Als der Eichstätter Soziologe Prof. Dr. Rainer Greca und seine Mitarbeiter vor drei Jahren die Gefährdungen von Jugendlichen in einer Bezirksgemeinschaft Südtirols untersuchen sollten, wurden sie schnell mit einem erheblichen Drogen- und Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen konfrontiert. "Saufen ist in Südtirol eine Art Patriotismus", sagte einer der befragten Jugendlichen.
Eine erste Bestandsaufnahme vor Ort im Rahmen des Projektes "Out of the Blue", das zusammen mit der Universität Trient umgesetzt wurde, offenbarte die Ausmaße des Problems: 80 Prozent der 14-21-Jährigen konsumieren regelmäßig Alkohol (insbesondere Mixgetränke), davon große Mengen in kurzer Zeit und vor allem an Wochenenden. Während früher Jugendliche, die Suchtmittel konsumierten, Außenseiter blieben, sind es nun diejenigen, die nicht zu Flasche oder Joint greifen.
Insofern unterscheidet sich die Situation zwar nicht grundsätzlich von der Drogenproblematik in anderen europäischen Ländern. Jedoch zeigte sich in Südtirol, dass auch die vielen Vereine und das rege Leben in ihnen keinen ausreichenden Schutz bieten, in manchen das Trinken sogar gefördert wird. Auch bei öffentlichen Festen, bei denen mit dem Ausschank viel Geld zu verdienen ist, wird über das normale Maß hinaus getrunken. "Neben zahlreichen Diskussionen mit Eltern, Lehrern und Vereinen musste deshalb auch etwas auf politischer Ebene geschehen", erklärt Professor Greca, "denn die Gemeinden sind zuständig für die Genehmigung der Feste und haben somit auch Einfluss auf die Gestaltung.". Im Juni letzten Jahres wurde nach langer Vorbereitung schließlich von der Bezirksgemeinschaft - einem Landkreis vergleichbar - eine Resolution verabschiedet, die die Vergabe von Konzessionen für den Alkoholverkauf auf Festen einschränkt. Weitere Bezirksgemeinschaften in Südtirol folgten diesem Beispiel.
Ein grundsätzliches Anliegen des Projektes bestand darin, die vorhandenen Probleme stärker in das öffentliche Bewusstsein zu bringen, damit sowohl bei den Verantwortlichen in Politik und Verbänden als auch bei den Bürgern ein Umdenken einsetzt. Deshalb wurde in Zusammenarbeit mit einer lokalen Zeitung ein Forum eingerichtet, in dem Eltern mit Experten über Fragen zur Erziehung ihrer Kinder diskutieren können. Damit nach Abschluss des Projektes nicht wieder der gewohnte Alltag einkehrt, wurden zudem regionale Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich weiterhin der Problematik annehmen werden. "Wichtig wird es zukünftig auch sein, dass schon vorhandene Präventionsinitiativen besser koordiniert werden", sagt Greca. Welchen Erfolg die einzelnen Maßnahmen haben werden, sollen jährliche Nachevaluationen durch die lokalen Arbeitsgruppen zeigen.
Criteria of this press release:
Law, Politics, Social studies
transregional, national
Research projects, Transfer of Science or Research
German
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