An der Theologischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg findet im Wintersemester 1999/2000 die Ringvorlesung "Millennium. Anno Domini 2000. Zwischen apokalyptischen Ängsten und chiliastischen Hoffnungen" statt. Die Vorträge beginnen am Mittwoch, 3. November 1999, um 19.15 Uhr im Kollegienhaus in Erlangen, Universitätsstraße 15, Raum 1.016.
Die interdisziplinäre Ringvorlesung wird sich mit den Phänomenen und Problemen der kulturellen Orientierung beschäftigen, die mit dem Wechsel vom zweiten ins dritte Jahrtausend der christlichen Zeitrechnung verbunden sind. Dabei sollen Themen behandelt werden, die von breitem gesellschaftlichem Interesse sind und öffentlich diskutiert werden; Themen, bei denen die wissenschaftliche Kompetenz der jeweils zuständigen Disziplin nicht nur darin sichtbar werden soll, daß sie andere Disziplinen und die interessierte Öffentlichkeit über ihre einschlägige Arbeit informiert, sondern auch darin, daß sie den gesellschaftlichen Diskurs "Millennium", seine Eigenart, seine Hintergründe, seine offenen, unterschwelligen oder gar verheimlichten Themen und die mit ihm verbundenen Erwartungen oder Befürchtungen über sich selbst aufklärt.
Die Ringvorlesung will zeigen, wie universitäre Wissenschaft, ohne selbst weltanschaulich zu werden, zur Erhellung und Förderung gesellschaftlicher Orientierungsprozesse beitragen kann.
Thematik
Eine kulturanalytische Verständigung in Sachen "2000" hat fast allzu viele Anknüpfungsmöglichkeiten. Die Ringvorlesung fokussiert die Thematik auf die praktischen, die ästhetisch-symbolischen und die theoretischen Instrumente der erwartungs- und handlungssteuernden Orientierung zeitgenössischer Gesellschaften in deren temporalen, d.h. Zeit erfahrenden und Zeit gestaltenden Charakter.
Dem Anlaß entsprechend wird die Ausbildung und der Gebrauch solcher Orientierungsinstrumente in Zeiträumen betrachtet, die von den Zeitgenossen selber vorrangig unter der Kategorie der Bewegung wahrgenommen werden: als epochales Einstehen einer Entwicklung, als scharfe Zäsur, als dynamischer Übergang, als krisenhafte Schwelle, als unvermeidlicher Abschied, gar Untergang oder willkommener Neuanfang, gar Auferstehung. Solche Zeiträume sind emotional stark, daher uneinheitlich, ja widersprüchlich besetzt: von der (r)evolutionären Euphorie bis zur fin-de-siècle-Melancholie oder zur Panik drohenden Untergangs (einschließlich der inszenierten oder der z.B. im Film angstlustvoll fingierten Untergänge).
Das geradezu emblematisch gewordene Syndrom "Millennium" stellt zweifellos eine solche intensivierte Zeitbeziehung dar. Sie zu erklären und zu verstehen, ist kulturwissenschaftliche Pflicht. Was sind, außer der runden Zahl (die ihrerseits ein psychologischer Faktor ist), ihre gegenwartsspezifischen Gründe und Zusammenhänge? Wie unterscheidet sich diese Zeitbeziehung von vergleichbaren Zeiten in Schwellen- und Krisensituationen der Vergangenheit oder von Zukunftserwartungen anderer, nicht christlich geprägter Kulturen? Was kann das "Millennium" für unser symbolisierendes und unser praktisches Verhalten vernünftigerweise bedeuten?
Die Ringvorlesung wählt die Themen nicht zuletzt nach der pragmatischen Maßnahme aus, möglichst viele der in Erlangen-Nürnberg vertretenen kulturwissenschaftlichen Disziplinen zu beteiligen. Für einige wichtige Aspekte des Themas wurden jedoch auswärtige Spezialisten eingeladen, die einzuladen der Lernwilligkeit und -fähigkeit einer Universität gut ansteht. Ihre Beteiligung zugesagt haben Theologen, Religionswissenschaftler, Historiker, auch Technikgeschichtler, Politologen, Philosophen und Psychologen.
Programm
Die Ringvorlesung umfaßt dreizehn Veranstaltungen. Sie werden jeweils am Mittwoch, 19.15 Uhr, im Erlanger Kollegienhaus (Universitätsstraße 15, Raum 1.016.) stattfinden; die erste Vorlesung startet am 3. November 1999.
03.11.1999: Prof. Dr. Jens Kulenkampff, Erlangen
Das Ende aller Dinge.
I. Kants Verteidigung Gottes gegen den Wortlaut der Bibel
10. 11.1999: Prof. Dr. Oda Wischmeyer, Erlangen
Das neue Jerusalem. Endzeit-Szenarien der jüdischen Apokalyptik
17.11.1999: Dr. Dr. Helmut Zander, Bonn
2000 als "(un)heiliges Jahr".
Geschichtskonstruktionen und der Engel der Geschichte
24.11.1999: Prof. Dr. Hartmut Bobzin, Erlangen
Die Zukunftserwartung des schiitischen Islam.
Zeiten und Zyklen im Religionsvergleich
01.12.1999: Prof. Dr. Karl Möseneder, Erlangen
Weltgeschichte als Weltgericht.
Friedrich Kaulbachs "Zerstörung Jerusalems"
08.12.1999: KR Bernhard Wolf, Nürnberg
Das Jahr 2000 und die Magie der runden Zahl.
Zur Orientierungsabsicht esoterischer Zahlenspekulationen
15.12.1999: Prof. Dr. Walter Sparn, Erlangen
"Weltgeschichte und Heilsgeschehen".
Wege und Irrwege globaler Geschichtsdeutungen
12.01.2000: Prof. Dr. Christian Thiel, Erlangen
Zukunftsvisionen zwischen Astrologie, Technokratie und Science Fiction
19.01.2000: Prof. Dr. Jürgen Lehmann, Erlangen
Jahrhundertwende und Kulturkrise.
Literarische Schwelleninszenierungen
26.01.2000: Prof. Dr. Berndt Hamm, Erlangen
Die Stellung der Reformation im zweiten christlichen Jahrtausend
02.02.2000: Prof. Dr. Jürgen Gebhardt, Erlangen
Novus Ordo Seclorum". Der globale Anspruch der amerikanischen Mission zum Anbruch des 21. Jahrhunderts
09.02.2000: Prof. Dr. Wilhelm Schmidt-Biggemann, Berlin
Wie der Himmel zur Erde wurde, oder:
Der Preis des neuzeitlichen Optimismus
16.02.2000: Prof. Dr. Michael Stürmer, Erlangen
Globalisierung und Nationalkulturen am Anfang des dritten Jahrtausends.
Wo werden wir zuhause sein?
* Weitere Informationen:
Prof. Dr. Walter Sparn, Institut für Systematische Theologie
Kochstraße 6, 91054 Erlangen
Tel. 09131/85 -22215, Fax 09131/85- 26392
E-mail:wrsparn@theologie.uni-erlangen.de
Criteria of this press release:
Philosophy / ethics, Religion, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications
German
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