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Wissenschaft
11/07/2017 - 11/07/2017 | Berlin
Seit 2000 trifft man in zahlreichen deutschsprachigen Gegenwartsromanen auf typographische Auffälligkeiten, die mit der Vorstellung eines linear-gleichförmigen Romantextes brechen: Im "Ungeheuer" (2013) von Terézia Mora geht ein horizontaler Strich durch den ganzen Roman und teilt die Geschichte in zwei Teile; in Jan Brandts "Gegen die Welt" (2011) entfärbt sich die Schrift, bis die Seite leer ist; David Wagner setzt in "Leben" (2013) eine schwarze Seite ein, um die Leerstelle einer Operation zu markieren; Nis-Momme Stockmanns "Der Fuchs" (2016) durchziehen mehrere vertikale Linien den Roman, um unterschiedliche Zeitebenen anzuzeigen; Albrecht Selge lässt die Buchstaben aus der Reihe tanzen, wenn die alkoholisierten Figuren zu lallen beginnen und in "Die Unglückseligen" (2016) bittet der Teufel den Setzer des Buches, das wir soeben in den Händen halten, das kleine „Frakturproblem“ zu lösen – gemeint ist freilich kein Knochenbruch, sondern die vom Teufel unterstellte Inkompetenz des Lesers, den bis dahin in gebrochener Schrifttype präsentierten Text überhaupt lesen zu können.
Handelt es sich bei solchen Darstellungsweisen um Spielereien neuerer Romane? Oder wird in den genannten Beispielen die semiotisch-materielle Modellierung des Romans als Buch produktiv für die Erzählung genutzt? Am Beispiel aktueller Gegenwartsromane möchte ich in diesem Kontext diese und weitere Fragen in den Blick nehmen: In welche Richtung entwickelt sich das zeitgenössische Romanverständnis insbesondere im Spannungsverhältnis von Illusionismus und Anti-Illusionismus. Welche Auswirkungen haben die medientechnischen Entwicklungen auf die Form des Romans? Auch die poetologische, gattungstheoretische und medientechnische Traditionslinie, in die sich diese Romane stellen, wäre zu diskutieren. Können die ‚Romanexperimente‘ provozieren und Neuerungen anstoßen? Handelt es sich vielleicht weniger um ‚Romanexperimente‘ als vielmehr um die Wiederentdeckung des Buchs in der Poetik des Romans?
Obwohl die Digitalisierung, so meine Ausgangsthese, Gelingensbedingung für die Konjunktur dieser Romane ist, wird in den neueren Romanen die mediale Darbietungsform des Romans als Buch betont. Wenn sich seit 2000 immer mehr Romane mit Typographie, Seitenkomposition und allgemein mit Aspekten der Druckgestaltung produktiv auseinandersetzen, dann könnte dies ein Hinweis auf einen Umbruch in der Romanpoetik bedeuten, den ich anhand der genannten Romane skizzieren möchte.
Information on participating / attending:
Date:
11/07/2017 18:15 - 11/07/2017 19:45
Event venue:
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Haus Unter den Linden
Eingang: Dorotheenstraße 27
Treffpunkt: Eingangsbereich (Rotunde)
10117 Berlin
Berlin
Germany
Target group:
Scientists and scholars, all interested persons
Email address:
Relevance:
international
Subject areas:
Art / design, Cultural sciences, History / archaeology, Language / literature, Media and communication sciences
Types of events:
Presentation / colloquium / lecture
Entry:
08/16/2017
Sender/author:
Jeanette Lamble
Department:
Generaldirektion - Pressestelle
Event is free:
yes
Language of the text:
German
URL of this event: http://idw-online.de/en/event58186
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