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10/27/1999 10:27

Humboldt-Preise 1999 verliehen

Heike Zappe Kommunikation, Marketing und Veranstaltungsmanagement
Humboldt-Universität zu Berlin

    In diesem Jahr wurde an sechs junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Alma mater berolinensis der Humboldt-Preis 1999 vergeben. Mit dem Preis werden eine herausragende Magisterarbeit und fünf Dissertationen gelobt. Die finanzielle Zuwendung ist in diesem Jahr mit je 4.000 DM festgelegt.
    Unter den 23 eingereichten Arbeiten, darunter 15 Dissertationen und acht Magisterarbeiten, wurden in diesem Jahr die sechs folgenden ausgewählt:

    · "Identifikation phagozytierender Gliazellen während anterograder Degeneration im Gyrus dentatus nach entorhinaler Läsion. Korrelation funktioneller mit morphologischen Veränderungen. Eine Licht-, Konfokal- und elektronenmikroskopische Studie"
    Dissertation von Dr. med. INGO BECHMANN

    Auf dem Gebiet der Neurowissenschaften hat Ingo Jürgen Bechmann hat an der Medizinischen Fakultät Charité eine herausragende Promotionsarbeit ausgearbeitet. Diese Arbeit widmet sich dem Problem, neue Therapieansätze für eine wirklich effektive Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen, wie sie z.B. in Form der Alzheimer-Demenz, jedoch auch in anderen Erscheinungsformen oder einfach mit zunehmender Lebenserwartung beobachtet werden, zu entwickeln.
    In originellen Versuchsansätzen und mit sehr aufwendigen modernen experimentellen Verfahren konnte Ingo Bechman zeigen, in welchem Umfang und in welcher Art bestimmte gliale Zelltypen wie mikrogliale Subpopulationen und auch Astrozyten an derartigen Degenerations- und Regenerationsprozessen beteiligt sind. Dazu musste ein schwieriges methodisches Problem - und zwar die zum Degenerationsgeschehen oder zum Läsionsort chemotaktisch migrierenden Gliazellen in vivo eindeutig zu markieren - gelöst werden. Dies ist dem jungen Mediziner in eindrucksvoller Weise gelungen, so dass mit den verwendeten morphologischen Techniken funktionelle Zusammenhänge erforscht werden konnten.
    Die Qualität der Arbeiten von Dr. Ingo Bechmann lässt sich nicht zuletzt auch daran messen, dass die Ergebnisse seiner Forschung in zum Teil herausragenden, international referierten Fachzeitschriften erfolgreich publiziert werden konnten.

    · "Poesie der Baukunst. Architekturbeschreibung von Johann Joachim Winckelmann bis Sulpiz Boisserée"
    Dissertation von JENS BISKY
    An der verlässlichen Beantwortung der behandelten Fragestelltung ist der Kunstwissenschaft ebenso gelegen wie der Germanistik und der Architekturgeschichte. Jens Biskys Arbeit ist über den eigentlichen Untersuchungsgegenstand hinaus die umfassendste Darstellung des architekturtheoretischen Denkens in Deutschland zwischen 1760 und 1840, die bisher vorliegt. Es ist ein Standartwerk zur Architekturästhetik des deutschen Klassizismus und der Romatik, das sich durch die Weite des kunst- und literaturgeschichtlichen Blicks, die Sicherheit der Materialbeherrschung und die Klarheit einer Darstellung auszeichnet.
    Die Arbeit ist in einer klaren, ungewöhnlich stimmigen und schnörkellosen Sprache verfasst, die selbst komplizierteste Sachverhalte verständlich vermittelt. Ab und an blitzt eine Lust auf, die "Dinge zum Tanzen zu bringen", d.h. mit Ironie und gleichsam leichter Hand zu schreiben.
    Die Arbeit liegt mit jedem ihrer Teile über dem Durchschnitt und wird für den Gegenstand bald als einschlägige Bezugsliteratur zu gelten haben.

