idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
01/24/2023 17:00

Moose verzweigen sich anders... auch auf molekularer Ebene

Daniel F. Azar, PhD Communications & Partnerships
Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI)

    Nicht-vaskuläre Moose leben in Kolonien, die den Boden bedecken und winzigen Wäldern ähneln. In einem echten Wald konkurrieren die Pflanzen in verschiedenen Schichten des Kronendachs um Licht. Wenn eine Pflanze nicht genügend Sonnenlicht empfängt, stellt sie die seitliche Verzweigung ein und wächst stattdessen in die Höhe. Forschende des Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entdeckten, dass das Lebermoos, dessen Pflanzenkörper sich grundlegend von dem vaskulärer Pflanzen unterscheidet, seine Architektur ebenfalls an die Lichtverhältnisse anpasst. Die Ergebnisse wurden in Current Biology veröffentlicht.

    Wälder bestehen aus einem mehrschichtigen Kronendach, in dem Bäume und andere Pflanzen um Licht konkurrieren. Unzureichendes Sonnenlicht veranlasst die Pflanzen, ihre Verzweigungsmuster anzupassen, um vertikales Wachstum zu fördern. Pflanzen nehmen den Unterschied zwischen direktem Sonnenlicht und Schatten mit Hilfe von Phytochrom Fotorezeptoren wahr, die im gesamten Pflanzenreich vorhanden sind, von Algen über Moose bis hin zu Blütenpflanzen.

    "Wir wissen seit langem, dass Phytochrome Gefäßpflanzen dazu veranlassen, ihr seitliches Wachstum einzustellen und stattdessen vertikal zu wachsen, um einen schattenspendenden Nachbarn zu umgehen oder ihm zu entwachsen", sagt die Erstautorin Susanna Streubel, eine ehemalige Post-Doktorandin in der Dolan-Gruppe am GMI. Neue Zweige entlang des Stammes werden von den Seitenmeristemen, den Bildungsgeweben der Pflanzenstammzellen, die das Seitenwachstum begünstigen, gebildet. "Diese Reaktion auf Schatten erfordert, dass die Aktivität der seitlichen Meristeme eingestellt wird".

    Lebermoose reduzieren die Verzweigung im Schatten

    Die ForscherInnen stellten die Hypothese auf, dass Lebermoose, die nicht zu den Gefäßpflanzen gehören und vermutlich den frühesten Landpflanzen ähneln, ebenfalls über einen Mechanismus verfügen, um ihr Verzweigungsmuster an wechselnde Lichtverhältnisse anzupassen. Wie Gefäßpflanzen haben sie Meristeme und sind zur Verzweigung fähig. Im Gegensatz zu den Gefäßpflanzen, die sich unterhalb der Spitze oder des Scheitelpunkts seitlich verzweigen, verzweigen sich die Moose jedoch nur am Scheitelpunkt in einem Mechanismus, der dichotome Verzweigung genannt wird.

    Die ForscherInnen untersuchten die Phänotypen der Lebermoose und stellten fest, dass sich der flache Lebermooskörper, auch Thallus genannt, bei vollem Weißlicht regelmäßig verzweigte. "Im simulierten Schatten hingegen wurden viele Lebermoos-Meristeme entlang der Hauptwachstumsachse inaktiv und bildeten keine Verzweigungen. Der Thallus zeigte also Merkmale der Schattenvermeidung", sagt Streubel. Da Lebermoose auch Phytochrome verwenden, analysierten die ForscherInnen Mutationen, die Phytochrome und Phytochrom-assoziierte Gene betreffen. Sie konnten nachweisen, dass der Phytochrom-Signalweg ähnlich wie bei den Gefäßpflanzen auch bei den Lebermoosen die Schattenvermeidung steuert.

    Unabhängige Evolution der molekularen Regulierung?

    Dolan und sein Team suchten nach weiteren genetischen Regulatoren dichotomer Verzweigung und der Meristemaktivität in M. polymorpha. Durch die Untersuchung von Genexpressionsmustern in vollem Weißlicht und im Schatten entdeckten sie, dass ein Transkriptionsfaktor namens MpSPL1 und eine lebermoosspezifische microRNA (miRNA) antagonistische Wirkungen auf die Meristemaktivität haben: MpSPL1 ist unerlässlich, um Meristeme in Dormanz zu versetzen, während die lebermoosspezifische miRNA die Meristemaktivität fördert. Diese Ergebnisse stehen teilweise im Gegensatz zu dem bekannten molekularen Mechanismus der lichtgesteuerten Seitenverzweigung in Arabidopsis thaliana, dem am besten untersuchten Modell der Gefäßpflanzen. Obwohl die Gene, die die lichtgesteuerte Verzweigung in Arabidopsis kontrollieren, ebenfalls zur SPL-Familie gehören und durch miRNAs reguliert werden, sind sie evolutionär weit von denen entfernt, die jetzt im Lebermoos identifiziert wurden.

    Aufgrund dieser Ergebnisse spekuliert das Team, dass sich die molekularen Mechanismen, die die Verzweigung regulieren, unabhängig voneinander in Lebermoosen und Gefäßpflanzen entwickelt haben könnten. "Insgesamt zeigen unsere Ergebnisse, dass ein teilweise konservierter Mechanismus von Phytochrom-regulierter miRNA- und SPL-Genaktivität die Verzweigung in völlig unterschiedlichen Familien von Landpflanzen mit grundlegend unterschiedlichen Verzweigungsarten steuert", sagt der GMI-Gruppenleiter Liam Dolan, der korrespondierende Autor der Studie.

    Originalveröffentlichung:
    Streubel S., et al. "Meristem dormancy in Marchantia polymorpha is regulated by a liverwort-specific miRNA and a clade III SPL gene". Current Biology, 2023. DOI: 10.1016/j.cub.2022.12.062

    Über das GMI:
    Das Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) betreibt Spitzenforschung in der molekularen Pflanzenbiologie. Das Institut gehört zur Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und wird von dieser finanziert. Die Forschungsthemen umfassen grundlegende Mechanismen der Epigenetik, Zellbiologie, Interaktionen zwischen Pflanzen und Krankheitserregern, Entwicklungsbiologie und Populationsgenetik. Das GMI befindet sich am Vienna BioCenter, einem der führenden Life-Science-Standorte in Europa.


    More information:

    https://bit.ly/Bryophyten Link zum Presseaussendungstext auf der GMI-Webseite


    Images

    Marchantia polymorpha reduziert die Verzweigung im Schatten
    Marchantia polymorpha reduziert die Verzweigung im Schatten
    Susanna Streubel
    © Dolan Lab / Current Biology / GMI


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Biology, Chemistry, Environment / ecology
    transregional, national
    Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).