idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
02/24/2021 11:47

Islamistische Radikalisierung - Forschungsverbund MAPEX stellt Online-Plattform mit über 1000 Präventionsprojekten vor

Dr. Utz Lederbogen Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Osnabrück

    OSNABRÜCK/BIELEFELD.- „Islamistischer Terrorismus kann nicht alleine mit repressiven Mitteln bekämpft werden. Deutschland braucht eine koordinierte wissensbasierte Prävention vor allem an Schulen und in der Jugendhilfe“, so die Projektpartner des Forschungsverbundes MAPEX in ihrem Abschlussbericht. In den vergangenen drei Jahren haben sie alle Präventions- und Interventionsprojekte im Bereich des islamistischen Extremismus in Deutschland auf einer interaktiven Online-Plattform (www.mapex-projekt.de) zusammengetragen. An dem Forschungsverbund MAPEX nahmen die Universitäten Bielefeld, Osnabrück, Frankfurt sowie die FH Münster teil.

    Vor allem der Bund und im Besonderen das Innen- und Familienministerium stecken inzwischen viel Geld in die Präventionsarbeit. Alleine in den beiden großen Programmen „Demokratie leben!“ und „Nationales Präventionsprogramm gegen islamistischen Extremismus“ werden jährlich jeweils 100 Millionen Euro verausgabt. „Ob das Geld dort ankommt, wo es gebraucht wird, und ob wirklich alle relevanten Partner beteiligt sind – dazu hatten wir bislang keine valide Datenbasis“, so Prof. Dr. Andreas Zick, der an der Universität Bielefeld das Verbundprojekt koordiniert.

    Abhilfe verspricht das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) von 2017 bis 2021 geförderte Forschungsprojekt MAPEX (Mapping und Analyse von Präventions- und Distanzierungsprojekten im Umgang mit islamistischer Radikalisierung), das systematisch alle Präventionsprojekte in Deutschland identifizierte und anschließend telefonisch befragte. Herausgekommen ist unter anderem eine interaktive Landkarte, der präzise entnommen werden kann, wo in Deutschland Prävention geleistet wird. Das Forschungsteam hat insgesamt 1.000 Projekte und Maßnahmen erfasst und 591 telefonische Interviews geführt.

    Das Datenmaterial zeige eindrucksvoll auf, dass Bund, Länder und Kommunen und die von ihnen beauftragten Träger in den vergangenen Jahren viel Pionierarbeit geleistet haben. Dennoch gebe es Lücken und Mängel, so der Soziologe Dr. Sebastian Kurtenbach (FH Münster): „Die Versorgung des ländlichen Raumes kommt in der Präventionsarbeit gegen islamistische Radikalisierung nicht selten zu kurz.“

    Der Islamwissenschaftler Dr. Michael Kiefer (Universität Osnabrück) ergänzt: „Verbessert werden muss auch die Zusammenarbeit zwischen Maßnahmenträgern. Nicht alle Maßnahmen und Angebote sind Schulen und Jugendhilfen bekannt.“ Ebenso bemängeln die Projektpartner, dass viele präventive Angebote nur für einen bestimmten Zeitraum angeboten werden. So haben die „Respekt Coaches“, die an 190 Schulen ihre Dienste verrichten, allesamt befristete Arbeitsverträge. Dies bedeutet, dass Ende 2021 die Schulen wichtige Präventionsakteure verlieren würden. Für Prof. Dr. Harry Harun Behr und Dr. Meltem Kulaçatan, die das Frankfurter Teilprojekt in MAPEX leiteten, ist dies „ein unerfreulicher Sachverhalt, der die nachhaltige Strukturbildung in der Präventionslandschaft einschränkt.“

    Der Forschungsverbund hat neben der interaktiven Online-Plattform auch ein Buch veröffentlicht, in dem vertiefende Analysen sowie auch Teilstudien publiziert werden. Dort finden sich auch Praxisbeispiele an Schulen, in Kommunen sowie Maßnahmen, die vielversprechend sind für die Deradikalisierung und Distanzierung vom Extremismus.
    „Es bedarf aber noch größerer Anstrengungen zur Stärkung der Prävention bei jeder Form von Extremismus“, meint die Koordinatorin Manuela Freiheit von der Universität Bielefeld. Sie verweist auf eine zusätzliche Handreichung, die die Bedarfe an Politik und Institutionen richtet, die für die Stärkung und Entwicklung der Prävention zuständig sind.

    „Forschung und Praxis müssen enger verzahnt werden und Wissen schneller in den Transfer gelangen können“, meint Andras Zick, und er ergänzt mit dem Blick auf die Herausforderungen, die mit neuen Extremismusphänomenen einhergehen: „Wir wünschen uns nach vielen Jahren der Forschung im Bereich Radikalisierung und Extremismus ein Wissenschaftszentrum für Radikalisierungsanalyse und Prävention.“

    Zum Projektabschluss stellen die Partner des MAPEX-Forschungsverbundes am Freitag, 26. Februar, ihre Ergebnisse während einer Online-Fachtagung zur Diskussion. „Gleichzeitig wollen wir gemeinsam überlegen, an welchen strukturellen Stellschrauben noch gedreht und welche Themen stärker in der Forschung wie in der Praxis bedacht werden müssten, um die Präventions- und Interventionslandschaft gemeinsam weiterentwickeln zu können“, heißt es im Einladungstext.

    Dem Forschungsverbund MAPEX gehörten an:
    Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG), Universität Bielefeld; Institut für Islamische Theologie (IIT), Universität Osnabrück;
    Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Islam, Goethe-Universität Frankfurt am Main; Fachbereich Sozialwesen, Fachhochschule Münster

    Kontakt für Rückfragen:
    E-Mail: mapex.ikg@uni-bielefeld.de


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Andreas Zick, Universität Bielefeld
    Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
    Tel. +49 521 106-3124
    E-Mail: zick@uni-bielefeld.de

    Dr. Michael Kiefer, Universität Osnabrück
    Institut für Islamische Theologie
    Tel. +49 541 969 6220
    E-Mail: michael.kiefer@uni-osnabrueck.de


    Images

    Deutschland braucht eine koordinierte wissensbasierte Prävention vor allem an Schulen und in der Jugendhilfe.
    Deutschland braucht eine koordinierte wissensbasierte Prävention vor allem an Schulen und in der Jug ...
    Jens Raddatz
    Universität Osnabrück


    Criteria of this press release:
    Journalists, Teachers and pupils
    Politics, Religion, Social studies, Teaching / education
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).