    · "Die Settlementbewegung in London, Chicago und Berlin. Ein Vergleich"
    Magisterarbeit von VICTORIA HEGNER

    Die durch einen exzellenten erzählerischen Duktus bestechende Magisterarbeit von Victoria Hegner, vorgelegt am Institut für Europäische Ethnologie, beschäftigt sich mit der sozialen Settlementbewegung, die in London zu Beginn der 1880er Jahre begründet wurde. Die Bildungs- und Erziehungsarbeit, von der sich die Settler eine Zivilisierung der Unterschichten im Londoner East End erhofften, stieß in Ländern, in denen sich die soziale und kulturelle Zerrissenheit der urbanen Klassengesellschaft im Stadtbild in mehreren sozial abgeteilten Territorien ebenso widerspiegelte, auf Nachahmer - und die Bewegung konnte in über 14 Staaten, darunter auch Deutschland und den USA, Fuß fassen.
    Die kulturgeschichtlich-ethnologische Arbeit rekonstruiert dabei nicht nur die institutionellen und politischen Formen, die sich diese Bewegung gab, sondern sie beschreibt plastisch ihr "Innenleben", untersucht Denkweisen und die soziale und kulturelle Praxis der Settlements in London, Chicago und Berlin. Victoria Hegner betritt wissenschaftliches Neuland mit ihrer vergleichenden Perspektive, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Settlements aufzeigt und auf diese Weise mögliche nationale Unterschiede herausarbeitet sowie die spezifischen Strategien der Institutionen in ihrem Kontext darstellt.
    Die Bibliographie der Arbeit ist umfangreich und wird Fundus für zukünftige Erörterungen zu diesem Thema sein. Vor allem aber ist hervorzuheben, dass die Arbeit ein eigenständiger wissenschaftlicher Beitrag zum Thema Integrationskraft der städtischen Gesellschaft ist und durch den vergleichenden Ansatz weit über nationale Geschichtshorizonte hinausblickt.

    · "Gefahrenabwehr. Eine dogmatische Rekonstruktion"
    Dissertation von Dr. iur. RALF POSCHER

    Ralf Poscher hat in seiner Dissertation ein an sich altbekanntes Thema des Polizeirechts aufgegriffen, dessen Strukturen aber bis heute einer endgültigen Klärung harren. Nicht nur in der Theorie, sondern vor allem in der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob der Gefahrbegriff subjektiv zu fassen ist, ob es also auf die Überzeugung des handelnden Beamten vom Vorliegen einer Gefahr ankommt, oder ob die objektive Sachlage den richtigen Maßstab liefert. In neuerer Zeit wird zunehmend die subjektive Sichtweise bevorzugt.
    Ralf Poscher wendet sich in seiner Untersuchung gegen diese Tendenz. Den Ausgangspunkt seiner Überlegungen bildet die Feststellung, dass die Grundlagen der Rechtsstaatlichkeit in Gefahr gerieten, wenn in einem zentralen Sektor des öffentlichen Lebens der Bürger die Beurteilung einer Sachlage durch die Behörden als für ihn bindend hinzunehmen hätte, ohne sich dagegen zur Wehr setzen zu können. Selbstverständlich bedurfte es dann einer Auseinandersetzung mit der Frage, wie die Fälle von Anscheinsgefahr und Gefahrverdacht zu behandeln sind. Bei Anscheinsgefahr sprechen alle äußeren Anzeichen für das Vorliegen einer Gefahr, während sie in Wirklichkeit nicht gegeben ist, während in den Fällen des Gefahrverdachts einstweilen nicht geklärt werden kann, ob bestimmte Tatsachen gegeben sind, die eine Gefahr begründen würden. Der Jurist weicht keinem der sich bei der Zugrundelegung seiner Ansicht ergebenden Folgeprobleme aus. Insbesondere plädiert er dafür, die Beweisanforderungen in einer vernünftigen Weise so abzusenken, dass sie der konkreten Entscheidungssituation gerecht werden und auch tatsächlich erfüllt werden können.
    Insgesamt ist ein schlüssiges Gedankengefüge entstanden, welches die Fäden der polizeirechtlichen Dogmatik von den Anfängen her aufnimmt.

