idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Ein Team aus Forscherinnen und Forschern der Universität Tübingen, der Hochschule Geisenheim und weiteren internationalen Partnern klären den Mechanismus der Nitratspeicherung in Pflanzenkohle bei der Kompostierung auf
Der übermäßige Einsatz von mineralischen Stickstoffdüngern oder Gülle in der Landwirtschaft hat schwerwiegende Auswirkungen auf unsere Umwelt. Dabei entstehen Treibhausgase wie zum Beispiel Lachgas, und das Grundwasser wird durch Nitrat belastet. Als umweltfreundliche Alternative wird diskutiert, Pflanzenkohle als Nährstoffträger in den Boden einzubringen. Allerdings lässt sie sich bisher nicht in großem Maßstab ökonomisch sinnvoll einsetzen, weil wenig darüber bekannt ist, wie Pflanzenkohle den wichtigen Nährstoff Nitrat speichert.
Der Mechanismus der Nitratspeicherung von Pflanzenkohle wurde erstmals 2015 von der Professorin Claudia Kammann, Leiterin der AG Klimafolgenforschung an der Hochschule Geisenheim University, in einer Publikation im wissenschaftlichen Fachmagazin Scientific Reports beschrieben und in weiteren Studien näher untersucht. Der Geoökologe Dr. Nikolas Hagemann ging nun den Mechanismen hinter dem Phänomen der Nitratbindung durch Pflanzenkohle weiter auf den Grund, zusammen mit dem Team unter der Leitung von Professor Andreas Kappler vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen, Professor Sebastian Behrens von der US-amerikanischen University of Minnesota, Professorin Claudia Kammann von der Hochschule Geisenheim University und einem internationalen Forscherteam. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications publiziert. Demnach wird die Pflanzenkohle durch Kompostierung mit einer Schicht überzogen, die die Düngeeigenschaften entscheidend verbessert.
Als Pflanzenkohle (englisch biochar) bezeichnet man verkohlte Biomasse wie zum Beispiel Holzkohle. In Böden eingebracht, kann sie Kohlenstoff dauerhaft speichern sowie Wasser und Nährstoffe binden. „Im Pflanzenbau in der Landwirtschaft stellen sich höhere Erträge jedoch meist nur dann ein, wenn die Pflanzenkohle gemeinsam mit Nährstoffen aus nicht verkohlter Biomasse, wie zum Beispiel Stallmist oder Gülle, ausgebracht wird“, fasst Nikolas Hagemann den Forschungsstand zusammen. „Die Anwendung von Pflanzenkohle ohne Nährstoffzugabe oder in Kombination mit rein mineralischen Nährstoffen hat sich in vielen Versuchen meist als weit weniger erfolgreich erwiesen.“ Da die zugrundeliegenden Prozesse noch weitgehend unbekannt seien, konnten bisher kaum marktfähige Dünger auf Basis von Pflanzenkohle entwickelt werden.
Beschichtung verbessert die Eigenschaften als Düngemittel deutlich
In der aktuellen Studie untersuchte Hagemann Pflanzenkohle vor und nach der Kompostierung mit Stallmist. Während der Kompostierung wird der Mist in Humus umgewandelt und Nährstoffe freigesetzt, die wiederum teilweise von der Pflanzenkohle aufgenommen werden. Die Kompostierung wurde im kleingewerblichen Maßstab mit der Infrastruktur und dem Knowhow des praxisnahen Ithaka Instituts in der Schweiz durchgeführt. Mit einer Kombination verschiedener mikroskopischer und spektroskopischer Analysen stellte das Tübinger Forscherteam fest, dass den gelösten organischen Substanzen bei der Kompostierung der Pflanzenkohle eine Schlüsselrolle zukommt: Sie überziehen sie mit einer speziellen Schicht.
„Diese organische Beschichtung macht den entscheidenden Unterschied zwischen frischer und kompostierter Kohle“, erklärt Andreas Kappler. Die Beschichtung verbessere die Eigenschaften der Pflanzenkohle im Hinblick auf die Speicherung von Nährstoffen und beim Aufbau von weiterer organischer Bodensubstanz. „Ähnliches passiert, wenn unbehandelte Pflanzenkohle in den Boden eingebracht wird – nur viel langsamer, im Boden dauert die Bildung der Beschichtung viele Jahre“, ergänzt Claudia Kammann, die das Phänomen der Nitratbindung auch in Kohlepartikeln nachwies, die aus einem drei Jahre alten Feldversuch stammten. Damit hat das Forscherteam die Tür geöffnet für die Entwicklung einer neuen Generation von Düngemitteln auf der Basis von Pflanzenkohle, die das Grundwasser schonen und das Klima schützen könnten.
Diese Arbeiten wurden finanziell unter anderem von der Rosa-Luxemburg Stiftung (Berlin) in Form eines Promotionsstipendiums für Nikolas Hagemann unterstützt, von der EU COST Initiative TD1107 „Biochar for Sustainable Environmental Management“, die im Jahr 2012 von den Professoren Bruno Glaser, Jürgen Kern und Claudia Kammann eingeworben wurde, und vom Ithaka Institut in der Schweiz.
Kontakt:
Prof. Dr. Claudia Kammann
Hochschule Geisenheim University
Institut für Bodenkunde & Pflanzenernährung
Zentrum für Angewandte Biologie
Professur Klimafolgenforschung
Gebäude: 35 / 'alte Phyto', HS 8
Raumnummer: 01.02
E-Mail: Claudia.Kammann@hs-gm.de
Tel.: + 49 6722 502 755
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Transfer of Science or Research
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).