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07/28/1999 08:54

Wie die Nase weiss

Tal Eizman Publications and Media Relations Department
Weizmann Institut

    Contact: Yivsam Azgad, Tel: 972 8 934 3857
    email: yivsam@wisemail.weizmann.ac.il

    Ob man den Duft einer Blume riecht, frisches Brot oder die Abgase eines
    vorbeifahrenden LKWs, der Geruchssinn des Menschen ist ein eindrucksvolles
    Navigationssystem, das zwischen Millionen unterschiedlicher Gerueche
    unterscheidet. Nun haben Wissenschaftler des Weizmann Institutes eines der
    Geheimnisse dieser eindrucksvollen Faehigkeit gelueftet.

    Um eine Reaktion des olfaktorischen Organs zu erhalten, muessen Molekuele
    einer bestimmten Substanz in die Nase eindringen. Dort treffen sie auf
    olfaktorische Rezeptoren - spezialisierte Proteine, die aus der Oberflaeche der
    Nervenzellen an den Innenwaenden der Nase herausragen. Wenn ein
    Geruchsmolekuel auf einem Rezeptor landet, sendet die Nervenzelle ein
    elektrisches Signal ans Gehirn, wo die Information zur Identifikation des
    Geruches weiterverarbeitet wird.

    Theoretisch koennte man sich vorstellen, dass es fuer jedes Geruchsmolekuel
    eine bestimmte Rezeptorart gibt, die durch spezifische Gene bestimmt wird.
    Wenn es jedoch nur rund 10.000 unterschiedliche Gerueche gaebe, wuerde
    nach dieser Theorie der Geruchssinn des Menschen rund ein Zehntel des
    genetischen Codes in Anspruch nehmen, denn dieser besteht aus rund 100.000
    Genen. Es liegt auf der Hand, dass dies unmoeglich ist. Wenn aber andererseits
    nicht fuer jeden Geruch ein eindeutiger, einmaliger Rezeptor existiert - wie
    bringt unsere Nase dann Sinn in die grosse Vielfalt der Aromen?

    Vor einigen Jahren legte Prof. Doron Lancet von der Abteilung
    Molekulargenetik des Weizmann Institutes die Theorie vor, nach der die
    olfaktorischen Rezeptoren "Generalisten" sind und die Faehigkeit zur Bindung
    verschiedener Geruchsmolekuele besitzen. Umgekehrt kann sich jedes
    Geruchsmolekuel mit einer Reihe potentieller Rezeptoren verbinden. Die
    Intensitaet der Bindungen variiert je nach Passungsgrad. Ein Geruchsmolekuel
    kann sich demnach an Rezeptor A mit grosser Intensitaet binden, waehrend die
    Verbindung mit Rezeptor B nur mittelstark ist, usw. Das Muster der
    unterschiedlichen Bindungen ergibt einen einmaligen "Fingerabdruck", den das
    Gehirn als einen bestimmten Geruch versteht. Der Signalmechanismus, den die
    unterschiedlichen Rezeptoren verwenden, ist derselbe, und das Gehirn
    unterscheidet die Signale dadurch, dass es weiss, von welchen Nervenzellen sie
    stammen.

    Das Modell entstand, nachdem Lancet zu der Meinung gekommen war, dass
    der Riechsinn aehnlich wie das Immunsystem funktionieren koennte, welches
    ebenfalls eine riesige Anzahl verschiedener Fremdmolekuele erkennen muss.
    Zu diesem Zweck produziert das Immunsystem eine grosse Anzahl von
    Antikoerpern, die verschiedene Eindringlinge dingfest machen koennen.

    Nun haben der Graduierte Yitzhak Pilpel und Lancet in einer neuen Studie, die
    in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift Protein Science veroeffentlicht wurde,
    nachweisen koennen, wie das "generalistische Modell" auf struktureller Ebene
    funktionert. Sie haben ausserdem gezeigt, dass die Aehnlichkeit zwischen
    Rezeptoren des Geruchssinns und Antikoerpern weitreichender ist, als Lancet
    urspruenglich annahm.

    Durch die Analyse der DNA-Sequenzen von 200 Geruchsrezeptoren - aus
    einer geschaetzten Gesamtzahl von 500-1000 - gelang den Wissenschaftlern die
    Uebertragung der dreidimensionalen Struktur der Rezeptoren in ein Modell.
    Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass alle Geruchsrezeptoren - die jeweils aus
    etwa 300 Aminosaeuren bestehen - eine aehnliche Struktur aufweisen: Sie
    enthalten grosse, rahmenartige Regionen, die allen Mitgliedern dieser grossen
    Familie von Geruchsdetektoren gemeinsam sind. Nur eine kleine, gut
    abgegrenzte Region mit etwa 20 Aminosaeuren weicht jeweils stark von
    anderen Rezeptoren ab. Dies ist die Stelle, an der ein Geruchsmolekuel genau
    wie ein Schluessel ins Schloss passt.

    Die Ergebnisse verdeutlichen das Wunder des Geruchssinnes in all seiner
    Einfachheit. Die schluessellochgrosse Region ist variabel, um einer riesigen
    Anzahl neuer Gerueche zu entsprechen, waehrend die Rahmenstruktur des
    Rezeptors relativ unveraendert bleibt. Dieses Strukturmodell hat viel
    Aehnlichkeit mit dem, was man schon seit langem ueber
    Antikoerper-Molekuele weiss. Auch sie enthalten eine kleine, hoechst
    individuell ausgepraegte Region zur Erkennung der unendlich grossen Armee
    fremder Eindringlinge. Pilpel und Lancet sind der Auffassung, dass sie das
    langgesuchte Aequivalent der "hypervariablen" Region der Antikoerper bei den
    Rezeptoren fuer Geruchsmolekuele gefunden haben.

    Wenn das Modell des Institutes fuer Geruchsrezeptoren durch weitere Studien
    untermauert wird, koennte es sich bei der Entwicklung neuer Aromen und
    Gemschmacksmolekuele als nuetzlich erweisen, vielleicht auch bei der
    Entwicklung kuenstlicher Geruchssensoren.

    Prof. Lancet, der Inhaber des Ralph-und-Lois-Silver-Lehrstuhls fuer
    Neurogenomik, koordiniert die Forschung an Genen des Geruchssinns am
    internationalen Humangenomprojekt und ist Leiter des
    Crown-Humangenomzentrums am Weizmann Institut. Lancet ist ausserdem
    Leiter des nationalen Labors fuer Genom-Infrastruktur, das vom Israelischen
    Wissenschaftsministerium gefoerdert wird.


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    Criteria of this press release:
    Materials sciences
    transregional, national
    Research results
    German


     

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