    · "Imperfect Information and Heterogeneity in the Bond Market "
    Dissertation von Dr. rer. pol. FRANK RIEDEL

    Die Arbeit entstand am Graduiertenkolleg "Angewandte Mikroökonomie" an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät unter der Betreuung von Prof. Hans Föllmer (Institut für Mathematik). Sie ist thematisch zwischen Wirtschaftswissenschaften und Mathematik angesiedelt und repräsentiert erfolgreiche fachübergreifende Forschung.
    Frank Riedel hat in seiner Dissertationsschrift untersucht, inwieweit unvollkommene Information und Heterogenität der Investoren die Dynamik der Zinsstruktur beeinflussen. Dazu wird zunächst ein Finanzmarktgleichgewicht für den Fall nachgewiesen, dass den Agenten einige Modellparameter unbekannt sind und diese daher geschätzt werden müssen. Darauf aufbauend werden Verallgemeinerungen untersucht, in denen die Agenten unterschiedliche zeitliche Präferenzen, unterschiedliche Erwartungen bzw. unvollkommene Informationen haben.
    Die Arbeit zeichnet sich aus durch die Verbindung von ökonomischer Kompetenz mit der souveränen Handhabung anspruchsvoller mathematischer Methoden.

    · "Phase transitions in the evolution of partially ordered sets"
    Dissertation von Dr. rer. nat. ANUSCHIRAWAN RALF TARAZ

    Die Dissertation von Anuschirawan Ralf Taraz wird als Meilenstein in der Evolutionstheorie von Graphen und Ordnungen angesehen: Ihm ist die Lösung eines Problems gelungen, das etwa 20 Jahre lang trotz ernsthafter Bemühungen von Mathematikern und Informatikern offen geblieben war.
    Es geht dabei um den Evolutionsprozess teilweise geordneter Mengen. Der Physiker Deepak Dhar hatte 1978 auf die besondere Bedeutung einer Speziellen Funktion c(d) (normierte An-zahl teilweise geordneter Mengen auf n Knoten mit d·n2 Relationen) als Entropy hingewiesen und erste Eigenschaften dieser Funktion aufgezeigt. Seitdem wurde nach einer umfassenden Beschreibung dieser Funktion gesucht, mit der tiefe strukturelle Einsichten in die Natur zufälliger teilweiser Ordnungen verbunden sind. Diese vollständige Beschreibung ist durch Herrn Taraz nun gegeben worden.
    Die Arbeit entstand am Institut für Informatik unter der Betreuung von Prof. Hans Jürgen Prömel.

    Über den "Humboldt-Preis":

    Über die Zuerkennung des seit 1997 jährlich zu vergebenden Preises befindet eine Jury, der je ein/e Student/in, ein/e wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in und vier Professoren/innen angehören. Den Vorsitz der Jury hat der Präsident. Vorschlagsberechtigt sind die Dekane und Dekaninnen, die Institutsdirektor/innen bzw. die Leiter/innen der entsprechenden Struktureinheiten. Eigenbewerbungen sind nicht möglich. Neben der eigentlichen Arbeit müssen zwei Gutachten (je extern und intern) und die Darstellung des wissenschaftlichen Werdegangs des/der Vorgeschlagenen eingereicht werden.

    Der Humboldt-Preis unterliegt seit der Wende neuen Richtlinien, und so wurde er 1997 erstmals seit dieser Zeit vergeben. Die Arbeiten müssen innerhalb des letzten Jahres abgeschlossen worden sein.

    Wir stellen für Sie gern Kontakt zu den diesjährigen Preisträgern her: Tel. (030) 2093 2946

    Hrsg.: HU-Pressestelle, Anke Assig / Heike Zappe


    More information:

    http://www.hu-berlin.de/pressemit/pressehub.html


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    Criteria of this press release:
    interdisciplinary
    transregional, national
    Personnel announcements, Research results
    German


     

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