idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/06/2021 14:22

Preis für Materialforscher: Qualitätsprüfung von Stahl mit weltweit höchster Genauigkeit

Claudia Ehrlich Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Der Materialforscher Dominik Britz aus dem Team von Professor Frank Mücklich hat an der Universität des Saarlandes und am Material Engineering Center Saarland (MECS) eine neue Methode zur Qualitätsprüfung von Stahl entwickelt, die weit zuverlässiger ist als bisherige Verfahren: Mit Hilfe künstlicher Intelligenz erkennt sie den inneren Aufbau der Gefüge und klassifiziert Stahltypen bis zu 95 Prozent genau. Die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde DGM zeichnet ihn für diese Forschung, die bereits in den Scientific Reports des Fachmagazins Nature veröffentlicht wurde, am 6. September mit dem Georg-Sachs-Preis aus.

    Ob Autos, Schiffe, Hochhäuser, Maschinen oder Brücken – Stahl ist überall im Einsatz. Aber Stahl ist nicht gleich Stahl. Für jede Anwendung werden Spezialstähle heute maßgefertigt. Etwa 5.000 Stahlsorten gibt es. Um zu gewährleisten, dass jeder der Stahltypen immer gleich hohe Qualität hat, legen bislang hochspezialisierte Expertinnen und Experten Materialproben unters Mikroskop. Hier zeigt jeder Stahl ein anderes Bild. „Die innere Struktur des Stahls ist auf der Mikro- und Nanoskala sehr individuell. Stahl hat viele Gesichter, die präzise wiedererkennbar sind“, erklärt der Materialwissenschaftler Dominik Britz. Von den inneren Strukturen hängt ab, welche Eigenschaften der jeweilige Stahl hat.

    Jeder Produktionsschritt hat Auswirkungen auf diese Strukturen, also das „Gefüge“. Die chemische Zusammensetzung, das Walzverfahren, die Wärmebehandlungen – alles wirkt sich auf die Mikrostruktur aus: Eine kleine Änderung und alle Bestandteile sind um einen Hauch anders angeordnet, anders geformt oder anders räumlich verknüpft. Bislang vergleichen Qualitätsprüferinnen und -prüfer Mikroskopie-Aufnahmen von Proben mit Beispiel-Aufnahmen guter Qualität: ein schwieriges Unterfangen, das viel Erfahrung verlangt. „Das Gefüge des Stahls ist hochkomplex. Besonders bei Hochleistungsanforderungen müssen aber auch kleinste Unterschiede erkannt und richtig klassifiziert werden. Dies ist mit dem menschlichen Auge immer schwerer zu erkennen“, sagt Britz. Dies lässt die Fehlerquote steigen: Menschen erreichen dabei eine Genauigkeit von etwa 75 Prozent.

    Mit einer Genauigkeit von bis zu 95 Prozent kann das Verfahren aufwarten, das Dominik Britz im Team von Frank Mücklich am Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes und am Material Engineering Center Saarland entwickelt hat. Zusammengearbeitet hat er dabei mit Informatikern vom Saarbrücker Max-Planck-Institut für Informatik, Chemikern der Universität und mit der AG der Dillinger Hüttenwerke. Das Verfahren macht den inneren Aufbau der Stahlgefüge sichtbar und identifiziert diese mit künstlicher Intelligenz. „Das Eigenschaftsspektrum des Stahls lässt sich so für den jeweiligen Einsatz schneller und verlässlicher prüfen und die Stahlindustrie kann die hohe Qualität ihrer Stähle noch besser sicherstellen“, sagt Britz. Und: Sie kann Stahlsorten noch gezielter für die jeweilige Anwendung weiterentwickeln. „Die Hersteller können die Zusammensetzung ihrer Stähle und die Produktionsprozesse weiter verfeinern, um das richtige Spektrum an Eigenschaften maßzuschneidern“, erläutert der 35-Jährige. Zusammen mit Frank Mücklich, bei dem er promovierte, leitet er das Steinbeis Forschungszentrum Material Engineering Center Saarland sowie auch das Uni-Spin-off SurFunction GmbH.

