiose sein. Dies kann zum Beispiel geschehen, wenn die dafür notwendigen Spindelfasern nicht richtig ausgebildet werden, wofür es verschiedenste Ursachen geben kann. Man weiß heute, dass spontane Mutationen, genauso wie Gifte oder äußere Umwelteinflüsse zu diesem fehlerhaften Separieren der Chromosomen führen können. Dies kann durchaus negative Auswirkungen haben und sogar zum Absterben des Organismus führen. Im Falle von Pflanzen ist dieser Effekt jedoch auch manchmal durchaus positiv und kann zu einer beschleunigten Evolution einer Pflanzenspezies führen.

    Ein besonderes Beispiel dafür findet man in der Evolutionsreihe unseres Weizens, bei welchem aus einer Mehrzahl von zufälligen Kreuzungen aus dem nur diploiden Einkorn (2n) der heute für uns so wichtige hexaploide Weichweizen (6n) entstanden ist. Ursache war hier die Einkreuzung von anderen Wildgräsern, deren diploider Chromosomensatz komplett in das Getreidegenom integriert wurde. So entstand zunächst aus dem Einkorn (2n) und einem Wildgras (2n) der tetraploide Emmer (4n), der sich ebenfalls spontan mit einem weiteren Wildgras (2n) kreuzte, welche somit den dritten diploiden Chromosomensatz in unseren heutigen hexaploiden Weichweizen brachte.

    In ihrer in Nature Plants veröffentlichten Studie zeigen die Forscher, dass die heutige Süßkartoffel vor ca. 500.000 Jahren eine ähnliche Evolution durchgemacht hat. Sie entstand aus einer Kreuzung zwischen einem diploiden sowie einem tetraploiden Vorfahren und weist somit ebenfalls einen sechsfachen Chromosomensatz auf.

    Mit Hilfe einer neu entwickelten Typisierungsmethode konnten die Wissenschaftler genau nachvollziehen welches der 90 Chromosomen von welcher Vorgängerpflanze stammte. Ebenfalls fanden sie heraus, dass einige Gene auf den jeweils 6 homologen Chromosomen bereits eine starke Anhäufung von Mutationen besitzen. Dies deutet darauf hin, dass die in sechsfacher Kopie vorliegenden Chromosomen einem viel schwächeren Selektionsdruck unterworfen sind. Die Polyploidie verleiht demnach einen evolutionären Vorteil. Oder anders gesagt: durch die Hexaploidie können sich diese Fehler in der Süßkartoffel akkumulieren ohne Auffälligkeiten in der Pflanze zu zeigen.

    Kontakt
    Prof. Alisdair Fernie
    Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie
    Tel. 0331/567 8211
    fernie@mpimp-golm.mpg.de

    Dr. Jana Dotzek und Dr. Ulrike Glaubitz
    Referentinnen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie
    Tel. 0331/567 8275
    pr@mpimp-golm.mpg.de
    http://www.mpimp-golm.mpg.de

    Originalveröffentlichung
    Jun Yang, M-Hossein Moeinzadeh, Heiner Kuhl, Johannes Helmuth, Peng Xiao, Stefan Haas, Guiling Liu, Jianli Zheng, Zhe Sun, Weijuan Fan, Gaifang Deng, Hongxia Wang, Fenhong Hu, Shanshan Zhao, Alisdair R Fernie, Stefan Boerno, Bernd Timmermann, Peng Zhang & Martin Vingron. Haplotype-resolved sweet potato genome traces back its hexaploidization history. Nature Plants, 2017; DOI: 10.1038/41477-017-0002.

    Wissenswertes:
    http://www.komm-ins-beet.mpg.de/wissenswertes/zuechtungsverfahren/auslesezuechtu...


    More information:

    http://www.mpimp-golm.mpg.de/2154870/suesskartoffel
    http://www.komm-ins-beet.mpg.de/wissenswertes/zuechtungsverfahren/auslesezuechtu...


    Images

    Die hexaploide Süßkartoffel hat einen sechsfachen Chromosomensatz.
    Die hexaploide Süßkartoffel hat einen sechsfachen Chromosomensatz.
    Jun Yang
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).