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Wissenschaft
Quantensysteme so verdrehen, dass sie insgesamt stabiler gegenüber äußeren Störungen werden und zukünftig als Bauteile von Quantencomputern dienen könnten: Das ist das Ziel von Dr. Thore Posske vom Fachbereich Physik der Universität Hamburg. Posske, der auch Young Investigator Group Leader im Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ ist, erhält dafür einen mit rund 1,5 Millionen Euro dotierten Starting Grant des Europäischen Forschungsrats für sein Projekt „QUANTWIST“.
Die Quantentechnologie wird die Erfassung, Verarbeitung und Übertragung von Informationen revolutionieren und bietet ein nie dagewesenes Potenzial für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Eingesetzt in Quantencomputern könnten viele Problemstellungen effizienter gelöst werden als mit herkömmlichen Computern. Allerdings ist die Entwicklung dieser Quantensysteme komplex, da ihre aus wenigen Atomen bestehenden Bausteine so klein sind, dass sie aufgrund von Umwelteinflüssen instabil und damit unbrauchbar werden können. In den vergangenen Jahrzenten haben Forschende daher versucht, die Quantensysteme von der Umgebung abzuschotten. Allerdings ist dies aufwendig und funktioniert in der Praxis aktuell nur eingeschränkt.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchen daher nach Effekten auf der Quantenebene, die stabiler gegenüber Umwelteinflüssen sind und so die gespeicherten Informationen schützen können. Genau da möchte Posske im Rahmen des ERC Starting Grants ansetzen: Er wird neuartige Datenspeicher für Quantencomputer erforschen, die beispielsweise aus winzigen Ketten mit wenigen einzelnen magnetischen Atomen bestehen.
Verdrehte Quanten: Das Schnürsenkel-Modell
Herkömmliche Computer nutzen als kleinste Informationseinheit das „Bit“, welches zwei Zustände annehmen kann: „0“ und „1“. Das funktioniert ähnlich wie bei einem Lichtschalter: Strom fließt und die Lampe leuchtet (1) oder es fließt kein Strom und es bleibt dunkel (0). In den winzigen Datenspeichern aus magnetischen Ketten kann man sich die magnetischen Ausrichtungen der einzelnen Atome wie kleine Pfeile vorstellen. Zeigen die Pfeile in die gleiche Richtung, dann entspricht das dem Zustand „0“. Sind die Pfeilspitzen in einer Spirale angeordnet, dann ist das der Zustand „1“. Anders gesagt, die Informationen werden in den Quantenzuständen „Spirale vorhanden“ (1) oder „Spirale weg“ (0) gespeichert. Die magnetischen Spiralen lassen sich nicht einfach abwickeln und sind damit viel stabiler als normale Quantenzustände, wodurch die Ketten auf wenige Atome verkleinert werden können.
„Warum dieser Zustand stabiler ist, erkläre ich meiner Familie immer so: Ich habe einen Schnürsenkel, den ich hinlege und daraus eine Schlaufe forme. Das ist der digitale Zustand „1“. Der Zustand „0“ ist, wenn ich den Schnürsenkel gerade hinlege. Wenn ich jetzt am Schnürsenkel kräftig wackle, dann kann ich die beiden Zustände nicht mehr unterscheiden. Aber wenn ich statt der Schlaufe einen Knoten in den Schnürsenkel mache und dann daran wackle, bekomme ich den Knoten nicht herausgeschüttelt, die Information ist gegenüber äußeren Einflüssen geschützt,“ erklärt Dr. Thore Posske. Gemeinsam mit seinem Team will Posske das volle Potenzial dieses Speicherkonzepts erforschen und von zweidimensionalen auf dreidimensionale Systeme ausweiten, wie z. B. magnetische Wirbel in Festkörpern.
Das Projekt „QUANTWIST“ wird Anfang 2023 starten und für sein Team sucht Posske noch Unterstützung. „Die Festkörperphysik ist ein Schmelztiegel der gesamten Physik. Wir untersuchen Quasiteilchen, die auch in der Quantenfeldtheorie vorkommen und in der Teilchenphysik“, sagt Posske. „Die von uns benutzten topologischen Systeme spielen auch in der Allgemeinen Relativitätstheorie eine wichtige Rolle und wir erforschen jetzt sogar Quantengeometrien. Das alles macht die Festkörperphysik gerade auch für Studierende sowohl mathematisch als auch physikalisch zu einem sehr vielseitigen und spannenden Thema. Und es kann sein, dass man am Ende eine zündende Idee hat, ein Start-up gründet und etwas baut, was die Welt revolutioniert. Die Exzellenzuniversität Hamburg mit dem Exzellenzcluster ,CUI: Advanced Imaging of Matter‘ und die herausragenden wissenschaftlichen Initiativen Hamburgs, wie dem Start-up Inkubator und der Science City Bahrenfeld, bieten dafür eine in Norddeutschland einzigartige Forschungsatmosphäre.“
Der ERC Starting Grant
Der ERC Starting Grant ist ein Förderformat des Europäischen Forschungsrats, dass sich an talentierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler (2 bis 7 Jahre nach der Promotion) richtet, um ihr Potenzial als Arbeitsgruppenleiterinnen oder Arbeitsgruppenleiter auszuschöpfen. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre und die Projekte werden von den Nachwuchsforschenden und deren Team ausgeführt.
Dr. Thore Posske
Universität Hamburg
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Fachbereich Physik
Tel.: +49 40 42838-4997
E-Mail: thore.posske@physik.uni-hamburg.de
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Information technology, Physics / astronomy
transregional, national
Research projects
German
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