    An Stelle der menschlichen Expertinnen und Experten vergleichen dabei Computermodelle Mikroskopie-Aufnahmen der Stahlproben mit eindeutig klassifizierten Bilddaten. Sie erkennen die komplexen Muster und die Geometrie der Mikrostruktur und ordnen diese Stahltypen zu. „Sie lernen auch hinzu und können Merkmale von zuvor klassifizierten Mikrostrukturen mit den Mustern abgleichen“, sagt Britz. Gemeinsam mit Informatikern und deren maschinellen Lernmethoden trainierte er den Hochleistungsrechnern dieses Wissen an. Mit unterschiedlichen Spezialverfahren in der Rasterelektronenmikroskopie und anderen Mikroskopie-Verfahren beschrieb er hierfür die physikalischen Hintergründe von eindeutigen Abbildungen der Gefüge-Bestandteile. Mit Chemikern der Saar-Universität machte er das Gefüge im Lichtmikroskop zudem farblich erkennbar. „Es wird so reproduzierbar und verlässlich abgebildet. Alle Bestandteile und ihre geometrische Form und Größe lassen sich exakt auslesen“, erläutert Dominik Britz.

    Die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde DGM verleiht ihm für diese „erste vollständig reproduzierbare Mikrostruktur-Kontrastierung“ sowie „die erstmalige Einführung des maschinellen Lernens in die vollautomatische Bildanalyse und Gefüge-Klassifizierung“ jetzt den prestigeträchtigen Georg-Sachs-Preis. Die zugehörige Medaille wird am 6. September auf dem virtuellen DGM-Tag verliehen. Mit dem Preis zeichnet die DGM herausragende wissenschaftliche Arbeiten aus, die in enger Beziehung zur Praxis der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik stehen. Der Preis wird vom Stifterverband Metalle und dem Fachverband der Nichteisen-Metallindustrie Österreichs gemeinsam ausgelobt.

    Hintergrund
    Zu dieser Forschung hat Dominik Britz mehrere Publikationen veröffentlicht, unter anderem in den Scientific Reports des Fachmagazins Nature den Artikel „Advanced Steel Microstructural Classification by Deep Learning Methods”. Daran beteiligt waren der Informatiker Seyed Majid Azimi und sein Forschungsgruppenleiter Mario Fritz vom Max-Planck-Institut für Informatik sowie die Materialwissenschaftler Dominik Britz, Michael Engstler und Professor Frank Mücklich von der Universität des Saarlandes und MECS.
    (https://www.nature.com/articles/s41598-018-20037-5)
    Für seine Forschungsarbeit erhielt Dominik Britz bereits den Eduard-Martin-Preis 2020 der Universitätsgesellschaft des Saarlandes für eine der besten Summa-Cum-Laude-Dissertationen des Jahres.


    Contact for scientific information:

    Dr.-Ing. Dominik Britz: 0681 302 70540; E-Mail: d.britz@mec-s.de
    Prof. Dr.-Ing. Frank Mücklich: 0681/302-70500, frank.muecklich@uni-saarland.de
    Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes
    Steinbeis-Forschungszentrum Material Engineering Center Saarland (MECS)


    More information:

    https://dgm.de - DGM
    https://dgm.de/dgmtag/home - virtueller DGM-Tag
    http://www.fuwe.uni-saarland.de - Funktionswerkstoffe
    http://www.mec-s.de - Steinbeis-Forschungszentrum für Werkstofftechnik
    http://www.surfunction.com – Ausgründung des Instituts


    Images

    Professor Frank Mücklich
    Professor Frank Mücklich
    Foto: Andreas Schlosser

    Dr.-Ing. Dominik Britz
    Dr.-Ing. Dominik Britz
    Foto: Michael Britz


    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
    Construction / architecture, Information technology, Materials sciences, Mechanical engineering
    transregional, national
    Contests / awards, Transfer of Science or Research
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).